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Luis Trenker - Der schmale Grat der Wahrheit Statement von Drehbuchautor Peter Probst

Stand: 09.09.2015

Autor von "Luis Trenker - Der schmale Grat der Wahrheit" | Bild: BR/Lisa Hinder

"Luis Trenker war in meiner Familie ein Idol. Der Trenker-Hut gehörte zur festen Ausstattung meines Vaters, meine Mutter konnte nur mit Mühe verhindern, dass er ihn auch im Auto trug. Selbstverständlich verbrachten wir alle Ferien in Südtirol, in Brixen, St. Andrä, im Ulten- und im Schnalstal. Ich träumte davon, einmal so wettergegerbt und gebräunt zu sein wie Trenker, und setzte mich deswegen über Jahre einer möglichst intensiven Sonnenstrahlung aus. Später, bei meinen ersten Klettertouren, trug ich das Seil dekorativ außen am Rucksack. So hatte ich es in den Trenker-Filmen gesehen. Der österreichische Erstbesteiger eines Achttausenders machte mich darauf aufmerksam, was das für ein Blödsinn ist. 'Das Seil ist deine Lebensversicherung', sagte er 'pack es bloß in den Rucksack, wo es geschützt ist.'

Das Fernsehen spielte in meiner Kindheit keine große Rolle, aber wenn Luis Trenker erzählte, war das für die ganze Familie ein Pflichttermin. Ich habe mich damals nie gefragt, ob die packenden Geschichten auch wahr sind. In den Sechzigern gab es so viele alte Männer, die uns die Welt und vor allem die jüngere Vergangenheit in solchen Anekdoten erzählten. Dabei sprachen sie gern von der 'dunklen Zeit'. – In diese wollte ich mit meinem Drehbuch 'Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit' ein wenig mehr Licht bringen. Das erforderte eine Recherche, die so umfangreich wurde, wie bei keinem Drehbuch zuvor. Luis Trenker und seine frühe Geliebte Leni Riefenstahl nahmen es in ihren Lebenserinnerungen mit der Wahrheit nicht sehr genau und waren mehr bemüht, an der eigenen Legende zu stricken. Die Tagebücher von Joseph Goebbels empfand ich als Quelle auch nur eingeschränkt vertrauenswürdig. Aber in der Zusammenschau mit amtlichen Dokumenten, Briefen von Zeitzeugen und Presseveröffentlichungen formte sich ein, wie ich hoffe, einigermaßen treffendes Bild.

Es war mit Sicherheit ein völlig anderes, als mein Vater, ein mutiger Antifaschist, es im Kopf hatte, wenn er seinen Trenker-Hut aufsetzte.  Luis Trenker stellte sich als Paradefall eines opportunistischen Künstlers heraus, der Nazi-Deutschland und das faschistische Italien geschickt gegeneinander ausspielte und seine, aus den Erfolgen in der Anfangszeit des NS-Regimes entstandene, Hybris erst ganz am Ende der 12 Jahre büßen musste. Nach dem Krieg, als jeder einigermaßen normal empfindende Mensch unter einen schweren Schock litt und zu begreifen versuchte, hatte er die Chuzpe, ein eilig gefälschtes Tagebuch Eva Brauns unter die Leute und an die Öffentlichkeit zu bringen. Später, in den Sechzigern, hat er das als Jux abgetan. Das fand ich mehr als befremdlich.

Trotzdem wird von Luis Trenker seine unglaubliche Vitalität und sein außergewöhnliches Talent als mündlicher Erzähler bleiben. Er hat seinem Publikum stets das geliefert, was es hören wollte. Darin war er ein Meister. Eine gute Geschichte war für ihn allemal mehr wert als eine langweilige Wahrheit. Für einen Drehbuchautor ist Trenker damit Inspiration und Warnung zugleich."

Drehbuchautor Peter Probst


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