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TSV 1860 München Zwei Fast-Abstiege und das große Aufräumen

In der Saison 2014/15 konnte der Klassenerhalt erst in der Relegation gesichert werden. Ein Warnschuss? Von wegen: Es folgte der Sommer der Querelen und nochmaliger Abstiegskampf. Erst danach folgte das große Aufräumen.

Stand: 01.08.2016 | Archiv

Halteverbot vor der Sechziger-Geschäftsstelle | Bild: picture-alliance/dpa

Auch in der Saison 2014/15 klappte es nicht mit dem vom Mäzen angepeilten Aufstieg ins Fußballoberhaus - im Gegenteil: Der TSV 1860 München konnte den Absturz in die dritte Liga erst in der allerletzten Minute gerade noch verhindern.

Bilanz der Saison 2014/15

Vom Niemandsland in die Abstiegszone

Über Platz elf kamen die Löwen in der Saison 2014/15 nie hinaus, bereits am zweiten Spieltag schnupperten sie am Relegationsplatz. Der höchst gefährliche 15. Tabellenplatz wurde der "Stammplatz" der Sechziger. 15 Mal standen sie am gerade noch rettenden Ufer, auch nach dem vorletzten Spieltag.

Drei Trainer in einer Saison

Der enttäuschende Saisonverlauf äußerte sich auch in zahlreichen Trainerwechseln. Der neu geholte Ricardo Moniz wurde schon nach dem siebten Spieltag wieder entlassen. Markus von Ahlen kehrte an die alte Wirkungsstätte zurück. Aber auch der wurde nach nicht einmal einem halben Jahr beurlaubt. Es folgte Torsten Fröhling, der Trainer der U21-Mannschaft. 

Kollegenhilfe am letzten Spieltag

Am letzten Spieltag mussten die Münchner zum Karlsruher SC. Sie verloren die Partie mit 0:2, Konkurrent FSV Frankfurt zog vorbei. Erzgebirge Aue aber holte nur ein Unentschieden. Punktgleich und mit einer um fünf Treffer besseren Tordifferenz retteten sich die Löwen in die Relegation.

Entscheidung in allerletzter Minute

In den Relegationsspielen gegen Holstein Kiel trafen die Sechziger 137 Minuten lang nicht. Das Hinspiel endete 0:0. In München ging der unterklassige Gegner sogar in Führung. Trotz des Ausgleichstreffers war der TSV nach 90 Minuten eigentlich abgestiegen. Erst in der ersten Minute der Nachspielzeit erzielte Kai Bülow das Siegtor - die Rettung.

Am Tag des Relegations-Rückspiels meldete sich der Investor zu Wort. Die Saison sei für ihn "sportlich nicht wirklich zufriedenstellend verlaufen.“ Außerdem wünsche er sich, "dass das die Geburtsstunde einer Mannschaft werden kann.“ Das alles hörte sich nach Aufräumarbeiten an und einem Neubeginn. Es sollte aber anders kommen.

Chronik der Löwen-Querelen

7. Juni: Vereinsführung steht hinter dem Sportdirektor

Nach der geglückten Rettung steht die Vereinsführung laut Aufsichtsrat Noor Basha trotz der insgesamt miserablen Saisonbilanz hinter dem Sportdirektor: "Wir glauben an unser Konzept und wir glauben an Poschner."

14. Juni: Verein und Investor reden wieder miteinander

Im Laufe der Woche hat es laut einer Löwen-Pressemeldung "erstmals seit längerer Zeit wieder direkten persönlichen Kontakt und intensive Diskussionen zwischen Verein und Investor gegeben." Dadurch soll auch Spekulationen der Riegel vorgeschoben werden – und die gibt es reichlich.

