Bayern 1 - Experten-Tipps


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Was ist umweltfreundlicher? Plastik-, Papier- oder Keramikbecher

Kaffee zum Mitnehmen oder Bier im Stadion - wir trinken gern unterwegs. Meist gibt's das Getränk im Plastik- oder Pappbecher. Wäre Glas oder Keramik nicht umweltfreundlicher, da wiederverwertbar?

Von: Alexander Dallmus

Stand: 20.02.2014 | Archiv

Tasse | Bild: mauritius-images

Die erste Einschätzung: Keramikbecher sind sehr oft wiederverwendbar und allein deshalb wohl auch umweltfreundlicher. Allerdings sind sie auch schwerer und ihre Herstellung verlangt mehr Energie, und aufgrund ihres höheren Gewichts natürlich auch mehr Sprit für den Transport, zum Beispiel vom Werk in den Handel. Dazu kommen der Wasser- und Spülmittelverbrauch beim Abwasch.

Im Vergleich bringt ein typischer Plastikbecher hingegen nur wenige Gramm auf die Waage – das wirkt sich günstig auf den Transport und die spätere Entsorgung aus. Vergleichsweise unkompliziert ist auch das Recycling. Ähnlich leichtgewichtig sind auch Pappbecher, doch ihre Produktion erfordert Holz. Dazu kommt eine spezielle Innenbeschichtung aus Kunststoff. Das wiederum erschwert meist das Recycling.

Abwasch oder Mülleimer?

Nur wenn Keramikbecher jahrelang immer wieder genutzt werden – zwischen 500 und 3.000 Mal (so eine Untersuchung von TNO, einer niederländische Organisation für angewandte Wissenschaft), beginnen sich ihre Umweltauswirkungen zu neutralisieren.

In einer unabhängigen Studie machte TNO die Umweltauswirkungen der Einweg-/Mehrweg-Alternative am Prinzip der ökologischen „Schattenkosten“ fest, die beispielsweise bei der Herstellung oder Entsorgung anfallen.

Das Ergebnis:

Alles in allem liegen Einwegbecher in der Öko-Gesamtbilanz eigentlich um rund 20 Prozent vor Tassen oder Bechern aus Keramik. ABER: Es kommt eben auf den Gebrauch des Einzelnen an. Je seltener Keramikgeschirr gespült wird, desto günstiger fällt seine Ökobilanz aus – genauer gesagt, ab 5-maliger Verwendung ohne Spülen beginnen Mehrwegbecher umweltverträglicher zu werden.

Gleiches gilt natürlich auch für Einwegbecher: Durch mehrmalige Verwendung lässt sich ihre Ökobilanz weiter verbessern. Letztlich aber müssen wir uns fragen, wo unsere Prioritäten liegen. Möchten wir das Erdöl sparen, das die Produktion von Kunststoff nun einmal erfordert? Oder doch eher Energie und Wasser über den gesamten Lebenszyklus?

Beim Becher in der Firma haben Sie möglicherweise keine Wahl. Sie müssen nehmen, was aus dem Automaten kommt. Und dennoch: Sie können etwas bewirken! Denken Sie daran, Plastikbecher mehrmals zu verwenden – insbesondere, wenn Sie nur Wasser trinken.

Die Frage ist auch, ob gebrauchte Becher recycelt oder zur Energiegewinnung verbrannt werden.

Pappbecher hingegen landen in aller Regel auf der Deponie, denn die Innenbeschichtung erschwert das Recycling. Doch auch sie können in der Regel natürlich mehrmals verwendet werden.

Mehrwegbecher haben bessere Ökobilanz

In einer Untersuchung für die Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz ist eine vergleichende Ökobilanz ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen: Für Großveranstaltungen sind Mehrwegbecher-Systeme den Einweg-Lösungen ökologisch deutlich überlegen. Selbst kompostierbare Einwegbecher aus nachwachsenden Rohstoffen (PLA) schneiden nicht besser ab als herkömmliche Einwegbecher beispielsweise aus PET.

Bio-Versuch kläglich gescheitert

Der Lebensmittelkonzern Danone hat 2012 versucht, mit einem neuen, angeblich „umweltfreundlicheren“ Joghurtbecher in die Werbung zu gehen. Die „Activia“-Joghurtbecher aus Polymilchsäure (PLA) werden auf der Basis von Mais hergestellt.

Eine von Danone in Auftrag gegebene Ökobilanz, beim IFEU-Institut (Institut für Energie- und Umweltforschung) in Heidelberg scheint das zu bestätigen. Darin wird der alte Plastikbecher aus Polystyrol, einem herkömmlichen Kunststoff aus Erdöl, mit dem neuen PLA-Becher verglichen. Die Umweltauswirkungen werden untersucht. Vom Anbau des Mais über die Herstellung bis hin zur Entsorgung fließen alle Schritte in die Bilanz ein. Die Vorteile des neuen PLA-Bechers bestehen darin, dass er fossile Ressourcen schont. Bei der Umstellung auf PLA als Verpackungsmaterial werden der Verbrauch von fossilen Ressourcen um 43 Prozent vermindert. Ebenso werden 25 Prozent weniger klimaschädliche CO2- Emissionen verursacht.

Reaktion

Die Reaktion erfolgte prompt. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte, dass Danone diese Umweltvorteile in den Vordergrund stellt, aber nicht all jene ökologischen Nachteile, die in der Gesamtbetrachtung die Umweltvorteile wieder aufheben. So kommt es durch den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln beim Rohstoffanbau sogar zu höheren Umweltbelastungen als bei der herkömmlichen Kunststoffproduktion auf Erdölbasis.

Kommen die Rohstoffe von anderen Kontinenten, entstehen lange Transportwege und hohe Emissionen. Wenn die Rohstoffe zum Beispiel aus Amerika kommen, kann es sein, dass sie unter Einsatz von Gentechnologie produziert werden. Der Begriff nachwachsende Rohstoffe beherbergt die Illusion, dass dieser in unbegrenzten Mengen vorhanden sein könnte. Jedoch sind für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen Anbauflächen notwendig, die der Lebensmittelproduktion und auch der Futtermittelherstellung verlorengehen.

Vor Gericht musste Danone kleinbeigeben und verzichtet in einem Vergleich darauf, künftig den PLA-Becher als „umweltfreundlicher“ zu bewerben.

Fazit

Am umweltfreundlichsten von allen Kaffee-Trinkbehältnissen ist der Keramikbecher, auch wenn die Produktion und der Vertrieb aufwändiger sind als bei Plastik- oder Pappbechern. Wenn sie nicht gerade beim ersten Gebrauch runterfällt, lässt sich eine Keramiktasse ein paar tausend Mal verwenden.

Je seltener Sie abwaschen, desto besser. Ausspülen mit ein wenig Wasser ist oft völlig ausreichend. Denn wir alle können die Ökobilanz von Gegenständen unseres täglichen Gebrauchs verbessern.


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