Bayern 2 - Zündfunk

Zum Tod von Carl-Ludwig Reichert "Du, des mit dem Hip-Hop, des is schon ganz gut"

Carl-Ludwig Reichert ist tot. War er der letzte Anarchist? Der Zündfunk-Moderator, Musiker, Schriftsteller und Sparifankal-Sänger hat die bayerische Popkultur der 70er bis 90er Jahre entscheidend geprägt. Immer ein Freigeist – sogar, als er Ende der 70er von Hip-Hop erfuhr.

Von: Zündfunk

Stand: 06.09.2023

Carl-Ludwig Reichert, Musiker, Dichter, Privatgelehrter, Schriftsteller, Radiomoderator, Gründer der Band Sparifankerl. | Bild: Alessandra Schellnegger/Süddeutsche Zeitung Photo

Der Zündfunk in den 1970ern Jahren wäre ohne Carl-Ludwig Reichert undenkbar gewesen. Der Moderator hat den damaligen Jugendfunk des Bayerischen Rundfunks entscheidend mitgeprägt. Nun ist Carl-Ludwig Reichert im Alter von 77 Jahren nach schwerer Krankheit verstorben.

Die bösen bayerischen Buben

Die Band Sparifankal in den 70ern

Bei uns im Haus war er eine Legende. Er war nicht nur Zündfunkmoderator, er war auch Schriftsteller, Musiker und Individual-Anarchist. "Carl-Ludwig war der einzige und letzte Anarchist, den ich kannte", sagt Weggefährtin und Zündfunk-Moderatorin Judith Schnaubelt über ihn. Nicht nur als Schreibender, auch in der Musik war Carl-Ludwig Reichert progressiv und unerschrocken – im Umfeld von Embryo und Amon Düül hat er in den 1970ern als Erster auf Bairisch gerockt – mit seiner Band Sparifankal, die gleichzeitig auch ein linkes und soziales Projekt war. Seine letzte Sendung im Bayerischen Rundfunk lief 2011. Hier im Zündfunk haben Viele noch lebhafte Erinnerungen an die Zeit im Jugendfunk, beziehungsweise an "Club 16".

Wer war Carl?

"Erstmal war er natürlich eine Legende. In den 70er Jahren gab es drei relevante Bands in München, Embryo, Amon Düül und Sparifankal. Bairische Rockmusik mit intelligenten Texten. Das gab‘s damals noch nicht", erinnert sich Weggefährte und Zündfunk-Urgestein Roderich Fabian. Kollege Karl Bruckmaier erzählt, wie beeindruckt er damals war, wie anarchisch Reichert seine Sendungen gestaltete: "Er hat damals einfach mal 45 Minuten Neil Young gespielt im Club 16. So was Tolles hatte ich noch nie gehört."

"Er war Hippie, ohne Hippie zu sein", würde Zündfunk-Kollege Ralf Summer ihn beschreiben: "Er war wirklich jemand, der die Popkultur in Bayern maßgeblich geprägt hat, von den ausgehenden 70ern bis in die 90er hinein." Ein Mann des Blues und des Rock – durch und durch. Aber: immer progressiv. Damals, Ende der 70er, sagte Reichert zu seinem Kollegen Roderich Fabian: "Du, des mit dem Hip-Hop, des ist schon ganz gut."