100. Bravo Hits, Hits, Hits "Die Bravo Hits waren so etwas wie heute das iPhone"

Jeder fand sie geil, jeder hatte sie: eine Bravo Hits Compilation. Vor kurzem ist die 100. Ausgabe der Reihe erschienen. Wir haben mit ihrem Erfinder, Thomas Schenk, über sein gigantisches Werk gesprochen.

Von: Christina Wolf

Stand: 27.02.2018 | Archiv

Cover der Bravo Hits 100 | Bild: picture-alliance/dpa

Ob man wollte oder nicht – kaum jemand von uns ist in seiner Jugend an Bravo Hits vorbei gekommen. Seit 1992 erscheint die Compilation alle paar Monate und steht vor allem für eins: Hits, Hits, Hits. Thomas Schenk war Anfang der 1990er Chef der Abteilung Strategic Marketing bei der Plattenfirma Warner und hatte damals die Idee zu dem Sampler. Wir haben mit dem Erfinder der "Bravo Hits" gesprochen.

PULS: Herr Schenk, wie kam Ihnen die Idee zu Bravo Hits?

Thomas Schenk: Das war letztendlich eine Geschäftsidee. Ich war damals Geschäftsführer bei Warner Music und wir suchten eine Art Hit-Compilation. Die Konkurrenten hatten zu dieser Zeit alle große Compilations, die sich super verkauft haben wie "Ronny's Popshow", "Larry" oder "Formel Eins". Alles, was wir bisher gemacht hatten, kam nicht so richtig ins Laufen. Dann hörte ich einen Werbespot im Radio von einer neuen "Larry", die auch irgendetwas mit der Bravo zu tun hatte - und mir kam die Idee, dass man die Bravo irgendwie hörbar machen muss. Das war's!

Thomas Schenk

Wir hatten es davor mit Batman- und Turtles-Hits versucht, als Vehikel, dass man so davor spannen konnte, um ein bisschen Aufmerksamkeit zu kreieren. Da waren dann halt die Turtles auf dem Cover, aber im Endeffekt war es die Musik, die später auch auf den Bravo-Hits drauf war. Hat aber nicht richtig funktioniert.

Wer hat eigentlich entschieden, welche Songs auf eine Bravo Hits kamen?

Wir waren ein Team von Leuten, dass Cover, Marketing und auch die Hits ausgesucht haben. Im Grunde war die Entscheidung relativ einfach: Was hoch in den Charts war, gehörte auf die Bravo Hits. Man musste aber genau darauf achten, welche Stücke nach der Auswahl der Songs noch zu Hits werden könnten - ausgesucht wurden sie nämlich sechs Wochen vor dem Erscheinen der CDs im Handel. Wir haben genau analysiert, wer eine große Radio-Promotion hat, wer auf Tournee geht: Das alles hatten wir zu berücksichtigen.

Waren Sie vom Erfolg der Bravo Hits überrascht? Das war in den 90ern ja ein Riesending...

Ja, das kann man im Nachhinein so sagen. Die erste CD lief gar nicht gut, das kam dann erst mit der Zeit. Im Grunde genommen waren die Bravo Hits dann so etwas wie heute das iPhone. Das heißt: Man musste sie haben. Man musste sie nicht nur besitzen, man musste sie sogar viel schneller besitzen als der andere. Wir haben uns da sehr gefreut, das war eine unfassbare Zeit für uns.

Musstet ihr die Labels eigentlich am Anfang überreden, dass ihr ihre Songs auf die Bravo Hits packen durftet?

Das war wirklich schwierig zu Beginn. Die Künstler und Plattenfirmen, die hohe Chart-Platzierungen hatten, waren natürlich nicht an der Bravo Hits interessiert. Man sagte damals, dass die Bravo Hits die Verkäufe ihrer LPs verderben würde - was ja auch stimmte. Wer sich eine Bravo Hits gekauft hat, hat sich ja nur sehr selten dann auch noch das ganze Album eines Künstlers gekauft. Im Grunde genommen, ging es in dem Business damals zu wie auf einem türkischen Teppichbasar. Das heißt, die Firmen und Labels haben erstmal "Nein" gesagt. Dann wurde angefangen zu dealen, weil wir die Künstler auch direkt angefragt hatten und die das Geld natürlich mitnehmen wollten. Man konnte ja mit einem Song bei uns ganz schön Geld verdienen. So war das ein echter Kampf manchmal.

Viele Leute haben über die Bravo Hits ja auch Bands erst kennen gelernt. Macht Sie das stolz, den Musikgeschmack von so vielen Leuten geprägt zu haben?

Das merke ich jetzt erst in den letzten 14 Tagen so wirklich, seit mich Leute anrufen und auf das Jubiläum ansprechen. Da sind wirklich Menschen dabei, die mir am Telefon sagen: "Du hast Popgeschichte gemacht!" So weit hatte ich gar nie gedacht. Ich habe einfach immer gedacht, dass ich einfach meinen Job mache - über meinen Erfolg habe ich mich natürlich auch gefreut. Es war aber nie so, dass ich das irgendwie aufgeladen habe. 

Gibt es denn so eine Compilation, die Ihnen wichtiger ist als alle anderen?

Ja, das war die Bravo Hits 26. Die hat am meisten verkauft und ich finde, sie hatte das schönste Cover von allen. Wir haben uns mit den Covern immer bemüht, den Zeitgeist aufzunehmen. Damals war es gerade Sommer und wir haben diesen Bravo-Schriftzug als Eis-am-Stiel designt. Das sah so toll aus! Da freue ich mich heute noch drüber.

Sendung: Plattenbau, 26.02.2018 - ab 19.00 Uhr