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Ruhmeshalle Tricky - Maxinquaye

Genie und Wahnsinn lagen bei Tricky schon immer nah beieinander. Am besten hört man das auf seinem Debüt "Maxinquaye". Ein Album, das unerreicht bleibt. Und selbst von Tricky nie mehr erreicht wurde.

Von: Bettina Dunkel

Stand: 15.07.2008 | Archiv

Düster, sexy und innovativ: Tricky | Bild: Joseph Cultice

"Maxinquaye" – einen Track mit diesem Titel sucht man auf dem Debüt von Tricky vergebens. Maxine Quaye ist schlicht und einfach der Name seiner Mutter. Ein braver Junge also? Ja. Und nein. Denn als der damals 27-Jährige sein erstes eigenes Album herausbringt, steckt er knietief im Drogensumpf. Dauerstoned und undurchschaubar: so wie Tricky war auch seine Musik.

Mehr als ein Kiffer mit Hang zum klugen Recycling

Albumcover "Maxinquaye" von Tricky  | Bild: Universal

Tricky galt als Ausnahmetalent, seine Kreativität war im wahrsten Sinne des Wortes unerhört. Gleichzeitig war er unglaublich faul. Das Sample von "Hell Is Round The Corner" hatte man ein Jahr zuvor schon bei Portishead gehört. Und den Text kann man so auch auf "Eurochild" hören – ein Stück, das er zusammen mit Massive Attack für deren Album "Protection" aufgenommen hat. Natürlich war und ist Tricky mehr als ein Kiffer mit Hang zum klugen Recycling. Selbst wenn er sich und andere coverte: was Tricky unter seinem Namen veröffentlichte, war akustisches Neuland. Düster, träge, sexy, knisternd. Mal sanft, mal aggressiv. Oder surreal. Wie das Cover von Public Enemys "Black Steel in the Hour of Chaos".

Die weniger atemlosen Duette mit seiner Sängerin und Muse Martina Topley-Bird sind der Grund dafür, dass Tricky von faulen Journalisten noch heute dem Genre Trip Hop zugeordnet wird. Dabei war das Liebesgeflüster der beiden von Anfang an viel zu entrückt – und definitiv keine Fahrstuhlmusik: Erotik ersetzte Romantik, Dirty Talk das bloße Geturtel.

Eine ganz andere Liga

"Abbaon Fat Tracks" zum Beispiel beginnt mit den Worten "Fuck you in, tuck you in, suck you in" – und schraubt sich im weiteren Textverlauf in immer schlüpfrigere Sphären. Manch einem war das zu viel, Tricky wurde Pornografie vorgeworfen. Ihm war das egal, in Musik gegossener Designer-Sex war nie sein Ding. Er steuerte auf "Maxinquaye" lieber von einem Höhepunkt zum nächsten.

Auch "Brand New, Your Retro" ist so ein Highlight. Den Basslauf aus diesem Stück kennt jeder: er stammt aus "Bad". Tricky hatte also die Chuzpe, Michael Jackson zu sampeln. Und spätestens da begreift jeder: Der Mann hat mit seiner Liebes- und Diebesbeute etwas so Eigenes gezimmert, dass alle Vergleiche in die Tonne getreten werden müssen. Tricky passt in keine Schublade. Er ist sein eigenes Genre. "Maxinquaye" ist aus der Zeit gefallen - und somit ein Album, das in einer ganz eigenen Liga schwebt.


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