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Lichtsmog Warum Lichtsmog so schlecht ist

Lichtverschmutzung - was ist das eigentlich? Und wie gefährlich kann der sogenannte Lichtsmog für Tier und Mensch sein? Alle Infos hier.

Stand: 21.03.2024 16:05 Uhr

Nächtliche Gartenbeleuchtung | Bild: Mauritius Images; Bearbeitung: BR

https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/was-kann-ich-gegen-lichtverschmutzung-tun/bayern-1/10501711/

Wann findet die Earth Night 2024 statt?

Einmal im Jahr findet die Earth Night statt. 2024 am 6. September 2024, ab Einbruch der Dunkelheit. Mitmachen kann jeder - dabei geht's darum, für eine ganze Nacht das Licht abzuschalten bzw. zu reduzieren, um so ein Zeichen gegen die zunehmende Lichtverschmutzung zu setzen.

Das Projekt "Nachtlicht-Bühne"

Eva Weiß aus Augsburg hat sich bis vor ein paar Jahren nicht sonderlich viele Gedanken über Leuchtreklame an Häusern oder die Helligkeit von Straßenlaternen gemacht. Seit sie aber als Bürgerwissenschaftlerin dokumentiert, was der Nacht die Dunkelheit raubt, hat sich das geändert:

"Ich hatte anfangs den Eindruck, bitte nicht alles dunkel machen! Dann habe ich Angst, draußen unterwegs zu sein. Mittlerweile habe ich aber festgestellt, dass es gar nicht darum geht, Lichter komplett auszuschalten, sondern Lichter intelligent zu nutzen."

Zusammen mit anderen Mitstreitern sammelt Eva Weiß Daten für das Projekt "Nachtlicht-Bühne" und gibt diese dann an das Deutsche GeoForschungsZentrum in Potsdam weiter: "Man kann quasi Lichter in den verschiedenen Kategorien zählen. In den letzten Jahren sind die Städte, das Umland deutlich heller geworden. Man sieht, welche Lichter, welchen Einfluss haben." In Potsdam werden die Daten dann mit Informationen von Satelliten abgeglichen, um herauszufinden, aus welchen Quellen die Lichtverschmutzung vornehmlich stammt.

Was verursacht Lichtverschmutzung?

Nicht nur in großen Städten ist es nachts nicht mehr dunkel - auch auf dem Land, wie hier in Bad Aibling.

Nachdem wir Ende des 19. Jahrhunderts unser Licht elektrifiziert haben, ist mit der Verbreitung der LED ein weiterer Quantensprung gelungen: Künstliches Licht nämlich auch noch billig herzustellen. Was wir an Strom und Energie sparen, machen wir seither leider durch übermäßige Helligkeit wieder wett. Die meisten Städte strahlen mit Einbruch der Dunkelheit um etwa 4.000 Prozent heller als das natürliche Nachtlicht.

Die globalen Auswirkungen lassen sich mittels Satelliten und der computergestützten Berechnung der Himmelsleuchtdichte relativ gut darstellen. Wie dramatisch die Himmelshelligkeit ist, zeigen hochauflösende Satellitendaten: Mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung leben mittlerweile unter einem lichtverschmutzten Himmel. Länder wie die USA sind fast vollständig davon betroffen.  

Nachts können etwa 60 Prozent der Europäer die Milchstraße nicht mehr sehen. Tendenz steigend. Dabei, sagt Physiker Manuel Philipp, der mit seinem Projekt "Paten der Nacht" schon seit Jahren gegen Lichtverschmutzung kämpft, wäre das prinzipiell selbst vom Münchner Marienplatz aus möglich:

"Mit einem kontrolliert herbeigeführten Lichtausfall würde man vom Marienplatz aus die Milchstraße sehen. Und das ist für viele wirklich befremdlich. Wir haben einfach zugemacht, weil dieses ganze Licht oben an den Molekülen in der Atmosphäre so stark streut, dass wir wie eine Art Filter drüber kriegen und die Sterne nicht mehr sehen können."

