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Verschleiß im Fingergelenk Arthrose: Was hilft gegen schmerzende, steife Finger?

Schmerzende, steife und verformte Finger: Das deutet auf eine Arthrose hin. Dabei kommt es zu einem fortschreitenden Gelenkverschleiß. Wie kommt es zu einer Arthrose, und was kann helfen?

Von: Julia Richter

Stand: 12.12.2021

Fingergelenks-Arthrose: Was hilft?  | Bild: BR

Verschiedene Finger und verschiedene Gelenke können von Arthrose betroffen sein. Patienten leiden darunter, dass vor allem wichtige Bewegungen im Alltag wie der Pinzettengriff oder das Ballen der Faust nicht mehr möglich sind.

Fingergelenks-Arthrose: die Symptome

Einfache Dinge, wie Nähen oder Brotschneiden, klappen nicht mehr so wie früher. Schuld sind die Gelenke. Elisabeth Rentel leidet unter Arthrose.  

"Die meisten Probleme habe ich im Mittel- und im Zeigfinger, weil die zum Greifen sehr wichtig sind. Und vor allen Dingen die Feinarbeit funktioniert die nicht mehr richtig, das merkt man dann beim Gemüseschneiden, beim Äpfelschälen, beim Kartoffelschälen, dann auch beim Gitarrespielen. Das geht jetzt nicht mehr."

Elisabeth Rentel, Arthrose-Patientin

Besonders jetzt im Winter verschlimmern sich die Beschwerden. In der Nacht und am Morgen sind sie besonders heftig. Auch Stefan Holzamer hat mit Einschränkungen zu kämpfen, etwa beim Schuhezubinden, beim Zwiebelschneiden oder beim Drücken des Deosprays.

"Die Arthrose habe ich eigentlich in beiden Händen, besonders schwer sind aber die beiden Zeigefinger. Im Alltag wurde es immer schlimmer, weil das starke Schmerzen waren. Ich konnte auch nicht mehr richtig greifen. Beim Tennisspielen ist mir immer der  Schläger aus der Hand geflogen, was dazu führte, dass ich das Tennisspielen aufgegeben habe."

Stefan Holzamer, Arthrose-Patient

Eine Arthrose beginnt meist schleichend

Eine Arthrose beginnt meist schleichend. Vor allem morgens fühlen sich die Gelenke steif an, später tun sie auch bei Bewegung und sogar in Ruhephasen weh. Zum Teil können die Gelenke auch anschwellen und gerötet sein. Typisch sind Achsabweichungen, also Verformungen und Verdickungen.

Arthrose: Ursache oft unklar

Bei Arthrose in den Fingergelenken sind Frauen nach den Wechseljahren deutlich häufiger betroffen als Männer. Fest steht: Nach dem 50. Lebensjahr nimmt der Verschleiß der Gelenke zu – aber auch die Gene spielen eine Rolle.

"Man unterscheidet zwei Formen der Arthrose: Die primäre Arthrose ist eine normale Verschleißerscheinung des Körpers, das heißt, die Gelenke verschleißen mit der Zeit beim Einen schneller, beim Anderen weniger schnell. Dem liegt in der Regel eine genetische Disposition zugrunde. Bei der sekundären Arthrose muss man die als Folge eines anderen Problems werten, zum Beispiel eines Stoffwechselerkrankung oder eines Unfalls."

Dr. med. Christian Kindler, Orthopäde, Schön-Klinik, München-Harlaching

Fingergelenks-Arthrose: Die Knorpel im Gelenk sind abgenutzt.

Wichtig ist, andere Gelenk-Erkrankungen wie Rheuma auszuschließen. Dazu wird unter anderem ein Blutbild gemacht. Der Arzt untersucht die Gelenke genau und prüft, inwieweit die Beweglichkeit eingeschränkt ist. Gelegentlich kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz, etwa ein CT. Meist sieht man im Röntgenbild gut, inwieweit die Abnutzung des Knorpels vorangeschritten ist.

