"Learning by Schmerzen" Das sagt ein Therapeut zum neuen Album von Taylor Swift

Look, what you made us do: Auf Taylor Swifts neuem Album "Reputation" steigert sich die Sängerin textlich so richtig in ihre Rachefantasien rein. Wir haben einen Paartherapeuten gefragt, was ihr Ex zu befürchten hat.

Von: Stefan Sommer

Stand: 08.11.2017 | Archiv

Taylor Swift | Bild: picture-alliance/dpa

Die Google-Suchanfrage "Taylor Swift Trennung" bringt 143.000 Treffer. Die amerikanische Pop-Sängerin hat, glaubt man den einschlägigen Promi-Magazinen, ein paar roughe Jahre hinter sich. Ihre Trenunngen in chronologischer Abfolge seit 2010: Jake Gylenhaal, Harry Styles, Calvin Harris, Tom Hiddleston. Alles natürlich weltweit begleitet von den "Swift-im-Liebesglück"- oder "Alles-zur-tragischen-Trennung"-Storys.

Jetzt erscheint mit "Reputation" ihr sechstes Studioalbum - wie beim Vorgänger "1989" ein popkulturelles Großereignis. Die Vorab-Single "Look what you made me do" thematisiert ihre verflossenen Liebschaften und in welche Rolle sie die bösen, bösen Ex-Partner und Medien nun drängen würden.

Wütend und verletzt legt sie sich auf "Look what you made me do" ein Alter-Ego zu, das nach Rache sinnt. Trotzdem: Weil zwischen den Figuren in ihren Texten und Taylor Swift selbst bisher oft große Ähnlichkeit bestand, macht uns das alles irgendwie Sorgen. Verarbeitet sie auf "Reputation" diese traumatischen Erlebnisse? Steht ihr der Sinn wirklich nach Blutrache? Die Tracklist von "Reputation" lässt jedenfalls Böses erahnen: "Don't blame me", "I did something bad" und "End Game". Das schreit laut und deutlich: "INTERVENTION"! Taylor, wir müssen reden. Am besten mit einem Therapeuten.

Jochen Rögelein ist Paar-, und Sexualtherapeut in München. In seiner Praxis arbeitet er Coach und Trainer an Problemen, die Paare selbst nicht mehr lösen können. Wie er sagt, können "ungelöste Konflikte mit der Zeit chronisch werden." Der richtige Mann also, um das Gefahrenpotential von Taylor Swift und ihren Zustand für uns zu beurteilen.

"I've got a list of names and yours is in red underlined.”

"Wie so oft in Literatur und Musik wird unser kulturelles Skript der romantischen Liebe thematisiert, hier allerdings nicht die ersehnte, sondern die erfahrene Form: Symbiose und ihre manchmal schrecklichen Folgen. Eine Beziehung in totaler Verschmelzung bis hin zur Selbstaufgabe und damit der Gefahr, zum Spielball des Partners werden zu können. Das eben scheint ihr passiert zu sein mit der entsprechenden Kränkung oder Verletzung. Vielleicht wurde sie um ihr sauer Erspartes gebracht, vielleicht aber auch der Geschlechtsakt mit ihrer besten Freundin vollbracht, vielleicht ging er Zigaretten holen ohne Wiederkehr. Vor einer Therapie sollte sich ihr Gegner (Ex-Partner) vielleicht doch lieber in Sicherheit bringen...."

Dr. Jochen Rögelein

"Look what you made me do!”

"Paardynamisch betrachtet, kommen Rachegelüste recht oft vor und sollten bearbeitet werden, weil eine hartnäckige Opferidentität entstehen kann, die der Betreffende wahrscheinlich aber bestreiten wird. Jetzt schwört sie Rache, kein Wunder. Aber keine logische Folge. 'Learning by Schmerzen' scheint der Ausbildungsweg zu heißen in unseren Beziehungen. Ob Rachegefühle immer per se gefährlich sind, muss im Einzelfall untersucht werden. Im vorliegenden Fall würde ich mich aber nicht festlegen wollen. Der Mord am Ex basiert umgekehrt aber natürlich auf Rachegefühlen, auch hier ist man leider erst hinterher schlauer."

Dr. Jochen Rögelein

"I don't trust nobody and nobody trusts me, I'll be the actress starring in your bad dreams."

"In einer systemischen Nachbearbeitung während ein paar Therapiestunden, würde man mit ihr das Thema 'Abhängigkeit' und das so oft naiv gewünschte 'Blinde Vertrauen' besprechen. Das ist nämlich die Grundlage ihres Leidens. Es geht dabei um die Nähe-Distanz-Regulation und das Beziehungsmanagement. Ein Akt der Emanzipation vom Anderen und von seinen eigenen Dépendencen findet statt. Aus Schaden wird der Mensch eben auch klug oder zumindest wie in diesem Fall auch misstrauisch."

Dr. Jochen Rögelein

So. Wenn ihr immer noch Zweifel habt und denkt, dass wir frustrierten Hater hier maßlos übertreiben: Im Video zu "Look what you made me do" schaufelt sich Taylor selbst, als Zombie verkleidet, ein Grab. Bedeckt anschließend eine in der Grube liegende Märchenprinzessinnen-Version von sich selbst mit Erde … um anschließend - nach großem Kostümwechsel - auf einem Edelsteinthron sitzend als bitchy Königin mit goldenen Krallenfingernägeln von einer fauchenden Giftschlange Tee serviert zu bekommen. Wir bleiben dabei: INTERVENTION!

Sendung: Filter, 10.11.2017 - ab 15 Uhr