16. Juni: Ismaik fordert neuen Trainer

Der Investor spricht sich laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung gegen Trainer Fröhlich aus: "Wir brauchen einen stärkeren Trainer und mehr Spieler." Ismaik wettert also ausgerechnet gegen den Mann, der die Sechziger vor dem Abstieg bewahrt hat - und der in nicht mal einer Woche das Training der Sechziger beginnen soll. Dabei hatte sich Fröhlich anscheinend schon mit Sportchef Gerhard Poschner auf eine weitere Zusammenarbeit geeinigt.

18. Juni: Spekulationen um Magath

Spekulationen wollen die Verantwortlichen ja eigentlich vermeiden, jetzt kommen sie aber massiv. Felix Magath soll laut Medienberichten zu den Löwen kommen, um dort die alleinige sportliche Verantwortung zu bekommen und zudem die Anteile des bisherigen Investors übernehmen. Das wäre gleichbedeutend mit dem Aus für Ismaik, für Sportdirektor Poschner und Trainer Fröhling.

18. Juni: Dementi vom Statthalter

Das Dementi folgt zugleich. Noor Basha, Aufsichtsratsmitglied und Statthalter von Ismaik widerspricht den Meldungen: "Magath kommt nicht. Alles, was da gemeldet wird, ist nicht richtig."

19. Juni: Absage der Mitgliederversammlung

Klärende Worte vom Präsidium sind nicht zu vernehmen – aber vielleicht bringt ja die in zwei Tagen angesetzte Mitgliederversammlung Licht ins Dunkel? Von wegen: Genau diese Veranstaltung wird von der Vereinsspitze abgesagt und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Laut Vereinsmitteilung finden "höchst intensive Verhandlungen für eine zukunftsfähige Basis mit dem Investor statt", für eine Mitgliederversammlung fehle die Zeit.

19. Juni: Rücktritt der Vereinsführung

Das Präsidium und die Vereinsvertreter im Beirat des TSV 1860 München erklären am späten Abend geschlossen ihren Rücktritt. Begründung: Die Gespräche mit dem Investor sind gescheitert. Sie wollen "den Weg für einen Neuanfang frei machen," sagt Aufsichtsrats- und Beiratsmitglied Karl-Christian Bay.

19. Juni: Profi-Fußball nicht in Gefahr

Der Stand drei Tage vor dem Trainingsauftakt: Kein Präsidium, ein Trainer auf dem Schleudersitz und von größeren Neuverpflichtungen kann man nur träumen. Trotzdem erklärt die Löwen-Geschäftsführung, das operative Geschäft in der Profi-Fußballabteilung sei von der aktuellen Entwicklung "nicht beeinflusst".

20. Juni: Vertragsverlängerung mit Trainer Fröhling

Dabei hatte das Präsidium in seiner letzten Amtshandlung der Vertragsverlängerung des Trainers zugestimmt. Das gibt jetzt Sportdirektor Poschner bekannt.

22. Juni: Verwaltungsrat ernennt Übergangspräsidium

Und siehe da, am Tag des Trainingsauftakts haben die Sechziger nicht nur einen amtierenden Trainer. Sie bekommen auch ein neues Präsidium – zumindest vorübergehend: Der Verwaltungsrat hat den den Verwaltungsratsvorsitzenden Siegfried Schneider zum Übergangspräsidenten gewählt, die Vertretung übernimmt Karl-Christian Bay.

26. Juni: Einladung zur Mitgliederversammlung

Der neue Termin für die verschobene Mitgliederversammlung ist fix: Diese soll am 12. Juli stattfinden. Dann wählen die Mitglieder einen neuen Verwaltungsrat. Der schlägt ein endgültiges Präsidium vor – und das muss auf einer weiteren Mitgliederversammlung bestätigt werden.

10. Juli: Gemeinsame Erklärung der Löwen-Gesellschafter

Zwei Wochen hat die trügerische Ruhe bei den Löwen gedauert. Jetzt aber geben die Gesellschafter bekannt, dass Gerhard Poschner als Geschäftsführer abberufen wird. Sein Nachfolger wird Noor Basha. Poschner bleibt den Löwen aber als Sportdirektor erhalten - auf Bewährung.

