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Grenzkontrollen Was heißt eigentlich Grenzen schließen?

In den letzten Tagen und Wochen ist viel zu lesen von Forderungen „Grenzen dicht zu machen“, oder „Grenzen besser zu kontrollieren“. Aber was heißt das eigentlich?

Von: Max Muth

Stand: 21.01.2016 | Archiv

Grenzkontrollen | Bild: picture-alliance/dpa

Vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Merkel bei der Klausur der CSU-Landtagsfraktion in Kreuth erreichten die Forderungen zahlreicher CSU-Politiker ihren vorläufigen Höhepunkt. Bayerns Finanzminister Söder forderte im Deutschlandfunk einen besseren Schutz der Grenzen:

"Auf jeden Fall sie so zu kontrollieren, dass klar ist, dass wir einen echten Grenzschutz haben und wissen, wer ins Land kommt."

Bayerns Finanzminister Söder im Deutschlandfunk

Außerdem will Söder Menschen ohne Bleibeperspektive an der Grenze abweisen. Bundesverkehrsminister Dobrindt ging in einem interview mit dem Münchner Merkur noch weiter. Er wollte, dass sich Deutschland darauf vorbereitet, "die Grenzen zu schließen." Was genau das heißt, hat allerdings keiner der Politiker genauer ausgeführt. Ob Grenzkontrollen die unerlaubte Einreise von Migranten komplett verhindern können, ist nämlich alles andere als klar.

Grenzkontrollen, aktuell

Seit dem 13. September führt die Bundespolizei in Bayern stichprobenartige Kontrollen an fünf Grenzübergängen durch. Außerdem registriert sie jeden Tag über tausend Flüchtlinge in Bearbeitungsstraßen an den Grenzen. Das führt die Bundespolizei auch jetzt schon an ihre Belastungsgrenze. Laut dem stellvertretenden Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, haben sich in den vergangenen Monaten über zwei Millionen Überstunden bei den Beamten der Bundespolizei angesammelt. Das entspricht etwa 1.100 neuen Beamtenstellen. Außerdem werden andere Aufgaben, wie die Kontrollen in der Bahn, seitdem vernachlässigt.

Grenzkontrollen, bessere

Laut dem Polizeigewerkschafter Radek ist auch bei der aktuellen Kontrollpraxis von Migranten noch Luft nach oben. Dabei geht es aber weniger um den Umfang, als um die Qualität. So könnten etwa nur Menschen mit gültigen Reisedokumenten ins Land gelassen werden. Dafür wären die Bundespolizisten in Bayern aber auf die Mithilfe der österreichischen Kollegen angewiesen. Außerdem wäre es hilfreich, den Datenabgleich zwischen Landespolizei, Bundespolizei und den Ausländerbehörden zu verbessern, beziehungsweise überhaupt erst zu ermöglichen.

Grenzkontrollen, schärfere

Wirklich aufwändige Grenzkontrollen hat die Bundespolizei anlässlich des G7-Gipfels in Elmau durchgeführt. Zu den Maßnahmen gehörten stärkere Kontrollen der Einreisenden an mehr Grenzübergängen und eine stärkere Schleierfahndung der Landespolizei. Derartige Kontrollen würde die Polizei laut Radek aber höchstens drei Wochen personell stemmen können. Die bayerische Staatsregierung hat der Bundespolizei angeboten, sie bei den Kontrollen an den Grenzübergängen zu unterstützen. Das lehnt die Bundespolizei ab. Die Landespolizei müsste dafür auch andere Aufgaben, wie etwa die Schleierfahndung deutlich runterfahren. Eine umfassende Kontrolle der Grenze, die man mit einer "Schließung der Grenzen" gleichsetzen könnte, wäre das aber immer noch nicht.

Grenzkontrollen, vollständige = Grenzen schließen

Um eine sogenannte Vollkontrolle an der Grenze zu schaffen, müsste jeder, der einreisen will, kontrolliert und befragt werden. Das ist laut Polizeigewerkschafter Radek noch nie passiert, auch nicht zu Vor-Schengen-Zeiten, als noch Schlagbäume an jedem Grenzübergang in Deutschland standen. Damit eine solche Kontrolle wirklich jeden unerlaubten Grenzübertritt auch über die grüne Grenze unterbindet, müssten auch Hubschrauber mit Wärmebildkameras eingesetzt werden und Polizisten patrouillieren. Dazu bräuchte es tausende neue Bundespolizisten und jede Menge Infrastruktur an der Grenze. Zusätzlich müsste die Landespolizei intensive Schleierfahndungen durchführen.

Grenzen dicht machen

(siehe: Grenzkontrollen, vollständige)

"Die Grenzen wirklich dicht zu machen, wird nicht gelingen. Flüchtlingsströme sind wie Wasser. Wenn ein Weg geschlossen ist, dann sucht es sich eben einen anderen. Das ist ein reiner Placebo der Politiker."

Jörg Radek, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei

Was gemeint ist: Flüchtlinge abweisen

Die Grenzen in dieser Art zu schließen, möchte auch kein CSU-Politiker. Schon allein, um die Wirtschaft nicht zu gefährden. Aber auch Staus auf dem Weg in den Winterurlaub sind äußerst unpopulär. "Selbstverständlich muss der Wirtschaftsverkehr ja weiter rollen, Import und Export, selbstverständlich fahren aktuell die Ski-Touristen in beide Richtungen" sagt zum Beispiel Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. "Es geht darum, dass wir keine Flüchtlinge mehr unkontrolliert in unser Land lassen."


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