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Debatte über Akustik Wie soll der neue Konzertsaal klingen?

Eines steht nach jahrelangen Streitereien fest: München bekommt einen neuen Konzertsaal. Allen Beteiligten ist klar, dass der neue Bau eine sehr gute Akustik braucht. Noch bevor der Architektenwettbewerb gestartet ist, wird daher über den "richtigen" Ton bereits heftig debattiert.

Von: Mira Barthelmann

Stand: 02.12.2016

Akustiker Karlheinz Müller im schalltoten Raum | Bild: BR/Mira Barthelmann

Karlheinz Müller hat die ganze Welt bereist, um Opernhäuser und Konzertsaal-Bauherren in Akustikfragen zu beraten. Denn: Nicht jeder kühne Architekten-Entwurf hört sich gut an. In den verschiedenen Studios des Ingenieur-Büros BBM in Planegg wird das besonders deutlich. Der Hall-Raum: Weiß gestrichene Beton-Wände, Trapeze aus gebogenem Blech, die kreuz und quer im Raum hängen – sie bilden den Reflektorenhimmel. Sobald Musik zu Testzwecken ertönt, hört es sich an, als sei man in einer Kirche. Die Töne überschlagen sich, die Nachhallzeit beträgt ganze sechs Sekunden.

"Hier gibt es keinen schönen Direktschall. Keine Klarheit. Dieser Raum wäre allenfalls für Kirchenmusik geeignet. Die ist dann aber auch entsprechend komponiert."

Karlheinz Müller, Akustiker

Einen gegenteiligen, fast bedrückenden Eindruck gewinnt man im schalltoten Raum. Der Kubus schwimmt, die Zugangstür ist über einen halben Meter dick. Innen sind sämtlich Wände und die Decke mit Schaumstoff ausgeschlagen. Der Test-Dummy sitzt zentral zwischen acht Lautsprechern. Was er zu hören bekommt, klingt nicht sehr spektakulär. Denn die Nachhallzeit ist hier auf null gefahren - ein Klang-Eindruck wie man es eigentlich nur von Berggipfeln kennt. Jeder Ton geht dort ungehindert und ohne Reflexionen hinaus ins Weltall.

"Die Musiker sagen zu so einer Akustik: Das hört sich an als ob wir in einen Sack spielen. Kraftlos und ohne jede Dynamik. Der ideale Konzertsaal hat eine Nachhallzeit von 1,6 bis zwei Sekunden."

Karlheinz Müller, Akustiker

Die Eckdaten für einen theoretisch, guten Klang sind also festgelegt. Doch wie gehen Architekten mit dieser Herausforderung in der Praxis um? Peter Zumthor ist ein Star seiner Zunft. Der Schweizer legt sehr viel Wert auf die verwendeten Materialien. Beim Entwurf folgt er dem bekannten Grundsatz: "Form follows function".

"Es gehört zu meinem Beruf, dass die Räume, die ich entwerfe, gut klingen. Das macht den Charakter eines Raumes aus. Bei meiner Großmutter in der Stube war der Klang zum Beispiel besonders schön. Häufig ist der Klang sogar wichtiger als die Form."

Peter Zumthor, Architekt

Zumthor dürfte mit dieser Herangehensweise eher die Ausnahme sein. Wenn es nach der Komponistin Isabel Mundry geht, dann würde sie den Architekten neben bestmöglichen, akustischen Voraussetzungen noch eine andere Prämisse in Sachen Funktionalität ins Aufgabenbuch schreiben. Für ihre moderne Musik wünscht sie sich einen möglichst flexiblen Raum.

"Es gibt Konzertsäle, wo die Stühle in den Boden einbetoniert sind. Das ist sehr schade. Ich stelle mir einen Raum vor, in dem es möglich ist, dass die Zuhörer auch um das Orchester herum platziert werden können – einen Möglichkeitsraum."

Isabel Mundry, Komponistin

Architekten, Komponisten und Akustiker. Sie werden in den nächsten Wochen und Monaten noch viel zu diskutieren haben. Denn den "richtigen" Klang gibt es absolut betrachtet nicht. Das liegt immer im Ohr der Musiker und Konzertbesucher.

Wie soll es klingen?

Am Donnerstagabend haben der Architekt Peter Zumthor, die Komponistin Isabel Mundry und der Akustiker Karlheinz Müller über den richtigen Klang angeregt diskutiert. Am 18.2.2017 wird die Runde in der "Denkzeit" auf ARD alpha ausgestrahlt. Der Veranstaltung ist eine Kooperation zwischen der Versicherungskammer Kulturstiftung und BR Klassik.


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Kommentieren

Mayer, Josef, Samstag, 03.Dezember 2016, 06:38 Uhr

3. Neuer Konzertsaal

Für Blasmusik ist es wichtig, dass er laut und mächtig klingt. Das mögen die Bayern.

thorie, Freitag, 02.Dezember 2016, 18:49 Uhr

2. toll!!!

"wie soll der neue konzertsaal klingen "

andere frage: " für wen wird er gebaut?"

für die, die sichs leisten könnten, es aber steuerfinanziert hingestellt bekommen?

" nach wieviel euro soll das ding klingen?!"

  • Antwort von Konzertliebhaber, Freitag, 02.Dezember, 20:15 Uhr

    Vielleicht einfach mal googeln, bevor sie sich mit so einem
    Kommentar ins abseits stellen.

