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Chronik 100 Jahre Willy Brandt

Willy Brandt, der erste SPD-Bundeskanzler, kämpfte für eine neue Ostpolitik und scheiterte an der Guillaume-Affäre. Am 18. Dezember wäre er 100 Jahre geworden. Am Mittwoch erinnert ein Festakt in Lübeck an ihn. Eine Chronologie.

Stand: 10.12.2013

  • März 1933
    Porträt von Willy Brandt am 19.08.1949 | Bild: picture-alliance/dpa

    Porträt von Willy Brandt aus dem Jahr 1948

    März 1933

    Flucht vor den Nazis

    Willy Brandt ist sein Deckname. Eigentlich heißt die Ikone der deutschen Soziakdemokratie, die aus einer Lübecker Arbeiterfamilie stammt, Herbert Frahm. Er flieht nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im März 1933 nach Norwegen. Von nun an nennt er sich Willy Brandt. In Norwegen arbeitet er als Journalist und sammelt Gelder zur Unterstützung des Widerstands gegen die Nazis in Deutschland.

  • Mai 1949
    Der junge Willy Brandt hält im Mai 1949 auf dem Berliner Parteitag der SPD eine Rede | Bild: picture-alliance/dpa

    Der junge Willy Brandt hält im Mai 1949 auf dem Berliner Parteitag der SPD eine Rede

    Mai 1949

    Rückkehr nach Deutschland

    Nach Kriegsende 1945 kehrt Brandt nach Deutschland zurück. Als Korrespondent linker skandinavischer Zeitungen berichtet er über die Nürnberger Prozesse. Die Nazis hatten ihm 1938 die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. 1947 lässt er sich unter dem Namen Willy Brandt wieder einbürgern. Schon bald ist er bei der SPD aktiv. Seine politische Karriere beginnt als Abgeordneter im ersten Deutschen Bundestag 1949.

  • Oktober 1957
    Am 01.05.1960 hält der Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, vor 750000 Berliner Bürgern am zerstörten Reichstagsgebäude eine Rede unter dem Motto "Freiheit für alle" | Bild: picture-alliance/dpa

    Im Mai 1960 hält Brandt vor 750.000 Berlinern eine flammende Rede

    Oktober 1957

    Regierender Bürgermeister von Berlin

    Eine lange politische Laufbahn beginnt. Von 1957 bis 1966 ist Willy Brandt Regierender Bürgermeister von Berlin. In diese Zeit fällt der Mauerbau und das Ultimatum des sowjetischen Staatschefs Nikita Chruschtschow, wonach die westlichen Alliierten sich aus Berlin zurückziehen sollen. Brandt wirbt auf einer Weltreise als Sonderbotschafter für ein freies Berlin. Fortan steht er im In- und Ausland für den Freiheitswillen West-Berlins.

  • Juli 1961
    Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt (r, SPD), und Bundesminister Franz Josef Strauß (l, CSU) am 11.07.1961. Im Hintergrund der SPD-Politiker Egon Bahr.  | Bild: picture-alliance/dpa

    Willy Brandt und Franz Josef Strauß im Juli 1961 bei einer Veranstaltung im Schloss Tutzing

    Juli 1961

    Diffamierungen und Vorwürfe

    Bei der Bundestagswahl 1961 tritt Brandt erstmals als Kanzlerkandidat der SPD gegen Konrad Adenauer an. Der Wahlkampf wird schmutzig. Adenauer spricht von "Brandt alias Frahm", womit er auf seine nichteheliche Geburt anspielt. Auch andere politische Gegner wie Franz Josef Strauß greifen Brandt wegen seiner Jahre im Exil in Norwegen immer wieder persönlich als Vaterlandsverräter an.

  • Juni 1963
    Der Regierende Bürgermeister von Berlin Willy Brandt (l) mit US Präsident John F. Kennedy am 26.06.1963 in Berlin | Bild: picture-alliance/dpa

    Willy Brandt mit US-Präsident John F. Kennedy am 26. Juni 1963 in Berlin

    Juni 1963

    Aufbruch und Dynamik

    US-Präsident John F. Kennedy besucht im Juni 1963 die geteilte Stadt, in der Brandt den Westen regiert. Kennedy hält vor dem Schöneberger Rathaus seine Rede mit den berühmten Worten "Ich bin ein Berliner".

