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Ruhmeshalle Captain Beefheart - Trout Mask Replica

Zusammen mit seiner Magic Band hat Captain Beefheart 1969 "Trout Mask Replica" aufgenommen. Bei PJ Harvey und Tom Waits lief es sicherlich rauf und runter. Unserem Autor raubt es immer wieder den letzten Nerv.

Von: Matthias Leitner

Stand: 13.01.2012 | Archiv

Captain Beefheart | Bild: Warner

Endlich halte ich sie in der Hand: "Trout Mask Replica" – Forelle Maske Nachbildung, Forellenmasken-Nachbildung oder so ähnlich heißt das übersetzt. Ein selten dämlicher Titel für ein sagenumwobenes, immer Bestenlisten-platziertes Album. Passend dazu glotzt mich vom rotrosa Cover fischäugig ein Karpfenmensch an. Genau: keine Forelle, ein Karpfen - aber egal. Auf jeden Fall winkt mir der Fischkopf einen Gruß zu. Dann lässt er mich allein. Allein mit einem Album, das auf den ersten Ohrenschein vor allem eines ist: unhörbar.

Konsequent daneben...

Captain Beefheart - Trout Mask Replica (Cover)

Angefangen hat bei Don Glen van Vliet alias Captain Beefheart alles im Winter 1958. Und zwar mit geradlinigem Rhythm und Blues. Bis 1969 schiebt der Captain mit seiner Magic Band aber vor allem Frust. Denn entweder machen die Produzenten aus seinen erdigen Blues Nummern eine Art Psychedelic-Surfsound. Oder Gastmusiker wie der Gitarrist Ry "Buena Vista Social Club" Cooder spielen einfach was sie wollen und interessieren sich nicht für die Arrangements des Captains. Für einen geborenen Egomanen wie Mr. Beefheart natürlich untragbar. Das schreit nach Rache...

Da trifft es sich gut, dass Captain Beefheart mit dem anderen großen Geniewirrkopf Frank Zappa befreundet ist. Die alten Schulfreunde haben zusammen schon eine Band und ein Filmprojekt in den Sand gesetzt. Es ist mal wieder Zeit für was Neues: Zeit für "Trout Mask Replica". Zappa produziert das Album und der Captain darf endlich tun und lassen was er will. Das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit ist ein musikalisch eingegossener, direkt ins Gesicht der Musikindustrie gestreckter, Mittelfinger. Polyrhythmisch und atonal. Mehr Free-Jazz als Blues. Mehr rootiges Mississippi-Delta als schicke LA-Boheme.

...und immer dagegen!

Captain Beefheart singt nicht zur Musik der Magic Band, sondern dagegen. Eigentlich singt er auch nicht: Mehr heult er, schreit und wimmert. Dass an "Trout Mask Replica" vom Fischkopf-Cover bis zur Harmonie nichts zusammenpasst, dass die Texte auf einer Skala zwischen kryptisch und unverständlich changieren, dass die Musik - einmal losgelassen - einem den letzten Nerv raubt: Ich glaube, genau das macht "Trout Mask Replica" so legendär. Am Ende jeder Reise mit diesem Album steht garantiert nie eine Lösung oder so etwas wie Sinn. Dafür hat man aber immer wieder das überwältigende Gefühl eines verdammt heißen Ritts. Ein Gefühl das vor allem auch Künstler wie PJ Harvey oder Tom Waits erfasst und inspiriert hat. Darauf ein musikbesoffenes: Oh Captain, my Captain.


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