Manuel Philipp, Physiker und Initiator von 'Paten der Nacht'

Ist Lichtverschmutzung ein Problem?

Da etwa die Hälfte aller Insekten nachtaktiv ist, liegt es auf der Hand, dass vor allem diese Gattung unter der Lichtverschmutzung leidet. Vor allem das kurzwellige Licht mit einem hohen Blau- und Ultraviolettanteil gilt als tödlich und ist zumindest ein Grund für das Insektensterben. Nachtfalter beispielsweise orientieren sich wie viele andere Arten eigentlich am Mond. Geraten sie ins Kunstlicht, umkreisen sie dieses bis zur Erschöpfung und zum Tod. Milliarden Insekten sterben so im Lichtkegel von Straßenlaternen, dem Flutlicht am Sportlatz oder der Neon-Reklame.

Tausendfach sterben Insekten im Lichtkegel von Straßenlaternen und Flutlichtstrahlern.

Aber auch Millionen von Vögeln kollidieren jedes Jahr mit beleuchteten Hochhäusern oder großen Werbebannern. Lachse nehmen auf ihrem Weg flussaufwärts zu ihren Paarungsplätzen beleuchtete Brücken als Barrieren wahr und schwimmen nicht mehr weiter. Schildkröten, die sich bei der Eiablage am Strand normalerweise an Lichtreflexionen im Meer orientieren, werden durch Hotel- oder Straßenbeleuchtungen fehlgeleitet. Es gibt unzählige Auswirkungen auf die Tierwelt durch zu viel und zu grelles Licht in der Nacht.

Selbst auf Pflanzen wirkt sich zu helles Licht in der Nacht nachteilig aus, sagt die Berliner Chronobiologin Annette Krop-Benesch. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Folgen der Lichtverschmutzung:

"Wir sehen in Gewässern ganz starke Veränderungen. Das Algenwachstum verändert sich, die Wasserflöhe fressen diese nicht mehr ab. Auch Pflanzen sind betroffen. Bäume, die von unten angestrahlt werden, bekommen nicht mit, welche Jahreszeit ist und werfen ihr Laub nicht mehr rechtzeitig ab und sind dann anfälliger für Frostschäden. Insgesamt sind es also sehr unterschiedliche Einflüsse, die wir da sehen. Und bisher haben wir noch keine Tier- oder Pflanzengruppe gefunden, die nicht irgendwie beeinflusst wird."

Annette Krop-Benesch, Chronobiologin

Wirkt sich auf den Schlaf aus

Morgens mit den Hühnern aufstehen und abends nach Sonnenuntergang ins Bett fallen - das war einmal. Grundsätzlich fehlt vielen Menschen mittlerweile ein klarer Tag-Nacht-Rhythmus. Schließlich sitzen wir tagsüber meistens drinnen, bei Dämmerlicht - also dann, wenn wir eigentlich viel Sonnenlicht bräuchten - und abends haben wir auch wieder Dämmerlicht zuhause. Das heißt, unser Körper weiß gar nicht mehr genau, wann Tag und wann Nacht ist.

Eigentlich wird ganz natürlich gesteuert, wann wir schlafen. Wenn es dunkel wird, beginnt unser Körper Melatonin zu produzieren und dieses Melatonin bringt unseren Körper in eine Ruhephase. Wir brauchen das, um gut schlafen zu können. Umso stressiger für unseren Körper und unsere Psyche, wenn wir diese Dunkelheit nicht erleben, sagt Chronobiologin Annette Krop-Benesch:

"Da draußen ist eine Lampe, da scheint was ins Fenster rein. Da geht ein Bewegungsmelder an und das stört uns genauso, wie uns Lärm stört."

Annette Krop-Benesch, Chronobiologin

Und wer jetzt einwirft, man könne doch den Rollladen runterlassen und das Schlafzimmer vollständig verdunkeln: Mit der Dämmerung aufzuwachen, ist für Menschen tatsächlich angenehmer als im Dunkeln aus dem Schlaf gerissen zu werden. Der Sonnenaufgang ist sozusagen das Signal an den Körper, dass ein neuer Tag beginnt.

