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Vergleich der Wahlprogramme Welche Sicherheit wollen wir und was kostet das?

Die Krisen weltweit nehmen zu. Die Parteien, die wohl in den nächsten Bundestag kommen, reagieren mit unterschiedlichen Vorschlägen. Dabei wird eines deutlich: Tiefgründige Antworten auf dieses Thema sind im Wahlkampf Mangelware.

Von: Birgit Schmeitzner

Stand: 14.09.2017 | Archiv

Piktogramm Panzer | Bild: BR

Wenn man die sicherheits- und verteidigungspolitischen Positionen der Parteien vergleicht, ergibt sich ein Muster. Radikale Prinzipien schleifen sich in der Realpolitik ab. Markus Kaim, Experte für Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, beschreibt es so:

"Wenn man noch nie zumindest auf Bundesebene in der Regierungsverantwortung gestanden hat, nie seine parteipolitischen Positionen an der Realität messen lassen musste, dann ist es natürlich vergleichsweise einfach und es erklärt, warum sich in der Mitte eine Art außenpolitischer Mainstream herausgebildet hat."

Markus Kaim, SWP

Kaim zufolge fällt es Parteien wie den Linken und der AfD viel leichter, radikale Positionen zu beziehen.

Grundsätzliches Bekenntnis zu EU und NATO

Die Parteien, die bereits im Bund regiert haben, sind für die EU und für die NATO. Sie sehen die europäische Integration als gut für Deutschland an und betrachten die NATO weiter als wichtiges transatlantisches Bindeglied, auch wenn US-Präsident Trump ein unberechenbarer Partner ist. Insgesamt ist die FDP näher an den Aussagen der Union, die Grünen liegen näher an der SPD.

Anders sieht es an den Rändern des politischen Spektrums aus: Die Linken erheben Maximalforderungen: Sie würden alle Soldaten von Auslandseinsätzen abziehen und die NATO umbauen oder, wenn das nicht geht, gleich ganz abschaffen. Die AfD sieht die USA zwar als wichtigen Partner, fordert aber eine stärkere Stimme der Europäer in der NATO – wobei es der Partei letztlich darum geht, im Militärbündnis deutsche Interessen durchzusetzen.

Wie groß muss der Wehr-Etat sein?

Mit Ausnahme der Linken sehen die Parteien die Notwendigkeit, die Bundeswehr besser auszustatten. Wie viel das in Zahlen bedeutet, wird über ein plakatives Wahlkampf-Thema diskutiert: das "Zwei-Prozent-Ziel". Gemeint ist der Anteil der Wirtschaftsleistung, der für Verteidigung ausgegeben wird. Das sind in Deutschland derzeit rund 1,2 Prozent des BIP, das entspricht 37 Milliarden Euro.

Zusage auf dem NATO-Gipfel in Wales

Die Union steht zu dem deutschen Bekenntnis zum NATO-Ziel, die Ausgaben für Verteidigung bis zum Jahr 2024 "schrittweise in Richtung zwei Prozent" der Wirtschaftsleistung zu erhöhen.

"Dieser Beschluss dient unserer eigenen Sicherheit vor Gefährdungen von außen. Er wurde vom Bündnis einstimmig […] gefasst und seinerzeit von der gesamten Bundesregierung, von CDU, CSU und SPD, mitgetragen. Seine Umsetzung ist auch eine Frage der Verlässlichkeit."

Wahlprogramm von CDU/CSU

Unterstützung kommt von der FDP, sie argumentiert: Deutschland habe eine "Verantwortung als europäische Mittelmacht". Die Liberalen sind der Ansicht, dass Deutschland entsprechend seiner Wirtschaftskraft international mehr Verantwortung übernehmen muss:

"Nachhaltige internationale Sicherheit kann nur erreicht werden, wenn die Bereiche Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik vernetzt gedacht werden. Deshalb wollen wir, dass Deutschland langfristig drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in internationale Sicherheit investiert."

Wahlprogramm der FDP

"Unnötig und unrealistisch"

Die Sozialdemokraten haben zwar als Regierungspartei den NATO-Beschluss mitgetragen, wollen aber jetzt keine konkrete Festlegung mehr. Es gebe zwar Lücken bei Material und Personal, die müsse man natürlich schließen. Eine Steigerung der Ausgaben auf 2 Prozent des BIP werde es mit der SPD nicht geben.

"Wir wenden uns entschieden gegen völlig unnötige und unrealistische Steigerungsraten des deutschen Verteidigungshaushaltes."

