Antisemitismus-Debatte im Deutschrap Hin und Her um die Echo-Nominierung von Farid Bang und Kollegah

Das Album "Jung Brutal Gutaussehend 3" ist für zwei Echos nominiert. Wegen Antisemitismusvorwürfen wurde überlegt, Farid Bang und Kollegah die Nominierungen abzuerkennen. Jetzt hat ein Ethikbeirat eine Entscheidung getroffen.

Von: Mattthias Scherer

Stand: 29.03.2018 | Archiv

Farid Band und Kollegahs Album Cover von JBG2 | Bild: Pressefoto / Albumcover JBG2 / Self Made Records

Am 12. April wird in Berlin der bekannteste deutsche Musikpreis verliehen: der Echo. Die Echo-Verleihung ist seit Jahren eine umstrittene Veranstaltung, was unter anderem auch immer wieder mit den nominierten Künstlern zu tun hat. Die von vielen Leuten als „Rechtsrockband“ kritisierte Band Frei.Wild wurde 2013 zum Beispiel für einen Echo nominiert – und dann wieder ent-nominiert, nachdem Bands wie Kraftklub die Preisverleihung boykottierten. Begründung: Man wollte nicht mit Frei.Wild in einem Rahmen genannt werden und/oder auftreten. Dieses Jahr sorgt wieder eine Echo-Nominierung für Diskussionen: "Jung Brutal Gutaussehend 3“, das Kollabo-Album von Farid Bang und Kollegah.

Dieses Album ist heuer in zwei Kategorien nominiert: einmal in "HipHop/Urban national" und in der Kategorie "Album des Jahres". Aber jetzt gibt es Spekulationen darüber, ob diese Nominierungen wieder zurückgezogen werden könnten.

Es geht vor allem um den Song "0815", der unter anderem folgende von Farid Bang gerappte Line enthält:

"Und wegen mir sind sie beim Auftritt bewaffnet / Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen"

– Farid Bang in 0815

Auschwitz war eines der Konzentrationslager, in denen die Nazis im zweiten Weltkrieg Millionen von jüdischen Menschen ermordeten. Diese Songzeile verharmlost in den Augen vieler diese Gewalttaten und ist der Grund, warum der sogenannte Ethik-Beirat des Echo-Preises untersucht hat, ob dem Album die Nominierungen aberkannt werden sollen.

"JBG3" wurde zuerst nominiert – und wird jetzt erst geprüft

Der Beirat kann nicht von sich aus eine Untersuchung starten, sondern muss vom Vorstand des Bundesverband Musikindustrie (BVMI) schriftlich dazu aufgerufen werden. Und das tut der BVMI nur dann, wenn von dritter Seite Hinweise darauf eingereicht werden, dass gewisse Nominierungen eventuell problematisch sein könnten – zum Beispiel wegen gewaltverherrlichender Texte.

Der Hinweis auf Farid Bang und Kollegah wurde von Journalisten der BILD-Redaktion eingereicht, und der BVMI entschied sich dafür, den Beirat einzuberufen, der diese Hinweise geprüft hat.

Update vom 06.04.2018:

Der unabhängige Ethikbeirat des Echos hat entschieden, dass "JBG3" für den Echo nominiert bleibt. Zwar sei die Wortwahl einiger Texte "provozierend und voller Gewalt", ein Ausschluss des Albums von der Nominierung sei aber nicht der richtige Weg. Der Beirat begrüße dennoch eine größere Diskussion auf gesellschaftlicher Ebene über den "Deutungsrahmen von Kunst und Meinungsfreiheit."

"Jung Brutal Gutaussehend" (2009) und "Jung Brutal Gutaussehend 2" (2013) landeten beide auf dem Index – unter anderem wegen diskriminierenden Texten gegenüber Homosexuellen und Frauen.

Der Grund, warum "JBG3" für zwei Echos nominiert wurde,hat mit der Methode zu tun, durch die die Nominierungen zustande kommen: Diese richten sich nämlich größtenteils nach den Verkaufszahlen. Und weil "JBG3" mit acht verschiedenen Songs in den Top 20 landete, war eine Nominierung für "Album des Jahres" ziemlich wahrscheinlich.

Laut der Geschäfts- und Verfahrensordnung des Beirats gibt es aber keine Nominierungen für Alben, auf denen Inhalte zu finden sind, die "Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, in einer die Menschenwürde verletzenden Weise verunglimpfen".

Farid Bang kommentierte die Debatte bei Facebook folgendermaßen:

Dass ein Auschwitz-Vergleich zwar keine "politische Äußerung" sein muss, aber trotzdem für vom Holocaust Betroffene verletzend sein könnte, erwähnt er nicht.

Kollegah postete eine längere Instagram-Story, wo er unter anderem schrieb:

"Besorgte Gutmenschen bangen um ihre Kinder weil JBG3 die Menschheit ziemlich schocken tut."

– Kollegah bei Instagram

Außerdem rief er seine Follower auf, den "Mainstreammedien" RTL und BILD – die beide über die Diskussion berichtet hatten – bei Instagram "eure Meinung" zu sagen.

Der WDR veröffentlichte Ende März eine Doku zum Thema Antisemitismus im Deutschrap. Kollegah postete einen Link zu der Doku mit der Bildunterschrift: "Ist hier eine Verschwörung im Gange?"

Sendung: Filter vom 29. März 2018 - ab 15 Uhr