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Gerda Hasselfeldt Merkels Vertraute geht

Als Gerda Hasselfeldt in den Bundestag einzog, war Bonn noch Bundeshauptstadt. In Berlin stand noch die Mauer, und die D-Mark war das Zahlungsmittel der Wahl. 1987 war das. Zwei Jahre später, beim Mauerfall, war sie bereits Bundesbauministerin. Später wurde Hasselfeldt Gesundheitsministerin, Bundestagsvize-Präsidentin und seit 2011 ist sie die einflussreiche Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Nach der Bundestagswahl am 24. September ist Schluss. Gerda Hasselfeldt scheidet auf eigenen Wunsch nach 30 Jahren als Abgeordnete aus dem Bundestag aus.

Von: Tanja Oppelt

Stand: 05.09.2017 | Archiv

Gerda Hasselfeldt | Bild: picture-alliance/dpa

Gerda Hasselfeldts Heimatort ist Haibach bei Straubing. Viel Wald, sanfte Hügel – der vordere Bayerische Wald. Für Hasselfeldt ist das ein Kraftort. Hier könne sie nichts so leicht aus der Ruhe bringen, sagt sie.

Die Rainers – das ist Hasselfeldts Mädchenname – kennt in Haibach jeder. Ihrem Vater gehörte die örtliche Gastwirtschaft und Metzgerei. Ihr Bruder, Alois Rainer, war hier lange Bürgermeister. Seit 2013 sitzt er ebenfalls für die CSU im Bundestag. Seine große Schwester war in den letzten vier Jahren gleichzeitig seine Chefin.

"Das eine ist das Geschwisterliche, und das andere ist das Berufliche. Ich respektiere sie auch als Chefin. Es passiert nicht, dass ich einfach so in ihr Büro platze, weil ich der Bruder bin, sondern ich melde mich genauso an, wie jeder andere Abgeordnete auch. Wir gehen da sehr professionell damit um, was das anbelangt."

Alois Rainer, CSU-Bundestagsabgeordneter

Unterwegs im Wahlkreis des kleinen Bruders

Der Landkreis Straubing ist Rainers Wahlkreis. Hasselfeldt begleitet ihren kleinen Bruder auf der Wahlkreistour. Besuch in einer Glasbläserei: Die beiden sollen selbst ran und eine Glaskugel mit dem Mund blasen. Der Besitzer der Glasbläserei kündigt ein "Geschwisterduell" an. Hasselfeldts Bruder hat die längere Puste, seine Glaskugel wird deutlich größer. "Ich war halt wie immer etwas zu vorsichtig", meint Hasselfeldt selbstkritisch. Dabei ist genau das ihre große Stärke.

Bayerisches Poltern liegt ihr nicht

Die CSU-Politikerin gilt als besonnen und ruhig, das bayerische Poltern liegt ihr nicht. Sie selbst würde sich wahrscheinlich nie als Feministin bezeichnen, aber die 67-jährige hat in der CSU eine beispiellose Karriere hingelegt. Sie war zwei Mal Bundesministerin, sie war Bundestags-Vizepräsidentin und die vergangenen sechs Jahre führte sie die CSU-Landesgruppe im Bundestag. Das reizvollste Amt, sagt sie.

"Das war nicht das, was ich angestrebt habe, aber wozu ich dann mit ziemlichem Nachdruck gebeten wurde. Und es ist eine Tätigkeit in meiner politischen Laufbahn, die ich aus heutiger Sicht nicht mehr missen möchte. Es ist eine sehr einflussreiche Position, und es ist eine Führungsfunktion. Eine hoch interessante Position zwischen München und Berlin."

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt

Vermittlerin zwischen CSU-Chef und Bundeskanzlerin

Und in den vergangenen zwei Jahren hatte sie oft genug eine Position zwischen Seehofer und Merkel inne. Hasselfeldt, die als Vertraute Merkels gilt, vermittelte im Streit um Flüchtlinge und Obergrenzen zwischen der Kanzlerin und dem CSU-Vorsitzenden. Es ist auch ihr zu verdanken, dass es letztendlich nicht zum Bruch kam. Sie gibt zu: Das hat Kraft gekostet

"Es hat schon Tage gegeben, wo das auch für mich persönlich sehr schwierig war. Tage, an denen ich mich manchmal gefühlt habe, wie zwischen zwei Mühlsteinen."

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt

Aber da ist nichts hängengeblieben, sagt sie, alles bereinigt. Das Aufhören fällt ihr nach eigenem Bekunden nicht schwer. Sie will es machen wie damals ihr Vater: Sich zurückhalten und helfen, wenn man gefragt wird. Bis zur Bundestagswahl bringt sie sich voll in den Wahlkampf ein, und dann werde man sehen. Hasselfeldt will mehr Zeit für die Familie haben, ihren Mann und die Enkelkinder. Wieder selbst über den Terminkalender bestimmen und die Zeitung auch mal von hinten nach vorne lesen, also zum Beispiel mit dem Feuilleton anfangen. Und – das verrät sie noch - Gerda Hasselfeldt wird wieder Schülerin: Ab Herbst will sie Klavierstunden nehmen.


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