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Fitzgerald Kusz Gedichte aus dem Lockdown: "Sunnablumma"

Der Nürnberger Mundart-Lyriker Fitzgerald Kusz hat die Corona-Zeit genutzt, um neue Gedichte zu schreiben. Nun erscheint im Ars-Vivendi-Verlag sein neuer Gedichtband "Sunnablumma".

Von: Tanja Oppelt

Stand: 17.08.2021 | Archiv

Naturerfahrungen, der Corona-Lockdown im Kulturbetrieb und Biographisches spielen im Gedichtband "Sunnablumma" des Nürnberger Mundart-Autoren Fitzgerald Kusz eine Rolle. Für Fitzgerald Kusz ist die Corona-Pandemie eine gute Zeit für Lyrik, wie er im Interview erklärt und er spricht auch davon, wie lange der Schatten seines bekanntesten Werkes "Schweig Bub" ist.

Vor 45 Jahren, im Oktober 1976, wird Fitzgerald Kusz‘ Theaterstück "Schweig Bub" am Nürnberger Schauspielhaus uraufgeführt. Und egal, was Kusz seitdem schreibt, egal welche Stoffe er anfasst – die sarkastisch-humorvolle Geschichte über eine typisch fränkische Konfirmationsfeier, bei der der Jubilar ziemlich wenig zu sagen hat, bleibt sein bekanntestes Werk.

In seinem neuen Lyrikband "Sunnablumma" erkennt der inzwischen 76-jährige Kusz mit einem eigenen Gedicht an, dass er diesen "Bub2 nie mehr loswird.

schweig bub

in miä drin is ä bou
deä gibd ka rouh
deä will naus
iich lounern raus
obbä zum gligg
kummdä immä widdä
zu miä zurigg

(aus: "Sunnablumma" von Fitzgerald Kusz)

"Es ist Segen und Fluch zugleich. Segen war, dass ich das Stück geschrieben habe, ich konnte meinen Lehrersjob an den Nagel hängen, das war eine schöne Möglichkeit, das war der Segen. Und der Fluch ist natürlich, dass man immer an diesem Erstlingswerk gemessen wird. Andererseits, im Theater gibt’s ja nichts besseres, als wenn man ein Repertoirestück hat, das durch die Spielpläne durchgeht. Und das war die Basis, sonst wäre ich vielleicht noch Lehrer – nicht mehr, ich wäre jetzt auch schon längst pensioniert."

Fitzgerald Kusz

In "Sunnablumma" schaut Kusz mehr ins Innen- als ins Außenleben. Der Autor blättert in Gedanken durch sein Fotoalbum, er schreibt über die Liebe und erinnert sich an seine Großmutter. Verantwortlich für diese Innenschau ist auch die Corona-Pandemie.

Fitzgerald Kusz lebt und arbeitet in Nürnberg.

"Man fokussiert sich auf das, was wesentlich ist. Daher hab ich wieder sehr viele Naturgedichte geschrieben. Die unmittelbare Umgebung hat man ganz anders erlebt, durch den Blick aus dem Fenster, im Garten. Da hat man die Jahreszeiten, das alles viel stärker erlebt. Dadurch ist natürlich der lyrische Sinn in einem geweckt worden."

Fitzgerald Kusz

Wie viele Künstler musste auch Kusz in den vergangenen eineinhalb Jahren einen Weg finden, auch im Lockdown die Kreativität zu erhalten. Wie geht das, wenn die Außenreize fast wegfallen und alle Inspirationen von innen, aus einem selbst kommen müssen?

"Homeoffice hab ich ja schon immer gemacht. Aber das Bad in der Menge, das ich auch immer gerne gemacht habe, bei Lesungen, Premieren, das hat mir schon sehr gefehlt. Und diese Isolation, die macht schon was mit einem. Man ist auf sich selbst zurückgeworfen, und das ist komischerweise eine gute Zeit für die Lyrik. Alles andere hatte ja plötzlich keinen Sinn mehr, zum Beispiel für das Theater zu schreiben."

Fitzgerald Kusz

Die Theaterschließungen vom vergangenen Winter und Frühling bedrücken den Nürnberger Autor. Die Theaterbranche sei von der Politik mehr als stiefmütterlich behandelt worden, sagt Kusz, schlüssige Hygienekonzepte seien zu oft abgelehnt worden. In seinem Gedichtband bezieht Kusz nicht politisch Stellung, aber sein Gedicht Schlussapplaus über den vergangenen Theater-Lockdown ist das wohl eindringlichste und emotionalste im ganzen Buch.

schlussapplaus

es deoodä is leer
di bühne dunkl
ä nachdfaldä zabbld
innerm schbinnänedz
kummd nimmä raus
wou bleibdn dä hamlet?
sein oddä nichtsein
wos isn des fiärä frouch?
dä ledzde vuähang is gfalln
dä nachdfaldä zabbld nu
kannä wadd aff godot
deä is scho lang
in quarantäne

(aus: "Sunnablumma" von Fitzgerald Kusz)

Die meisten Gedichte in "Sunnablumma" sind weniger dunkel und resigniert, sondern strahlen Optimismus oder zumindest Zufriedenheit aus. Kusz greift auf das zurück, was er gut kann: Gedichte schreiben, die fast wie Musik klingen und einen eigenen Rhythmus haben. Er selbst sagt: Meine Gedichte sind wie Partituren.

"Und ich glaube auch, dass in unserem Dialekt – das mag jetzt komisch klingen – sehr viel Musik steckt, sehr viel groove, sehr viel Rhythmus. Wenn man so eine typische Bluesphrase her nimmt 'I go home to my baby', wenn man das ins Hochdeutsche übersetzt 'Ich gehe nach Hause zu meinem Mädchen', dann kann man den Text wegschmeißen. Aber 'Ich geh hamm zu meim Madla', das funktioniert, das passt."

Fitzgerald Kusz

Info & Bewertung

Wertung: 5 Frankenrechen von 5 | Bild: BR

Fitzgerald Kusz: "Sunnablumma", Geichtband, Cadolzburg 2021, Ars Vivendi Verlag, 128 Seiten, 15,00 Euro, ISBN 978-3-7472-0308-8

Fitzgerald Kusz' Mundartlyrik-Band "Sunnablumma" vereint das, was Kusz am besten kann: Die fränkische Sprache fast wie Musik erklingen lassen. Seine Naturbeobachtungen und vor allem die Haikus, japanische Kurzgedichte, sind auf den Punkt. Seine Erinnerungen an Kindheit und Familie berühren. Und die Gedanken zu Einsamkeit und Isolation während der Corona-Pandemie kann man an vielen Stellen nachvollziehen.


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