  • Juni 1965
    Willy Brandt mit seiner Frau Rut und den Söhnen Lars (14), Peter (16) und Matthias (4), aufgenommen 1965.  | Bild: picture-alliance/dpa

    Willy Brandt mit seiner Frau und seinen drei Söhnen

    Juni 1965

    Vater und Frauenheld

    Ein Familienmensch ist Brandt nicht - auch wenn er sich auf Fotos gerne so darstellen lässt. Mit seiner zweiten Frau Rut hat er drei Söhne, außerdem noch eine Tochter aus erster Ehe. Rut und Willy Brandt lassen sich 1980 scheiden, nach 32 Jahren Ehe. Später heiratet er die Publizistin Brigitte Seebacher, mit der er bis zu seinem Tod zusammenbleibt. Brandt werden unzählige Affären nachgesagt

  • September 1969
    Der Vorsitzende der SPD, Bundesaußenminister und Vizekanzler Willy Brandt, bei einer Stellungnahme vor Journalisten am späten Abend in Bonn am Wahltag, dem 28.09.1969 | Bild: picture-alliance/dpa

    Brandt am Wahlabend am 28. September 1969 in Bonn

    September 1969

    Erster sozialdemokratischer Bundeskanzler

    Brandt hat sein Ziel erreicht: Nach der Bundestagswahl 1969 wird er zum ersten sozialdemokratischen Kanzler der Bundesrepublik gewählt. Er löst damit Kurt Georg Kiesinger ab. An dessen Seite war Brandt zuvor drei Jahre lang in einer Großen Koaliton Außenminister und Vizekanzler. 1969 entscheidet Brandt sich gegen die Große Koalition und bildet ein Bündnis mit der FDP.

  • September 1969
    Der SPD Vorsitzende Willy Brandt (r) und der Schriftsteller Günter Grass (l) bei einer Wahlveranstaltung in Hamburg am 04.09.1976.  | Bild: picture-alliance/dpa

    Willy Brandt und Günther Grass bei einer SPD-Wahlveranstaltung 1975

    September 1969

    Prominente Wahlkampfhilfe

    Der Schriftsteller Günter Grass unterstützt die SPD und Willy Brandt immer wieder im Wahlkampf. Er ist es auch, der ihm den berühmten Satz "Mehr Demokratie wagen" in das Manuskript für seine erste Regierungserklärung im Oktober 1969 schreibt.

  • Oktober 1969
    Walter Scheel und Willy Brandt | Bild: picture-alliance/dpa

    Willy Brandt mit Außenminister Walter Scheel (FDP)

    Oktober 1969

    Neue Ostpolitik

    Brandts Regierung setzt völlig neue Maßstäbe in der Ostpolitik: Mehr Entspannung und Annäherung an die Sowjetunion, weniger Kalter Krieg. Einige Wissenschaftler sehen darin heute den ersten Schritt hin zum Zusammenbruch des Ostblocks und zur Wiedervereinigung Deutschlands. Für seine Ostpolitik erhält Brandt 1971 den Friedensnobelpreis.

  • Dezember 1970
    Bundeskanzler Willy Brandt kniet am 7. Dezember 1970 vor dem Mahnmal im einstigen jüdischen Ghetto in Warschau | Bild: picture-alliance/dpa

    Willy Brandts Demutgeste in Warschau überraschte alle

    Dezember 1970

    Kniefall von Warschau

    Sein Kniefall vor dem Mahnmal für die ermordeten Juden des Warschauer Ghettos schreibt Geschichte. Dieses Foto geht um die ganze Welt und wird als Bitte um Vergebung für die deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg verstanden.

  • Januar 1972
    Bundeskanzler Willy Brandt erholt sich mit einer Coca-Cola am Strand von Florida im Januar 1972 | Bild: picture-alliance/dpa

    Der Bundeskanzler erholt sich in den USA

    Januar 1972

    Urlaub

    Willy Brandt am Strand von Florida im Januar 1972.

