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Cameron-Nachfolge May und Leadsom bleiben im Rennen

Großbritannien wird zum zweiten Mal nach Margaret Thatcher eine Frau an der Spitze der Regierung bekommen. Die konservativen Unterhaus-Abgeordneten nominierten Innenministerin Theresa May und Energie-Staatssekretärin Andrea Leadsom für die entscheidende Abstimmung.

Von: Jens-Peter Marquardt

Stand: 07.07.2016

Andrea Leadsom - Theresa May | Bild: picture-alliance/dpa

Für May votierten 199 Abgeordnete, für Leadsom 84. Justizminister Michael Gove erhielt mit 46 die wenigsten Stimmen und schied damit aus dem Rennen aus. Damit gehen jetzt May und Leadsom in die entscheidende Abstimmung an der Parteibasis. Wer dort bei den Mitgliedern der Konservativen die Oberhand behält, ist offen.

Vorteil für Brexit-Befürworterin Leadsom?

Ausgeschieden: Justizminister Michael Gove

Die Parteibasis hatte den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union mehr herbei gesehnt als die Unterhausfraktion. Deshalb könnte es May, obwohl sie die meisten Stimmen bekam, bei den Parteimitgliedern zum Nachteil geraten, dass sie vor dem Referendum für den Verbleib des Landes in der EU eingetreten war. Leadsom dagegen war im Wahlkampf eine prominente Befürworterin des Brexit. Ihre Chancen könnten deshalb jetzt bei der Parteibasis besser sein als bei den Abgeordneten. Allerdings hat auch May erklärt, dass sie den Willen des Volkes umsetzen und Großbritannien aus der EU herausführen werde. Von einem Rückzug vom Brexit will sie nichts wissen.

Auch May ist EU-kritisch

"Wir haben jetzt eine Entscheidung - für mich ist völlig klar: Brexit heißt auch Brexit."

Theresa May

Die 59 Jahre alte Tochter eines anglikanischen Pfarrers hat lange Regierungserfahrung, sie steht seit sechs Jahren an der Spitze des Innenressorts - so lang wie kein Innenminister vor ihr. Und auch wenn sie in der Referendumskampagne an der Seite von Premierminister David Cameron stand: Sie ist eine Europa-Kritikerin. Als Innenministerin tritt sie zum Beispiel seit langem dafür ein, dass Großbritannien aus der Europäischen Menschenrechtscharta ausscheidet - und damit auch nicht mehr an Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gebunden ist, der in den vergangenen Jahren wiederholt die Ausweisung von unter Terrorverdacht stehenden Ausländern aus Großbritannien verzögert oder verhindert hatte.

Leadsom für zügigen EU-Austritt

Im Vergleich zu May ist die 53 Jahre alte Ex-Bankerin und jetzige Energie-Staatsekretärin Leadsom eine Newcomerin. Sie kam erst 2010 ins Parlament, in den vergangenen zwei Jahren als Staatsekretärin fiel sie kaum auf. Erst als sie an der Seite des ehemaligen Londoner Bürgermeisters Boris Johnson in den großen Fernsehdebatten vor dem EU-Referendum für den Austritt aus der EU warb, wurde sie einem breiteren Publikum bekannt. Jetzt machte sie Schlagzeilen, als sie verkündete, die Verhandlungen mit der EU schnell beginnen zu wollen und den Austritt zügig anzugehen.

"Weder wir noch unsere europäischen Freunde können eine lang anhaltende Unsicherheit brauchen. Es muss auch nicht alles vorverhandelt sein, bevor wir den Artikel 50 ziehen und damit den offiziellen Austrittsprozess einleiten."

Andrea Leadsom

Das heißt: Wenn sie Parteivorsitzende und Premierministerin werden sollte, dann können die übrigen 27 EU-Mitglieder damit rechnen, schon bald das Austrittsschreiben der Briten auf dem Tisch zu haben. Anders May: Sie kündigte an, den offiziellen Austrittsprozess erst im kommenden Jahr in Gang setzen zu wollen.

Entscheidung am 9. September

Die Entscheidung der konservativen Parteibasis über May oder Leadsom wird am 9. September feststehen. Der Gewinner ist dann erst einmal nur neuer Parteivorsitzender. Doch auf dem weiteren Weg zur Premierministerin gibt es dann keine Hürde mehr. Die Queen ernennt traditionell den Chef der stärksten Partei im Unterhaus zum Regierungschef. Und die Konservativen haben dort im Parlament die absolute Mehrheit.


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