"Bei der Arthrose kommt es zu einem Abrieb des Knorpels, das heißt wir haben von Anfang an eine gewisse Knorpelsubstanz im Gelenk und diese wird im Verlaufe des Lebens abgenutzt, so dass der Gelenkspalt immer schmaler wird und das Knorpelniveau immer niedriger. Das geht so lange bis der Knorpel quasi ganz weg ist und dann irgendwann Knochen auf Knochen reibt, und wir im Röntgenbild keinen echten Gelenkspalt mehr sehen."

Dr. med. Christian Kindler, Orthopäde, Schön-Klinik, München-Harlaching

Welche Gelenke sind betroffen?

Bei der Arthrose in den Fingern können betroffen sein:

  • die Fingerend-Gelenke (häufigere Heberden-Arthrose)
  • die Mittelgelenke (Bouchard-Arthrose) und
  • das Daumensattelgelenk

Bei Stefan Holzamer sind sowohl die Mittel- als auch die Endgelenke betroffen. Vor allem aber die Endgelenke bereiten ihm Beschwerden. Jahrelang hat er alles probiert, von Schmerzmitteln bis hin zu Physiotherapie.

"Der Leidensdruck wurde halt immer größer. Die Schmerzen waren eigentlich dauerhaft vorhanden. Ich kann mich eigentlich nicht erinnern, dass ich mal einen Tag hatte, an dem ich keine Schmerzen hatte."

Stefan Holzamer, Arthrose-Patient

Fingergelenks-Arthrose: Die richtige Behandlung

Ziel der Therapie bei Fingergelenks-Arthrose: Beweglichkeit erhalten

Stoppen kann man eine Arthrose nicht. Oberstes Ziel der Behandlung ist immer, die Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit zu verbessern und so weit möglich den weiteren Verschleiß zu bremsen.

Auch Stefan Holzamer versucht, Überanstrengungen und Fehlbelastungen zu meiden, holt sich außerdem Hilfsmittel wie bestimmte Schnürsenkel oder Griffverstärkungen. Weil die Schmerzen bleiben, entscheidet er sich am Ende für eine Operation.

OP: der Gelenkersatz

Fingergelenks-Arthrose: Es gibt unterschiedliche Operationen.

Eine bewährte OP-Methode ist der Einsatz eines Silikon-Platzhalters am Mittelgelenk (Swanson-Modell): Dazu wird an der Innenseite des Fingers ein Schnitt gemacht: Blutgefäße, Nerven und Sehnen werden freigelegt. Anschließend wird die Kapsel des Mittelgelenks entfernt. Dann werden die Knochenmarkräume im Innern vergrößert für die Prothese. Die muss gut passen, damit sich der Finger bewegen lässt.

"Ergänzend zu den Silikonplatzhaltern gibt es auch die Möglichkeit eines echten Gelenkersatzes an den Mittelgelenken, das ermöglicht auch eine gewisse Beweglichkeit in der Regel sogar mehr als bei den Swanson-Prothesen und nimmt in der Regel auch die Schmerzen komplett. Alternativ dazu gibt es aber auch die Möglichkeit, das Gelenk zu versteifen Welche Lösung dann für den Patienten die richtig ist, muss dann im Einzelfall entschieden werden."

Dr. med. Christian Kindler, Orthopäde, Schön-Klinik, München-Harlaching

Stefan Holzamer hat einen echten Gelenkersatz, also eine Endoprothese bekommen. Der Eingriff ist gut verlaufen, der 70-Jährige ist zufrieden:

"Natürlich ist die Arthrose nicht weg, in den anderen Fingern spüre ich sie auch. Aber die sind immer noch besser zu handhaben. Und da jetzt die beiden Zeigefinger operiert sind, kann ich auch wieder halbwegs vernünftig greifen."

Stefan Holzamer, Arthrose-Patient

Ergotherapie kann helfen

Auch Ergotherapie kann bei Fingergelenks-Arthrose helfen, Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität wieder zu steigern.

Auch bei Elisabeth Rentel sind alle Gelenke im Finger betroffen. Probleme bereiten ihr aber vor allem die Endgelenke – also ihre Heberden-Arthrose. Eine OP ist für sie kein Thema. Noch kann sie mit den Einschränkungen gut leben. Sie versucht, die Arthrose mit Ergotherapie in den Griff zu bekommen:

"Wir möchten, dass der Patient möglichst schmerzfrei ist. Wir haben verschiedene Möglichkeiten, das zu beeinflussen. Eine Möglichkeit wäre die manuelle Therapie, hierbei macht man eine Traktion, dabei wird das Gelenk sanft auseinander gezogen, der Nährstoffaustausch im Gelenk verbessert sich, der Knorpel nimmt mehr Flüssigkeit auf, und ich habe dadurch ein größere Beweglichkeit."

