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Schießerei in Christiania Der Hippie-Traum droht zu platzen

Sie galt mal als wahr gewordene Utopie: Christiania, eine Hippie-Gemeinde in Dänemark. Vor einigen Tagen gab es dort eine Schießerei. Und die hat gezeigt: So idyllisch wie einst geht es in Christiania schon lang nicht mehr zu.

Von: Johanna Zach

Stand: 05.09.2016 | Archiv

Chrisitania Kopenhagen | Bild: picture-alliance/dpa/EPA/MARIE HALD

Ein Dorf ohne Autos, Waffen und Polizei. Bunte Häuser, die an Pippi Langstrumpf erinnern und überall glückliche, bekiffte Menschen. So ungefähr sieht das Konzept Christiania aus - eine kleine Gemeinde in Dänemark. Auf einem alten Militärgelände in Kopenhagen leben knapp 1.000 Menschen. Die Hippie-Gemeinschaft wurde in den 70er-Jahren gegründet, seit 2011 gehört den Bewohnern das Gebiet offiziell. Ihr alternativer Lebensstil und der Haschischkonsum werden von der Stadt Kopenhagen geduldet. Christiania ist aber nicht nur die größte Freistadt Dänemarks, sondern auch eine der größten Touristenattraktionen. In dem Ort sieht man viele Märkte, Cafés, Dealer und Touristen - aber kaum Bewohner. Was ist aus den alten Prinzipien geworden? Funktionieren Selbstjustiz und Unabhängigkeit vom Staat?

Drogen und Touristen statt Freiheit und Gemeinschaft

Scheinbar nicht mehr. Letzte Woche hat ein 25 Jahre alter Drogendealer bei einer Routineüberprüfung der Polizei seine Waffe gezogen und geschossen. Dadurch wurde nicht nur ein Polizist, sondern auch ein Tourist verletzt. Die Polizei schoss zurück, der Dealer ist am nächsten Tag an seinen Verletzungen gestorben.

Waffen und Polizei - das hat doch eigentlich nichts in Christiania verloren?! Die Realität sieht aber anders aus: Die Freistadt geht vielen Dänen schon immer ordentlich gegen den Strich. Als die Polizei 2004 versucht hat den Drogenhandel in Christiania zu beenden, haben die Bewohner die Dealerbuden zwar abgerissen, kurz darauf wurde das Geschäft aber von organisierten Drogenbanden wieder aufgenommen. Seitdem ist in dem friedlichen Hippie-Viertel ein kriminelles Drogenmilieu gewachsen. Der Drogenumsatz wird auf 70 bis 130 Millionen Euro jährlich geschätzt. Die Probleme mit harten Drogen und Gewalt nehmen zu, der Druck der Stadt auf die Bewohner Christianias wird größer. Die Freiheiten, die der Freistadt eingeräumt wurden, wurde von kriminellen Banden zum Drogenhandel ausgenutzt. Zum Leid der Bewohner...

Hat die Hippie-Bewegung eine Zukunft?

Vom Ursprungsgedanken ist gerade in der Hauptstraße nicht mehr viel übrig geblieben. Die Bewohner haben davon jetzt genug. Am Freitag wurden die Drogenstände in der sogenannten Pusher Street erneut abgerissen, überall hängen Notizen mit der Message "Hilf Christiania, kauf dein Hasch woanders". Die Christianier helfen der Polizei aktiv gegen die Drogendealer von außerhalb vorzugehen. Die Hoffnung auf ein Christiania, wie es einmal war, ist groß. Und auf eine Legalisierung des Haschischhandels - um den kriminellen Banden das Handwerk zu legen. Davon ist die Regierung in Dänemark aber noch weit entfernt.


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