12. Juli: Mitgliederversammlung

Die verschobene Mitgliederversammlung findet statt und wählt einen neuen Verwaltungsrat. Der sollte jetzt eigentlich das neue Präsidium vorschlagen.

15. Juli: Präsidiumswahl im Herbst

Von wegen: Der Verwaltungsrat setzt die Neuwahl für den Herbst an und verlängert das Mandat der Übergangsführung. Siegfried Schneider bleibt vorerst Interimspräsident. Der Vizepräsident und Schatzmeister Heinz Schmidt soll bis zum Sommer 2016 bleiben.

30. Juli: Sportdirektor Poschner wirft das Handtuch

In einem offenen Brief schreibt Poschner, er habe seinen Vertrag bei den Löwen "außerordentlich fristlos gekündigt". Verbunden mit einer Spitze in Richtung 1860, indem er dem Klub Strukturen wünscht, "die ein professionelles und erfolgsorientiertes Arbeiten ermöglichen." Wenig später bestätigt der Verein die Trennung, Poschners Aufgaben soll "bis auf Weiteres" Necat Aygün übernehmen. Das Sommertheater geht also in die Verlängerung.

Bilanz des Löwen-Sommers 2015

1860-Maskottchen - zum in die Luft gehen!

Das entscheidende Relegationsspiel wurde zwar durch zwei späte Treffer von Daniel Adlung (78.) und Kai Bülow (91.) mit 2:1 gewonnen. Das reichte eben so für den Klassenerhalt. Doch statt eines Aufbruch gab es wieder Stillstand. Die Bilanz zum Ende der Sommerpause im Juli 2015 lautete: ein Übergangspräsidium, ein als Geschäftsführer geschasster Sportdirektor (der bald darauf auch das Handtuch werfen sollte) und ein vor einem Monat vom Investor als nicht stark genug eingestufter Trainer. Immerhin gab nun es einen neuen Verwaltungsrat und einen neuen Geschäftsführer, aber am ersten Spieltag gerade einmal drei Neuzugänge - einer davon nicht fit. Bereits da zeichnete sich die nächste schwierige Saison ab.

Löwen-Urgestein Bierofka rettet die Löwen in der Saison 2015/2016

Torsten Fröhling, der die Sechziger durch die knapp überstandene Relegation gerettet hatte, musste bereits im Oktober 2015 für Benno Möhlmann den Platz räumen. Dem erging es allerdings auch nicht besser als seinem Vorgänger. Am Saisonende musste Löwen-Urgestein Daniel Bierofka als Retter in höchster Not einspringen. Mit seiner Hilfe schafften die Münchner durch den Sieg gegen den SC Paderborn den Klassenerhalt am vorletzten Spieltag. Dabei hatte der Trainer der zweiten Mannschaft mangels A-Lizenz doch eigentlich nur dank einer Sondergenehmigung des DFB drei Wochen lang coachen dürfen. So richtig groß feiern konnte er seinen Triumph dann aber doch nicht, in der Abschlusspartie saß Co-Trainer Denis Bushuev auf der Bank. Der TSV entging damit zum zweiten Mal hintereinander dem Abstieg nur um Haaresbreite.

Neuer Sportdirektor und Trainer auf der Suche nach der Erfolgsspur

Aber dann wurde bei den Löwen kräftig aufgeräumt. Im Juni war Peter Cassalette zum neuen Präsidenten gewählt worden. Am 1. August übernahm Eichin die sportliche Leitung beim TSV von seinem glücklosen Vorgänger Oliver Kreuzer. Mit Kosta Runjaic wurde ein zweitligaerfahrener Trainer geholt. Zudem kam Stefan Aigner zurück an die Isar. Der Mittelfeldmann war der vierte Neuzugang für die Saison 2017/17, der sogar Bundesligaerfahrung in den Kader mitbringt. Gute Aussichten also, dass der TSV auf die Erfolgsspur zurückkerhren könnte.


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