Axel Fiedler, Leiter der Ergotherapie, Schön-Klinik, München-Harlaching

Bei Arthrose-Schmerzen hilft meist Wärme

Bei den meisten Patienten werden die Beschwerden im Winter schlimmer. Los geht es deswegen mit einer Wärmebehandlung: Bei Arthrose-Schmerzen hilft meist Wärme. Ideal ist ein Bad mit warmen Raps-Samen oder ein Paraffinbad, um die Durchblutung anzuregen. Für zu Hause gehen auch Linsen aus der Mikrowelle.

Arthrose: Bewegungstrainig hilft

Wichtig: Leiden Betroffene unter einem akuten entzündlichen Schub, ist Hitze tabu, dann lindern kalte Umschläge die Beschwerden. Gezielte Übungen mit Therapie-Knetmasse, helfen die Feinmotorik zu verbessern. Die Krankenkasse übernimmt 20 Behandlungen, dann muss man etwa ein Vierteljahr pausieren, ehe die Therapie fortgesetzt werden darf.

Hilfsmittel können den Alltag erleichtern

Für Arthrose-Patienten gibt es unterschiedliche Hilfsmittel, die den Alltag erleichtern.

Spezielle Hilfsmittel wie runde, dicke Flaschenöffner, Stift- oder Messerverdickungen oder spezielle Schnürsenkel aus Gummizug können den Alltag erleichtern. Und sie ermöglichen eine bessere Druckverteilung auf mehrere Gelenke. Wichtig ist auch achsengerechtes Arbeiten, Elisabeth Rentel etwa lernt in der Therapie, wie sie ein Handtuch oder einen Lappen richtig auswringen kann, ohne die Gelenke zu überdehnen.

"Es ist zu erwarten, dass der Patient deutlich weniger Schmerzen hat im Alltag. Er hat dadurch eine gesteigerte Lebensqualität und kann deutlich länger Tätigkeiten durchführen."

Axel Fiedler, Leiter der Ergotherapie, Schön-Klinik, München-Harlaching

Therapie-Option: Versteifung der Endgelenke

Versteiftes Fingergelenk

Wenn all das nicht reicht, kommt eine Versteifung des Endgelenkes infrage: Dabei wird der Finger begradigt und dann unter Röntgenkontrolle eine Schraube eingesetzt – so wird das Endgelenk versteift. Dadurch verschwinden die Schmerzen. Die Patienten können später dennoch weitgehend normal greifen.

Was bringen Diäten und Nahrungsergänzungsmittel?

Nahungsergänzungsmittel: Was bringen sie bei Arthrose?

Manche Patienten schwören auf bestimmte entzündungshemmende Lebensmittel wie etwa Ingwer und Kurkuma. Manche essen bewusst wenig rotes Fleisch oder kaufen Nahrungsergänzungsmittel mit Kollagen, Glucosamin, Chondroitin oder Teufelskralle. Sie sollen knorpelaufbauend und -schützend sein. Aber bringt das etwas?

"Eine Diät zur Gewichtsreduktion kann die Gelenke entlasten und so Beachwerden lindern. Das kann etwas bringen, etwa bei den Kniegelenken. Bei den Fingergelenken ist der Effekt nicht vorhanden. Bezüglich der ganzen Nahrungsmittel-Ergänzungen oder der Substrate muss man sagen, dass für sämtliche Substrate und Ergänzungen der Nachweis nicht erbracht ist. Das heißt, wir können es aus medizinischer Sicht nicht wirklich empfehlen."

Dr. med. Christian Kindler, Orthopäde, Schön-Klinik, München-Harlaching

Spritzenbehandlungen mit Kortison oder Hyaluronsäure können kurzfristig Beschwerden lindern. Sie bringen aber keinen dauerhaften Effekt.


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