Abrechnung mit dem NS-Regime
"Dass vier große Nationen, erfüllt von ihrem Siege und schmerzlich gepeinigt von dem geschehenen Unrecht, nicht Rache üben, sondern ihre gefangenen Feinde freiwillig dem Richterspruch des Gesetzes übergeben, ist eines der bedeutsamsten Zugeständnisse, das die Macht jemals der Vernunft eingeräumt hat."
Robert H. Jackson, Chefankläger der USA, am 20. November 1945 im Saal 600 des Nürnberger Justizpalasts
Es war das erste Mal, dass führende Vertreter eines Regimes für Verbrechen gegen die Menschlichkeit persönlich haftbar gemacht wurden. Bisher mussten Staat und Volk gemeinschaftlich für die Folgen eines Krieges gerade stehen. Doch nach Ende des Zweiten Weltkrieges sollte alles anders laufen: Die drei Alliierten USA, Sowjetunion und Großbritannien einigten sich im Londoner Statut auf die Einrichtung eines völkerrechtlichen Tribunals unter Mitwirkung von Frankreich: den sogenannten Internationalen Militärgerichtshof. Damit wurden auch die Schlüsse aus den Fehlern gezogen, die nach dem Ersten Weltkrieg begangen wurden. Damals war es Deutschland selbst überlassen war, Kriegsverbrechen aufzuarbeiten – oder eben auch nicht.
Standortvorteil: Intaktes Gefängnis und Justizgebäude
Am 20. November 1945 trat der Internationale Militärgerichtshof zum ersten Mal zusammen. Der Nürnberger Justizpalast mit dem Saal Nummer 600 war während des Bombenkrieges nur leicht beschädigt worden und bot ausreichend Platz für einen umfassenden Prozess. Keine andere deutsche Stadt biete ein solches Gebäude, begründete US-Hauptankläger Robert H. Jackson damals die Wahl des Ortes, zumal praktischerweise gleich nebenan ein ebenfalls unzerstörtes Gefängnis stand. Ein knappes Jahr später, am 30. September und 1. Oktober 1946, sprach das internationale Militärtribunal die Urteile: Zwölf Nazi-Rädelsführer wurden zum Tode verurteilt, sieben bekamen langjährige Haftstrafen, drei wurden freigesprochen. Knapp drei Wochen später, am 16. Oktober 1946, wurden die Urteile vollstreckt.
Die "Nuremberg Principles"
Am 11. Dezember 1946 erklärten die Vereinten Nationen das bei dem Prozess in Nürnberg angewandte Recht zum Völkerrecht. Die Nürnberger Prozesse waren damit Vorläufer für ein Verfahren, das auch bei späteren internationalen Tribunalen, wie zu Ruanda oder Jugoslawien, angewandt wurden. Juristen sprechen heute von den "Nuremberg Principles". Und auch der Internationale Strafgerichtshof der Vereinten Nationen in Den Haag basiert auf den Nürnberger Prinzipien.
Festakt am 75. Jahrestag