Wahlprogramm der SPD

Ähnlich kritisch sind die Grünen. Sie schlagen vor, dass Deutschland lieber mehr Geld in Vorbeugung stecken sollte: also Krisenherde frühzeitig erkennen und verhindern, dass sie zu großen und teuren Problemen werden.

"An erster Stelle muss immer die Prävention stehen, also das Verhindern gewaltsamer Entwicklungen. Wir GRÜNE stehen zu einer Kultur der militärischen Zurückhaltung und für den Primat des Zivilen."

Wahlprogramm der Grünen

Bundeswehr abrüsten oder aufrüsten?

Friedliche Prävention haben sich auch die Linken auf die Fahnen geschrieben – sie gehen mit ihren Forderungen aber viel weiter als die Grünen. Im Linken-Wahlprogramm heißt es, die Partei setze sich für eine schrittweise Abrüstung der Bundeswehr ein.

"Die Linke verfolgt langfristig das Ziel eines Deutschlands und eines Europas ohne Armeen und einer Welt ohne Kriege."

Wahlprogramm der Linken

Dagegen sagt die AfD: Deutschland muss mehr Geld ausgeben, damit die Bundeswehr gewappnet sei für "Einsätze mit höchster Intensität".

"Die deutschen Streitkräfte sind so zu reformieren, dass deren Einsatzbereitschaft auch bei Einsätzen mit höchster Intensität gewährleistet ist."

Wahlprogramm der AfD

An wie viel Geld die AfD konkret denkt, sagt sie nicht. In ihrem Wahlprogramm ist von "umfangreichen materiellen Veränderungen" die Rede.

"Es ist egal, ob es 1,5 Prozent sind oder 2 Prozent"

Für den SWP-Sicherheitsexperten Markus Kaim ist die Zahl auch eigentlich unerheblich. Kaim wünschte sich eine breitere Diskussion darüber, was ein höherer Verteidigungshaushalt politisch bedeutet:

"Es geht um die Rolle, die Deutschland im transatlantischen Bündnis, also in der NATO, spielen will. Und da ist die Frage der Verbindlichkeit, der Verlässlichkeit eine ganz wichtige."

Markus Kaim, SWP

Die Welt sei unsicherer geworden, sagt Kaim, die sicherheitspolitische Ordnung der vergangenen Jahrzehnte sei ins Wanken geraten. Das löst Fragen danach aus, welche Sicherheit Deutschland braucht, wie man sie erreicht und was sie uns wert ist. Tiefgründige Antworten auf dieses komplexe Thema sind im Wahlkampf aber Mangelware.


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Nadine, Freitag, 15.September 2017, 19:32 Uhr

4. Linke Note 1 - AfD Note 6

Nach dem Motto: Auge um Auge, Zahn um Zahn wird Weltfrieden niemals möglich sein. Der eine kauft sich einen Hammer, der andere Pfeil und Bogen. Mal nur 2 Prozent jährlich mehr für den Wehretat, dann woanders gar 4 oder 8 Prozent. Der Ansatz der Linken klingt da viel vernünftiger. Wenn man Weltfrieden möchte, dann müssen alle an einen Tisch und miteinander reden. Abrüstung ist genau der richtige Weg. Daher Note 1 für die Linke.

Gerhard , Freitag, 15.September 2017, 08:05 Uhr

3. Welche Sicherheit wollen wir und was kostet das?

Könnte uns die Bundeswehr wenigstens von den US-Besatzern befreien?

Max, Donnerstag, 14.September 2017, 18:12 Uhr

2. Verhältnismäßigkeit

Es ist bekannt, dass der Militärhaushalt von NATO/USA fast das 10-fache von dem der Russ.Föderation beträgt. Das scheint aber noch nicht zu reichen. Auch die laut Wikipedia ca. 1000 Militärstützpunkte der USA weltweit scheinen nicht zu reichen um uns die nötige Sicherheit zu verschaffen. Glaubt jemand, dass noch mehr Rüstungsmilliarden uns irgendwie weiterbringen?
(abgesehen vom Profit in der Rüstungsindustrie). Abrüstung und gegenseitiges Verständnis wäre angesagt!

