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Nach Trumps Wahlsieg EU auf dem Weg zur Verteidigungsunion?

Die Pläne zu einer EU-Verteidungsunion gibt es schon lange - und mit Donald Trumps Wahlsieg hat sich der Handlungsdruck erhöht. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach schon von einer "Europäischen Armee". So weit wollten die Außen- und Verteidungsminister der EU noch nicht gehen, aber sie trieben das Thema am Montag in Brüssel voran.

Von: Holger Romann

Stand: 14.11.2016

Vier Eurofighter der Luftwaffe am bewölkten Himmel (Symbolbild) | Bild: picture-alliance/dpa/Bernd Wüstneck

Das Bonmot, wonach Amerikaner vom Mars seien und Europäer von der Venus, trifft schon seit längerem nicht mehr zu. Seit dem Kosovokrieg, spätestens aber seit Afghanistan, sind Militäreinsätze mit europäischer Beteiligung nichts Besonderes mehr. Insgesamt 17 Operationen, darunter die Anti-Schlepper-Mission "Sophia" im Mittelmeer, laufen derzeit unter dem blau-gelben Sternenbanner der EU. Folgt man Chefdiplomatin Federica Mogherini, dann wird dieses Engagement in den nächsten Jahren ausgebaut.

"Es geht um die Umsetzung unserer 'Globalen Strategie' für Sicherheit und Verteidigung. Das wird ein sehr wichtiger Schritt. Bei allen EU-Mitgliedsstaaten sehe ich die Erwartung, hier voranzukommen. Und ich glaube, wir haben eine gute Basis für die weitere Diskussionrn und Entscheidungrn."

Federica Mogherini

Mehr Militär für "Soft Power" EU

Die Grundlage für die künftige gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik hatte Mogherini im Juni gelegt. Auf dem EU-Sommergipfel präsentierte die Italienerin den Staats- und Regierungschefs ihr mit Spannung erwartetes Strategiepapier. Der Plan: die "Soft Power" EU auch militärisch widerstandsfähiger zu machen gegen die vielen neuen Bedrohungen aus der Nachbarschaft - Stichworte Ukraine-Konflikt und IS-Terror.

Unter dem Eindruck des Brexit und der Wahl eines mutmaßlich NATO-kritischen US-Präsidenten treibt Brüssel das Mammutprojekt Verteidigungsunion nun um einiges energischer voran. In dem Bewusstsein, dass man sich womöglich immer weniger darauf verlassen kann, dass der Weltpolizist USA im Ernstfall schon die Kohlen aus dem Feuer holt. Aber auch in dem Wissen, dass die Ziele, die man sich steckt, realistisch bleiben müssen.

"Ich habe es schon öfter gesagt: Es geht nicht um eine EU-Armee. Es geht um eine europäische Verteidigung, die glaubwürdiger ist als bisher und effektiver. Wir haben hier schon einiges vorzuweisen, aber wir haben auch ein riesiges ungenutztes Potenzial. Und es ist notwendig, unser Sicherheitsprofil zu schärfen."

Federica Mogherini

Frankreich und Deutschland unterstützen Mogherini

Begegnung in Brüssel: Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihr französischer Kollege Jean-Yves Le Drian

Die wichtigsten Verbündeten Mogherinis auf diesem Feld heißen Deutschland und Frankreich. Beim Brexit-Gipfel von Bratislava, im September, hatten Verteidigungsminsterin Ursula von der Leyen und ihr französischer Kollege Jean-Yves Le Drian konkrete Vorschläge unterbreitet. Sie sehen unter anderem ein permanentes EU-Hauptquartier, um zivile und militärische Auslandseinsätze besser planen und steuern zu können. Und Paris und Berlin wollen noch mehr: ein gemeinsames Sanitätskommando, eine Art europäisches Logistikzentrum für Transportflüge, eine eigene Satellitenaufklärung und mehr Zusammenarbeit bei Rüstungsprojekten.

Langfrist-Utopie

Bei näherem Hinsehen freilich entpuppt sich die Vision von der "Supermacht" Europa als Langfrist-Utopie. So gibt es noch viele offene Fragen bei der Finanzierung. Und auch von der Leyen und Mogherini räumen ein, dass in Sachen Abschreckung - nicht zuletzt aus Sicht der Osteuropäer - nach wie vor die NATO erster Ansprechpartner bleibt. Ohnehin will man das bewährte transatlantische Bündnis nicht ersetzen, sondern höchstens ergänzen.


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