Kommentar zum bayerischen Anti-Terror-Paket Warum Haft auf Verdacht in einer Demokratie nicht geht

Es ist beschlossene Sache: Gefährder können in Bayern präventiv ins Gefängnis gesteckt werden - für drei Monate und länger - um einer Straftat vorzubeugen. Unendlichkeitshaft? Geht nicht in einer Demokratie, meint unsere Autorin.

Von: Shahrzad Osterer

Stand: 20.07.2017 | Archiv

Die CSU will potentielle Gefährder inhaftieren lassen. | Bild: BR

Im Film "Minority Report" packt Tom Cruise einen Kerl am Kragen und sagt: "Ich verhafte Sie wegen des zukünftigen Mordes an Sara Marcs", Polizisten führen den Mann dann in Handschellen raus. Verhaftet für eine Tat, die man noch nicht begangen hat - klingt absurd. Ist in Bayern nun aber Realität. Der Landtag hat dem Gesetz der bayerischen Regierung zugestimmt.

Menschenverachtend und undemokratisch

Die bayerische Regierung und der Landtag haben das Gesetz beschlossen, das es Richtern erlaubt, auf Antrag der Polizei, Gefährder quasi unbegrenzt zu inhaftieren. Die Regelung gilt zwar erst einmal für drei Monate, kann allerdings (nach erneuter Prüfung durch einen Richter) immer und immer wieder verlängert werden. Und das ohne Prozess. Bisher konnten Gefährder (also Menschen bei denen vermutet wird, dass sie eine Straftat von erheblicher Bedeutung planen) höchstens 14 Tage festgehalten werden.

Der Verfassungsrechtler Professor Dr. Rommelfanger findet das höchstproblematisch: "Sogar bei einer Untersuchungshaft hat man eine Zeitbegrenzung auf sechs Monate - und in dem Fall haben wir es mit einer tatsächlichen Straftat und laufenden Ermittlungen zu tun. Bei einer Präventivhaft hat der sogenannte Gefährder noch nicht mal eine Straftat begangen. Wie kann man ihn dann ein Jahr oder länger im Gefängnis behalten? Ich glaube nicht, dass das der Verfassungsprüfung standhält.“ Eine Prüfung müsste jedoch von einer Fraktion im Landtag erst beantragt werden: ohne Antrag, keine Prüfung. Und das ist bisher von keiner Landtagsfraktion geplant.

Das gefährliche Spiel mit der Angst

Selbst wenn das Anti-Terror-Paket doch noch geprüft würde, ist es mehr als "nur" eine Wahlkampfmasche der CSU, um die Stimmen der sogenannten "besorgten Bürger" einzusammeln. Hier gibt es nämlich kein "nur". Denn: gesagt ist gesagt. Auf unsere Grundrechte geschissen, bleibt auf unsere Grundrechte geschissen.

So oder so: Das bayerische Anti-Terror-Paket bleibt menschenverachtend und undemokratisch. Und es schürt Angst. Nun wissen wir, dass es für die CSU im Wahlkampf keine Grenzen mehr gibt. Nicht einmal unser Grundgesetz. Die Angst der Bürger bleibt ein gern genutztes Mittel, um politische Ziele durchzusetzen.

Natürlich muss es Lösungen geben, damit so etwas wie in Berlin am Weihnachtsmarkt nicht mehr passiert. Lösungen die uns sicherer machen. Aber: es müssen Lösungen sein, die mit unseren demokratischen Werten übereinstimmen.