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100 Jahre Olympia Chamonix Die ersten olympischen Winterspiele der Geschichte

Vor 100 Jahren liefen die ersten olympischen Winterspiele der Geschichte in Chamonix: Es war nicht nur eine historische Marke in der Sportgeschichte, sondern hatte auch Auswirkungen auf den Alpinismus

Von: Georg Bayerle

Stand: 27.01.2024

Die ersten olympischen Winterspielen der Geschichte | Bild: picture-alliance/dpa

Fast so schnell wie eine Skiabfahrt hat der Wintersport um 1900 an Fahrt aufgenommen. Erst 1890 waren Ski aus Norwegen in den Alpen bekannt geworden, wenig später dienten sie zum Massensport. Und so dauerte es nur 14 Jahre nach den ersten olympischen Spielen der Neuzeit in Athen, bis die Idee aufkam, auch Winterspiele auszurichten. 1914 schlug der deutsche Vertreter im IOC den Feldberg im Schwarzwald als Austragungsort vor.

Zäsur 1. Weltkrieg

Die Aufnahme zeigt das Plakat der Olympischen Winterspiele 1924 in Chamonix, Frankreich

Wie eine Bombe platzte der I.Weltkrieg in die schönen Pläne und zeigte noch andere Folgen: Deutschland war als deklarierter Kriegsverursacher von den Spielen 1924 ausgeschlossen. Und: der grausame Gebirgskrieg in den Alpen führte zur Alpinausbildung hunderttausender Soldaten in Ungarn, Österreich, Deutschland und Italien, die Ski zur Fortbewegung brauchten. Der „militärische Patrouillenlauf“ wie der Vorläufer des Biathlon damals hieß, war denn auch eine Domäne der Soldaten bei den olympischen Spielen. Und die Lifte zur Versorgung entlang der Gebirgsfront waren der Startschuss für den Seilbahnbau im Tourismus nach dem Krieg.

Der Sport als Schule

Der norwegische Skiläufer Thorleif Haug

Nach Europas Weltenbrand nahm der damalige Präsident des IOC, der französische Pädagoge Pierre de Coubertin, den Olympia-Faden wieder auf. Den Sport betrachtete er als Schule für Willensbildung. Es brauche Champions und Rekorde. So wurde in Europas Bergsteiger-Hauptstadt unter dem Montblanc auch erstmals ein Prix d’olympique d’Alpinisme vergeben, eine Alpin-Goldmedaille. Sie ging an die britische Everest-Expedition von 1922 unter Charles Bruce. Acht Jahre später ging die Goldmedaille nach Deutschland: an die bayerischen Brüder Toni und Franz Schmid, die die Matterhorn-Nordwand erstbestiegen hatten.

Goldmedaillen an Erstbesteiger und Bergführer

Der norwegische Skispringer, Skilangläufer und Segler Jacob Tullin Thams aufgenommen bei einem Wettkampf.

Getreu dem Motto Coubertins wurde damals der Wettkampf- und Leistungsgedanke im Alpinismus geadelt. Egal, ob es um die Eroberung des „Dritten Pols“, also des ersten Achttausenders oder eine extreme Erstbesteigung ging. Bergführer und Bergsteiger zählen ebenfalls zu den Pionieren des olympischen Wintersports, „Couttet Champion“, der in Chamonix mit einer Statue verewigt ist, war Trainer der französischen Skisportler. Der alpine Skilauf kam übrigens erst 12 später ins Programm.

Winterspiele in der Krise

Ein weiteres Plakat

Frauen waren in der Anfangszeit noch klar in der Minderheit, nur 13 von knapp 300 Teilnehmern waren es 1924. Zum Vergleich: bei den letzten Winterspielen in Peking war es knapp die Hälfte der 2900 Teilnehmenden. Die olympischen Winterspiele sind immer größer geworden: von 16 Wettbewerben 1924 zu 109 Wettbewerben 2022. Weit weg von den Ursprüngen ist Winter-Olympia heute in die Krise geraten. Schon im Vorfeld der nächsten Spiele in Milano-Cortina 2026 gibt es in Südtirol und Belluno heftige Diskussionen um Bauvorhaben, Naturzerstörung und Verkehrsprobleme. Längst hat der Kommerz die Profisportler im Griff. Von der Natürlichkeit anno 1924 sind nur ein paar Schwarzweiß-Bilder geblieben.

 


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