Was ist der Sternenpark Winklmoosalm?

Inzwischen werden immer mehr Sternenparks eröffnet, also sogenannte Lichtschutzgebiete. Im Sternenpark werden Besucher nicht nur über Astronomie, sondern auch über Lichtverschmutzung informiert. Einen hat Nachtschützer Manuel Philipp aus Rimsting am Chiemsee gegründet - den "Sternenpark Winklmoosalm" in Reit im Winkl.

Welches Licht ist gut für den Garten?

Wenn man ein paar Punkte beachtet, kann man die Beleuchtung rund ums Haus und im Garten wesentlich insektenfreundlicher gestalten - und so auch nachtaktive Tiere wie etwa Igel schützen. Wird alles Licht nach unten gelenkt, braucht man erst gar nicht so viel Leistung; dann reichen auch 3W- oder 4W-Leuchtmittel und keine zehn Watt.

Bei der Farbtemperatur ist immer warm-weiß zu empfehlen. Vor allem langwelliges, gelbes oder orangefarbenes Licht (Amber) hat weniger starke Auswirkungen auf die Umwelt - auch auf unseren Schlaf. Und es stört den Nachbarn nicht. "Überlegen Sie wirklich, wie viel Licht Sie eigentlich brauchen", empfiehlt Chronobiologin Annette Krop-Benesch. "Also keine Flutlichtanlage installieren, sondern eher mit weniger Licht arbeiten. Akzente setzen, mit der Dunkelheit spielen und auch für die Tiere im Garten Bereiche schaffen, die dunkel bleiben.

Welche Gartenbeleuchtung ist gut für Mensch und Tier?

  • Lichtdauer und Intensität auf das tatsächlich benötigte Maß reduzieren.
  • Leuchtmittel mit dem Farbton "warm-weiß" verwenden (<3000K).
  • Die Lampen und Leuchten sollten nach Möglichkeit abgeschirmt sein, so genannte Full-Cut-Off-Leuchten. Ist der Lampenkörper geschlossen, können auch keine Insekten eindringen.
  • Bei der Montage oder Installation darauf achten, dass der Lichtkegel immer nach unten gerichtet ist.
  • Stecken die Lampen im Boden, sollten sie möglichst niedrig sein, um die Fernwirkung des Lichts zu reduzieren.
  • Mit Zeitschaltuhren arbeiten und grundsätzlich auch mal abschalten, wenn eh keiner mehr draußen ist.
  • Bewegungsmelder verwenden, die nicht auf jede Katze oder jeden Igel reagieren.
  • Verzichten Sie auf die Beleuchtung von Bäumen und Sträuchern sowie von Gartenteichen. Das ist gut für die Pflanzen und vor allem auch für Amphibien oder Vögel.

Wann und wo Sie Glühwürmchen beobachten können - und warum die Tierchen wahre Romantiker sind, lesen Sie hier: Wo wir romantische Glühwürmchen-Nächte erleben können

Links und Quellen zum Thema Lichtverschmutzung

https://www.paten-der-nacht.de/  - eine Initiative von Nachtschützer Manuel Philipp, ausgezeichnet mit dem Bayerischen Umweltpreis

https://www.earth-night.info/  - alle Infos zur Earth Night am 15. September 2023

Nachtlichter - ein Projekt mit BürgerwissenschaftlerInnen des Deutsches GeoForschungsZentrum in Potsdam.

The new world atlas of artificial night sky brightness - hier kann man auf Satellitenbildern das Ausmaß der globalen Lichtverschmutzung recht gut sehen.

Annette Krop-Benesch: "Licht aus!? Lichtverschmutzung - Die unterschätzte Gefahr."
256 Seiten. 1. Auflage. 2019. Rowohlt Taschenbuch Verlag. ISBN 978-3-499-63448-2

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