  • Antwort von Kritische Leserin, Donnerstag, 14.September, 22:06 Uhr

    Die USA seien ein klassisches Imperium und dies erkenne man daran, dass ein Imperium Militärstützpunkte in den Ländern habe, das es kontrollieren wolle. So könne man feststellen, dass die USA rund 1000 Militärbasen weltweit unterhielten, so unter anderem in Deutschland, Italien oder Japan. Zum Vergleich: Russland hat drei klassische Militärbasen: Eine Basis in Vietnam und zwei in Syrien. Lehnen Sie den Krieg gegen den Terror ab, denn er ist durchsetzt mit Lügen. Wenn man Kriegspropaganda nur häufig genug wiederholt, glauben es die Leute. Amerika ist das Imperium unserer Zeit. Und die erwarten auch noch, dass wir davon nichts mitbekommen. Aber im Zeitalter der Digitalisierung funktioniert das wohl nicht mehr so ganz.

  • Antwort von Kritische Leserin, Donnerstag, 14.September, 22:08 Uhr

    Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gebe es aber ein von den Medien häufig totgeschwiegenes US-Imperium, das vor allem auf Lügen, Desinformation und völkerrechtswidrigen Handlungen basiere: 1945 hat die CIA die Wahlen in Italien manipuliert. 1950 dann die Bombardierung Nordkoreas. 1954 haben die USA das Regime in Guatemala gestürzt. 1961 hat man das erfolglos in Kuba versucht. 1964 die Bombardierung Vietnams, 1973 der Sturz der chilenischen Regierung. Und dies sei nur der Anfang gewesen. In den 80er Jahren lieferten die USA den Aufständischen in Afghanistan Waffen im Kampf gegen sowjetische Soldaten. Im gleichen Jahrzehnt bewaffneten die Vereinigten Staaten die im Krieg befindlichen Länder Irak und Iran gleichzeitig. 1991 dann der Irakkrieg, 1999 – zusammen mit Deutschland – die Bombardierung Serbiens und seit 2001 ausschließlich der sogenannte Krieg gegen den internationalen Terror. Lehnen Sie den Krieg gegen den Terror ab, denn er ist durchsetzt mit Lügen.

Corinna, Donnerstag, 14.September 2017, 11:09 Uhr

1. Die verteidigungspolitischen Positionen

Ich habe keine Angst vor den Russen. Mir ist es egal ob die US-Army in Deutschland stationiert ist oder die Putin-Army. Vor den Russen kann man wenigstens Gas, Öl und andere Rohstoffe beziehen. Von den USA kann man nur wertlose Lehman Brothers Werpapiere und ungesunde CocaCola (Zucker mit Gas) kaufen.

  • Antwort von Wolf, Donnerstag, 14.September, 14:52 Uhr

    Na,dann fragen sie mal Polen,Litauer,Tschechen oder Ungarn ob sie nochmal Russische Soldaten im Land wollen. Hab sellten so einen Schmarrn gelesen.

  • Antwort von Hannah, Donnerstag, 14.September, 17:48 Uhr

    Ausgerechnet Polen, Ungarn oder den gesamten Ostblock sollte man befragen, ob die uns ehrlich antworten?. Sehen sie die Polen heute an, schlimmer wie in einer Diktatur. Für den Notfall sollten wir ein paar Kisten Wattebällchen für die Linken und die Grünen bereitstellen. Aber ansonsten, keine Angst unsere Gewehre schießen daneben, die Hubschrauber fallen auch regelmäßig aus. Also werden wir trotz allen die Nato mit Russland und Amerika brauchen, die uns dann wieder den Hintern retten müssen, denn Freunde werden wir bis dahin keine mehr haben, in unserer unnachahmlichen überheblichen Gutmenschenart.

  • Antwort von Adelheid , Donnerstag, 14.September, 22:01 Uhr

    @Wolf
    Die Polen, Tschechen und Ungarn wollten den russischen Kommunismus nicht, den Stalinismus nicht.
    Deutschland ist seit 1945 bis heute ein besetztes Land, das hat doch der Bundesfinanzminister Schäuble gesagt.
    Sowjetunion hatte halb Europa unter Kontrolle und am Ende 1989 in die Freiheit entlassen. Nur die USA sind geblieben.
    Mir ist es echt Wurst ob wir von den USA kontrolliert werden oder von Russland. Man wird unter beiden arbeiten und Steuer zahlen müssen.

  • Antwort von Wolf, Freitag, 15.September, 07:19 Uhr

    An alle Russenbots,
    Klar,und man wird auch überall eingesperrt wenn man oponiert.......Herr wirf Hirn vom Himmel!

  • Antwort von Gerhard , Freitag, 15.September, 08:00 Uhr

    Wenn die Russen kommen, dann würde ich mir eine russische Fahne kaufen, um sie richtig begrüßen zu können. Schlimmer als die Amis sind die Russen nicht. Egal was die US-BOTs hier schreiben.