Bayerisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz Polizei soll sehen dürfen, ob du in der Psychiatrie warst

Künftig soll die bayerische Polizei in Krankenakten ehemaliger Psychiatriepatienten schauen dürfen - auch wenn diese nicht straffällig geworden sind. Psychologen sagen: Das ist Diskriminierung. Ministerpräsident Söder hält dagegen.

Von: Tobias Krone

Stand: 17.04.2018 | Archiv

Bayerisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz | Bild: BR

Egal, ob Horrortrip unter Cannabis oder krasse Angstzustände: Wer psychisch erkrankt ist, hat oft einen mühsamen Heilungsprozess vor sich. In Zukunft aber könnte so eine Krankheit noch problematischer werden. Zumindest, wenn die bayerische Staatsregierung ihr neues "Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz" einführt. Danach sollen Menschen, die nach einer Zwangsunterbringung wieder aus der Psychiatrie rauskommen, der Polizei gemeldet werden. Obwohl sie gar keine verurteilten Straftäter sind. Außerdem sollen sie fünf Jahre lang in einer zentralen Datei landen. Die können die Polizei und andere Behörden checken – inklusive Diagnose und Befund.  

Das Gesetz würde das Patientengeheimnis verletzen

Psychiater wie der Leiter der Bezirksklinik Oberfranken schlagen jetzt Alarm. Aus mehreren Gründen. Der eine ist ganz einfach: Das Gesetz würde das Patientengeheimnis verletzen.

"Ich muss den Patienten ja auch darüber aufklären: Wo gebe ich seine Daten hin. Und er kann mir auch untersagen, dass ich seinen Hausarzt informiere. Insofern müsste Patienten eigentlich das Recht eingeräumt werden, dass sie einer solchen Datenübermittlung widersprechen können."

Professor Thomas Kallert, Direktor des Bezirkskrankenhauses Oberfranken

Aber dieses Recht sieht der Gesetzentwurf nicht vor. Für die bayerische Landesregierung, die dieses Gesetz noch vor der Landtagswahl durch den Landtag bringen will, steht der "Schutz der Bevölkerung" im Vordergrund. Schließlich gehe es bei dem Gesetz ja um Menschen, die eingeliefert wurden, weil sie sich oder andere gefährdet haben, so die Argumentation.

Der Psychiater Thomas Kallert hält dagegen: Nur weil einer in einer Krisensituation mal gewalttätig geworden ist, heiße das nicht, dass er grundsätzlich gewalttätig sei. Kallert sieht keinen Grund für eine besondere Überwachung – und hält das Gesetz für diskriminierend.

"Was uns stört, ist die Art und Weise, wie insbesondere Bayern das jetzt regelt und psychisch Kranke in die Ecke stellt: Es handele sich hier um Menschen, von denen auch künftig potenziell weitere Gefahren ausgehen."

Professor Thomas Kallert

Ministerpräsident Söder verteidigt den Plan

Für alle verurteilten Gewalttäter mit psychischen Krankheiten gebe es schließlich gesonderte Gefängnis-Psychiatrien. Aber die hätten nichts mit den Menschen zu tun, die wegen einer akuten Krise eingeliefert werden.  Auch der Regensburger Caritas-Verband sieht das so: "Psychische Erkrankungen sind kein Verbrechen, sondern ein Leiden."

Nachdem jetzt auch SPD, Grüne und Linke den Gesetzentwurf scharf kritisiert haben, hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den Plan verteidigt: "Wir wollen niemanden stigmatisieren und nehmen die Bedenken ernst." Für Änderungen in Detailfragen sei er offen, "aber die Grundrichtung wollen wir erhalten."   

In den kommenden Wochen beraten Experten und der Landtag zu dem Gesetzentwurf. In Kraft treten könnte das Gesetz noch vor der Sommerpause.

Sendung: Filter, 17.4.2018, ab 15 Uhr