    Auch wenn sie sich das nicht vorstellen können,
    es gibt viele Menschen die einen Konzertsaal besuchen.

    Man kann auch günstige Karten für Stehplätze bekommen.

  • Antwort von Wilfried Schneider, Freitag, 02.Dezember, 20:46 Uhr

    Der Saal wird für die gebaut, die neben Fußball und Saufen und Randale in Eisenbahnzügen auch noch andere Interessen und Bedürfnisse haben! Auch Leute mit ein bisserl mehr Hirn im Kopf als "thorie" zahlen Steuern, und das nicht zu knapp. Außerdem: wer will, kann sich Konzertbesuche durchaus leisten, ohne überlastet zu werden. Es gibt genügend Ermäßigungen für finanziell nicht so potente Mitbürger. Und: wie viel Euro Steuern zahlt "thorie"? Oder lebt er vielleicht von den Steuern derer, die auch etwas Kultur zum Leben brauchen? Mal nachdenken, falls dazu fähig!

    Wilfried Schneider

  • Antwort von thorie, Freitag, 02.Dezember, 21:03 Uhr

    das beantwortet meine frage nicht !

  • Antwort von Philharmoniker, Freitag, 02.Dezember, 21:25 Uhr

    Die günstigste Karte beim Silvesterkonzert der Münchner Philharmoniker kostet 17,80€, Beethovens Neunte. Rund eine Stunde, also ein Minutenpreis von rund 3€. Geradezu lächerlich, wenn man bedenkt, was sich viele den Feuerwerksspaß wenig später kosten lassen.

  • Antwort von Wilfried Schneider, Freitag, 02.Dezember, 21:44 Uhr

    "thorie": Sind Sie so dumm oder verstellen Sie sich nur als Trottel? Was wollen Sie hören? Ein Konzertsaal klingt nicht nach Euro, sondern soll den Klang des Orchesters möglichst naturgetreu, d. h. ohne unerwünschte Echos (Spezialität der Münchner Philharmonie), Verzerrungen oder akustische Löcher wiedergeben. All das kostet natürlich Geld, das aber sicherlich besser angelegt ist, als die Millionen, die Polizeieinsätze gegen Hooligans oder Reparaturen von Sachbeschädigungen in Zügen oder in Verwüstungen Städten nach "Fußballfesten" kosten. Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie ernst nehme, aber gebaut wird ein Konzertsaal für alle, die an Musik interessiert sind und für die ein gewisser kultureller Anspruch lebensnotwendig ist. Wie gesagt: Fußball, Saufen und Randale ist nicht der Lebensinhalt aller Staatsbürger.

  • Antwort von Konzertliebhaber, Freitag, 02.Dezember, 22:32 Uhr

    @ Wilfried Schneider
    Einfach mal die Kommentare von thorie anschauen,
    das reicht !

  • Antwort von Johannes, Freitag, 02.Dezember, 22:59 Uhr

    Ich gönne ihnen ihren Konzertsaal.
    Ich finde es allerdings nicht vertretbar, dass so ein großer finanzieller Aufwand betrieben wird, um noch minimale Verbesserungen aus dem Klang rauszuholen.
    98% der Konzertbesucher würden den Unterschied zwischen einem "guten" und einem "weltklasse" Konzertsaal sicher nicht merken.
    Erfahrungsgemäß liegt zwischen "gut" und "weltklasse" mal gerne der vierfache Preis, oder noch mehr.

    Ich finde es absolut verwerflich, wie man hier Milliarden in ein Leuchtturmprojekt reinbuttert, damit sich ein paar Liebhaber etwas darauf einbilden können, dass München jetzt mit Tokio, Sydney oder woauchimmer konkurrieren kann.
    Währenddessen kämpfen "auf dem Land" diverse (kulturelle) Einrichtungen um das blanke Überleben, die vergleichsweise mikroskopisch kleinen Summen dafür hat man seltsamerweise nicht übrig.

  • Antwort von Josef Schöllhofer, Samstag, 03.Dezember, 06:43 Uhr

    Den Klang wie in einem Bierzelt oder großen Wirtshaus finde ich toll. Das muss doch heutzutage möglich sein. Bin gespannt.

Klaus Fessmann, Freitag, 02.Dezember 2016, 18:23 Uhr

1. Klangraum Konzertsaal

Ich bin Komponist und lehre dieses Fach am Mozarteum in Salzburg. Meine Theorie und Praxis des architektonischen Denkens von Klang besteht darin, dass ich denselben aus der Musik selbst ableite und entwickle. Die Analyse und Hermeneutik der Musik gibt den Hinweis auf den Klang,die Struktur entwickelt die Form, die Farbe und die Harmonik des gesamten Körpers. Dabei ist es nicht notwendig diverse Kompositionen ineinander zu bauen sondern ein einziges Werk herauszunehmen und in Musik zu transformieren. Die Methode ist gespeist aus dem mittelalterlichen Denken über die gesamten Zusammenhänge der Künste und aus den chinesischen Korrespondenzsystemen und natürlich aus dem Wissen, Können und zeichnerisch darlegen der Musik in ihrer Mehrdimensionalität. Ich habe diese Methode entwickelt und sehr erfolgreich in Heidelberg im Projekt Quartier am Turm gebaut. Dort kann man dieses Konzept sehen und erfahren. Näheres über meine Adresse: post@klaus-fessmann.de
Klaus Feßmann, Komponist, Pianist