Kultur


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Jazztage Trompeter in der Autostadt

Für viele ist Ingolstadt ein Ortsname an der Autobahn. Wenn man es mal hingeschafft hat, liegt das nicht selten an den Ingolstädter Jazztagen. Seit einem Vierteljahrhundert kommen die Stars - von Ray Charles bis Herbie Hancock.

Von: Michael Kubitza

Stand: 18.10.2012 | Archiv

Ingolstadt: Früher Garnisonsstadt, heute Industriestadt, gelegen im Norden Oberbayerns, wo kein Durchreisender mehr an Oberbayern denkt. Dass hier schon Miles Davis gespielt hat - 1990, zehn Monate vor seinem Tod - muss man nicht wissen. Ahnen könnte man es: Schließlich liegt Ingolstadt an der Donau, an deren Ufern sich mit Regensburg, Straubing und Neuburg - Heimat des famosen "Birdland" - noch drei weitere unwahrscheinliche Jazzmetropolen reihen. Und dann ist da die von Autofabriken und Raffinerien amerikanisch bis surreal getönte Skyline, deren Soundtrack zwischen cool und free oszilliert - halb "Kind of Blue", halb "Bitches Brew".

Wie man sich einen Namen macht

Lange durfte sich Ingolstadt zurecht links liegen gelassen fühlen. Vor rund 25 Jahren - die Stadt war gerade auf dem Sprung, die 100.000-Einwohnermarke zu knacken und jüngste Großstadt Deutschlands zu werden - startete der neue Kulturreferent Siegfried Hofmann durch: Mit neuen Ausstellungen wie der "Sammlung Gomringer". Mit den Orgeltagen, die 2012 ihren 30. feierten. Und mit den Jazztagen, die in diesem Jahr soweit sind.

Binnen weniger Jahre holte er Künstler an die Donau, die bekannter waren als Ingolstadt - mit dem Effekt, dass viele, die Ray Charles, Betty Carter, Fats Domino und Lionel Hampton hörten, jetzt auch von Ingolstadt gehört hatten. Bei den großen Namen ist es bis heute geblieben: 2008 waren Herbie Hancock, Chick Corea und John McLaughlin am Start.

Wie Weihnachten im Oktober

Eine bruchlose Erfolgsgeschichte? Immer wieder hat sich das Festival neu erfunden, mal den "Spirit of Africa" gefeiert, mal Grüße nach New Orleans geschickt. Dazwischen drohten die Jazztage im Bayerndreieck Oberbayern - Niederbayern - Oberpfalz auch mal im Bermudadreieck wechselnder Publikumsresonanz, städtischer Finanzierung und Sponsorenförderung steckenzubleiben. Mitte der 90er machte sich vorübergehend das Publikum rar, dann sprang ein Sponsor ab. 2004 hätte der Sparkurs der Stadt das Festival beinahe trockengelegt - mit dem Resultat, dass manche Festivals eher risikoarm ausfielen und José Feliciano dem Publikum zur Unzeit "Feliz Navidad" wünschte.

Königswege und Trampelpfade

Trotzdem haben sich im Kraftfeld Hotel NH Ambassador und den 14 anderen Spielstätten Traditionen herausgebildet: Die Late Night Session mit Überraschungsgästen aus New Orleans, die Schlangen vor der Jazz Party I und II und natürlich der Musikförderpreis der Stadt Ingolstadt, der 2013 an Oliver Kügel geht.


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