  • September 1972
    Rainer Barzel (CDU, l) gratuliert Bundeskanzler Willy Brandt (SPD), nachdem das Mißtrauensvotum gegen Brandt im Bundestag in Bonn gescheitert ist  | Bild: picture-alliance/dpa

    Rainer Barzel gatuliert Willy Brandt nach dem das Misstrauensvotum

    September 1972

    Misstrauensvotum und Vertrauensfrage

    Der Kanzler übersteht im April 1972 das konstruktive Misstrauensvotum, das die Union gegen ihn angestrengt hatte. Der Fraktionsvorsitzende Rainer Barzel will Brandt ablösen, scheitert aber. Allerdings verfügen SPD und FDP über keine handlungsfähige Mehrheit mehr. Brandt stellt mit dem Ziel Neuwahlen die Vertrauensfrage, die er erwartungsgemäß verliert.

  • Dezember 1972
    Willy Brandt (SPD) legt nach seiner Wiederwahl 1972 im Deutschen Bundestag in Bonn den Amtseid ab.  | Bild: picture-alliance/dpa

    Brandt legt nach der Wiederwahl den Amtseid ab

    Dezember 1972

    Wiederwahl

    Bei den Neuwahlen im November 1972 gewinnt die Regierung Brandt. Die SPD wird erstmals stärkste Fraktion im Bundestag - mit 45,8 Prozent der Stimmen. Ein Ergebnis, von dem die Sozialdemokraten heute nur träumen können und das Brandt damals als Zeichen der Zustimmung für seine Entspannungspolitik wertet.

  • März 1973
    Bundeskanzler Willy Brandt (M) gemeinsam mit den Schauspielerinnen Mascha Rabben (l) und Gabi Larifari (r) am 21.03.1973 auf dem bayerischen Starkbierfest in Remagen | Bild: picture-alliance/dpa

    Willy Brandt mit den Schauspielerinnen Mascha Rabben und Gabi Larifari

    März 1973

    Frauen und Alkohol

    Brandt werden viele Affären und Alkoholprobleme nachgesagt. Themen, die den Bundeskanzler angreifbar machen.

  • April 1974
    Referent Günter Guillaume begleitet Bundeskanzler Willy Brandt  | Bild: picture-alliance/dpa

    Günter Guillaume begleitet Willy Brandt

    April 1974

    Guillaume-Affäre

    Die Wiederwahl Brandts gilt einerseits als Höhepunkt seiner politischen Karriere, andererseits als Scheitelpunkt. Zum Verhängnis wird ihm einer seiner engsten Mitarbeiter, sein persönlicher Referent Günter Guillaume. Bereits im Mai 1973 erhielt Brandt den Hinweis, dass Guillaume unter Spionageverdacht steht. Der Kanzler unterschätzt die Angelegenheit und entlässt ihn nicht. Ein knappes Jahr später wird Guillaume als DDR-Spion enttarnt und verhaftet.

  • Mai 1974
    Bundeskanzler Willy Brandt zurückgetreten  | Bild: picture-alliance/dpa

    Willy Brandt am Ende seiner knapp fünfjährigen Kanzlerschaft

    Mai 1974

    Rücktritt

    Dann geht alles ganz schnell: Brandt erhält am 1. Mai 1974 ein Dossier über Guillaume, in dem auch Details zu seinem eigenen Privatleben zusammengestellt sind, auch zu Brandts Alkoholkonsum und sexuellen Affären. Guillaume soll sogar derjenige gewesen sein, der dem Kanzler „Frauen zugeführt“ hat. Brandt tritt in der Nacht vom 6. auf den 7. Mai zurück. In einem Schreiben erklärt er, er übernehme die Verantwortung für die Affäre; zudem dürfe der Kanzler nicht erpressbar sein.

  • Oktober 1992
    Willy Brandt, Altbundeskanzler, am 14.06.1987 beim SPD-Sonderparteitag in Bonn, wird zum SPD-Ehrenvorsitzenden auf Lebenszeit gewählt | Bild: picture-alliance/dpa

    Der Altbundeskanzler beim SPD-Sonderparteitag in Bonn 1987

    Oktober 1992

    Visionär der SPD

    Auch nach seinem Rücktritt bleibt Brandt politisch aktiv: Bis 1987 ist er Vorsitzender der SPD, bis kurz vor seinem Tod Präsident der Sozialistischen Internationale. Als die Mauer 1989 fällt, prägt Brandt den Satz "Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört." Im Oktober 1991 wird bei ihm ein Tumor im Darm entdeckt. Ein Jahr später stirbt Brandt, am 8. Oktober 1992 im Alter von 78 Jahren in seinem rheinland-pfälzischen Wohnort Unkel.


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