Neues Album nur auf Tidal Warum Jay Zs Exklusivitätswahn zu weit geht

Jay Z mag es exklusiv. Sein neues Album 4:44 gibt’s vorerst nur auf Tidal. In den USA muss man außerdem noch den richtigen Mobilfunkanbieter haben, um das neueste Machwerk des Shawn Carter anhören zu können. Geht’s noch?

Von: Malte Borgmann

Stand: 01.07.2017 | Archiv

Jay-Z | Bild: picture-alliance/dpa

Es gibt ein neues Album von Jay Z. Seit Wochen war das halbe Internet zugekleistert mit Werbebannern und rätselhaften Trailern für "4:44", den dreizehnten Eintrag in der langen Diskografie des Jay Hova, und jetzt ist er also da, der neue Langspieler. Ein Kanye-Diss ist drauf, ein Feature von Frank Ocean, ein Duett mit der Angetrauten Beyoncé – alles sehr aufregend, es gibt nur ein Problem: Man kann sich das alles nicht anhören. Also, wenn man kein Tidal-Kunde ist, versteht sich.

Niemand dürfte aus allen Wolken fallen angesichts der Tatsache, dass es das neue Jay-Z-Album nur auf dem von Herrn Jay Zs gebründeten Streamingdienst zu hören gibt – auch wenn die Konkurrenz Spotify und Apple Music mittlerweile komplett von der Exklusiv-Release-Strategie abgerückt ist, weil sich gezeigt hat, dass der Endverbraucher im Zweifelsfall lieber auf illegale Angebote zurückgreift als wegen einiger weniger Prestige-Veröffentlichungen drei Streaming-Dienste gleichzeitig zu abonnieren.  Jay Z aber scheint immer noch zu glauben, dass der Exklusiv-Release das richtige Mittel ist, um seinen dahinkrebsenden Streaming-Flop Tidal zu retten. Obwohl das schon mit dem letzten Kanye-Album nicht wirklich funktioniert hat. Und dem letzten Rihanna-Album. Und dem letzten Beyoncé-Album auch nicht.

Und es wird ja noch besser! In den USA brauchen Tidal-Neukunden offenbar zusätzlich noch einen neuen Mobilfunkvertrag um "4:44" anhören zu können. Einen. Neuen. Mobilfunkvertrag. Das berichtet die Musiknews-Seite Pitchfork. Wer sich in den USA heute bei Tidal anmeldet und auf das neue Album von Jay Z klickt, dem wird folgender Hinweis angezeigt:

Wie kommt's? Nun, Tidal geht’s finanziell nicht so wahnsinnig gut – möglicherweise hätte der Streaming-Anbieter mittlerweile schon die Segel streichen müssen, wäre nicht der amerikanische Mobilfunkanbieter Sprint mit einem 200-Millionen-Dollar-Investment um die Ecke gekommen, wie Forbes berichtet. Dafür gehören dem Unternehmen jetzt 33 % von Tidal, und der Konzern kann anscheinend diktieren, dass man – zumindest in den USA – nicht nur Tidal- sondern auch Sprint-Kunde sein muss, um neue Musik anhören zu können.

Schon sein letztes Album hatte Jay Z meistbietend an einen Technikkonzern verhökert. "Magna Carta Holy Grail" erschien 2013 zunächst exklusiv für die Besitzer von Samsung-Smartphones. Ein Album das damals schon kaum jemand gehört hat, und das heute erst recht keine alte Sau mehr interessiert. Und zwar zu Recht! Wie kann man seine Fans so verarschen? Wie kann man seine eigene Kunst so mit Füßen treten? Ein ganzes Album degradiert zur Abo-Prämie – damit Jay Z und sein Streaming-Reinfall Tidal von einem Mobilfunkkonzern das Geld in den Arsch geblasen bekommen.  Danke, aber nein danke!

Sendung: Filter, 30.06.2017 ab 15 Uhr