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Die zweite Karriere Vom Banklehrling zum Funktionär

Anfang der 1990er Jahre fängt für Karl-Heinz Rummenigge ein neuer Lebensabschnitt an: Aus dem einstigen Weltklassestürmer wird ein versierter Geschäftsmann und - nach dem Rückzug Hoeneß' - das Gesicht des FC Bayern.

Stand: 22.09.2015 | Archiv

Karl-Heinz Rummenigge mit Zigarre | Bild: picture-alliance/dpa

Im November 1991 fängt für den ehemaligen Banklehrling seine zweite beachtliche Karriere an: die als Funktionär beim FC Bayern. Wobei er selbst die Bezeichnung "Funktionär" überhaupt nicht mag.

"Ich wehre mich gegen den Begriff Funktionär, das ist inzwischen mehr ein Schimpfwort als sonst was."

Karl-Heinz Rummenigge im Münchner Merkur 2011

Anfang der 1990er Jahre steckt der FC Bayern in einer Krise: Auf internationalem Parkett ist er kaum anzutreffen, dazu kommen finanzielle Probleme. 1994 will daher Rummenigge oberster Mann des Vereins werden. Doch der amtierende Präsident Fritz Scherer weigert sich, den Posten zu räumen - eine Kampfabstimmung droht. Zu dieser Zeit entsteht Rummenigges Spitzname "Killer-Kalle." Er selbst findet den Namen sehr ungerecht: "Wir waren sportlich nicht unter den Top drei, wirtschaftlich sahen wir gerade noch die Nebelschlussleuchte ... Wir brauchten eine Aufbruchstimmung im Klub und einen Präsidenten mit Charisma ... Unser damaliger Präsident Fritz Scherer wiederum war nicht bereit, von sich aus zurückzutreten. Es musste im Präsidium knallen. Aber dafür war ich weiß Gott nicht allein verantwortlich", sagt der ehemalige Stürmer in einem Interview mit dem Fußballmagazin "11Freunde".

"Es bricht mir das Herz, meinem Mann dabei zuzuschauen, wie er da draußen den Efeu ermordet. Offensichtlich haben Sie meinen Mann durchschaut. Ein Killer durch und durch."

Ehefrau Martina in einem Brief an den Spiegel-Redakteur, der den Begriff 'Killer-Kalle' erschuf

Dreigestirn baut FCB zum Vorzeigeklub um

Um weitere vereinsschädigende Diskussionen zu vermeiden und die Ränkespiele zu beenden, stellt sich Franz Beckenbauer selbst zur Wahl - und gewinnt. In den nächsten Jahren gelingt es dem Dreigestirn mit Präsident Beckenbauer, Manager Uli Hoeneß und Vizepräsident Rummenigge, den FC Bayern wieder an die europäische Spitze zu bringen. Dabei ist die Aufgabenverteilung klar: Der "Kaiser" repräsentiert den Verein - Hoeneß und Rummenigge nehmen ihm in Sachen Wirtschaftsfragen die Arbeit ab.

Nur zwei Jahre später stellt sich der sportliche Erfolg wieder ein: Der FC Bayern holt den UEFA-Cup - Trainer ist damals übrigens Präsident Franz Beckenbauer. 1999 folgt dann das denkwürdige Endspiel in der Champions League gegen Manchester United: Nach einer 1:0-Führung verlieren die Münchner noch in der Nachspielzeit mit 1:2 - es war bis dahin die "Mutter aller Niederlagen." Doch 2001 kann dann der Fußball-Olymp endlich gegen den FC Valencia erklommen werden.

"Der Verein ist so geil wie nie zuvor."

Karl-Heinz Rummenigge nach dem Gewinn der Champions League

Aus dem Vize-Präsidenten wird der Vorstandsvorsitzende

Im November 2001 beschließt die Mitgliederversammlung, den Verein in eine AG umzuwandeln. Dadurch kann der FC Bayern 9,09 % seines Kapitals an Adidas-Salomon veräußern, um den Stadionneubau zu finanzieren. Auch die Führungsstruktur wird umgebaut: Franz Beckenbauer und Fritz Scherer wechseln als Vorsitzender und Stellvertreter in den Aufsichtsrat, für das operative Geschäft sind fortan Karl-Heinz Rummenigge als Vorstandsvorsitzender, Uli Hoeneß als Stellvertreter und Karl Hopfner verantwortlich - ein Gang an die Börse ist dabei aber nie eingeplant.

"Ein Fußballverein ist nicht dazu da, eine Dividende zu erwirtschaften, ein Fußballverein ist dazu da, soviel sportlichen Erfolg wie möglich zu produzieren, deshalb werden wir nicht an die Börse gehen."

Karl-Heinz Rummenigge

FC Bayern - Weltmarke des Sports

Um noch mehr Umsatz zu machen, entdeckt Rummenigge neue Zuwachsmöglichkeiten beim Merchandising. Durch Reisen in die USA oder nach China verstärkt der FC Bayern seine weltweite Präsenz - und entwickelt sich so zu einer Weltmarke im Sport.

Auf sportlicher Ebene gelingen den Bayern zwischen 2003 und 2010 fünf "Double"-Gewinne aus Meisterschaft und Pokal, zudem erreicht das Team 2010 das Finale der Champions League. 2012 lockt das "Finale dahoam" - es wird zum "Drama dahoam".

"Das ist brutaler als 1999 in Barcelona - und eigentlich auch überflüssiger."

Rummenigge nach dem 'Drama dahoam'

Doch nur ein Jahr später holt der FC Bayern das historische Triple: Deutsche Meisterschaft, DFB-Pokal und die Champions League. Bei der Verleihung des Bayerischen Sportpreises 2013 an den FC Bayern kam dann heraus: Karl-Heinz Rummenigge ist ein Feierbiest!

ECA/Europäische Club-Vereiningung

Rummenigge ist aber nicht nur im deutschen Fußball ein einflussreicher Mann - auch in Fußball-Europa wächst seine Bedeutung: Als Vorsitzender der europäischen Club-Vereinigung ECA zog er jüngst in das UEFA-Exekutivkomitee ein. Die ECA ist eine Interessenvertretung, der 220 europäische Vereine angehören und inzwischen eine gewichtige Rolle im internationalen Fußball spielt.

"Geld, richtig eingesetzt, schießt Tore."

Karl-Heinz Rummenigge

Tätigkeiten und Funktionen als Funktionär

Nov. 1991 - 2002: Vizepräsident FC Bayern München
seit 2002: Vorstandsvorsitzender der FC Bayern München AG
1998 - 2002: Vizevorsitzender der UEFA Klubbeiratskommission
2002 - 2008: Präsident des europäischen Klubforums
1999 - 2008: Sprecher und Vizepräsident der "G 14"
seit Jan. 2008: Vorsitzender der European Club Association (ECA)
Mitglied der UEFA-Kommission Strategischer Beirat für Berufsfußball
seit Juli 2004: Vorstandsmitglied des Ligaverbandes
Mai 1999 - Juli 2000:
"WM-Botschafter 2006" des DFB
Juli 2000 - März 2001: Leiter "Task Force" beim DFB
(Quelle: munzinger.de)


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