Leben mit HIV Fünf Vorurteile und warum sie Quatsch sind

An HIV stirbt man nicht, man kann gesunde Kinder bekommen und wie jeder andere Sex haben. Trotzdem werden HIV-Betroffene immer noch diskriminiert – das ist oft schlimmer als die Krankheit selbst, denn mit ihr kann man gut leben.

Von: Linda Becker

Stand: 30.11.2017 | Archiv

Vorurteile Graphik | Bild: BR

In Deutschland leben laut dem Robert Koch-Institut etwa 86.000 Menschen mit HIV. Etwa jeder achte HIV-Infizierte weiß aber gar nicht, dass er HIV-positiv ist. Dabei gilt: Je früher man von seiner Erkrankung weiß, desto besser lässt sie sich behandeln. Auch wenn man noch nicht geheilt werden kann: Mittlerweile kann man trotz HIV-Infektion weitgehend normal leben. Trotzdem halten sich die Vorurteile gegenüber  HIV-Positiven hartnäckig – wir sagen euch, wie es wirklich ist.

1. Vorurteil: Wer HIV hat, stirbt auch daran.

Leute, die sich mit dem HI-Virus angesteckt haben, bekommen nicht sofort AIDS. Die HIV-Infektion ist eine dauerhafte, chronische Krankheit, die das Immunsystem schwächt –  man kriegt sie zwar nicht mehr weg, kann sie aber gut behandeln. Das geht mit Medikamenten, die verhindern, dass sich der Virus im Blut breit macht. Die Medikamente muss man zwar das ganze Leben nehmen und können, wie andere Medikamente auch, Nebenwirkungen haben, aber: Infizierte können so quasi normal leben. Erst wenn man sich als HIV-Positiver nicht behandeln lässt, wird aus dem Virus die lebensbedrohliche Krankheit AIDS.

2. Vorurteil: HIV wird durch Körperkontakt übertragen.

Im Alltag mit HIV-Infizierten besteht kaum Ansteckungsgefahr. Menschen, die HIV haben, können wir genauso umarmen, die Hand geben und küssen wie andere Menschen auch. Es ist auch kein Problem dasselbe Besteck oder dieselbe Toilette zu nutzen. Denn das HI-Virus wird nur übertragen, wenn eine Körperflüssigkeit mit vielen HI-Viren darin über Blut oder Sperma in den Körper eines anderen Menschen kommt.Durch Schweiß oder Tröpfchen beim Husten oder Niesen kann man sich nicht mit dem HI-Virus anstecken. 

3. Vorurteil: HIV-Infizierte können keinen Sex haben.

Menschen, die sich mit HIV angesteckt haben, können wie jeder andere auch Sex haben – am besten mit Kondom. Zwar wird die Virenbelastung durch Medikamente erheblich gesenkt, trotzdem plädiert die AIDS-Hilfe für Safer Sex. Der sollte eh für jeden Standard sein. Das gilt sowohl für Vaginal- als auch für Analsex, denn bei beidem gibt es ein sehr großes Ansteckungsrisiko bei Geschlechtskrankheiten.

Wer weiß, dass er HIV-positiv ist und diese Info vor einem Sexpartner verschweigt, macht sich strafbar. Wenn beim Sex das Kondom platzt, muss man sofort zum Arzt. Das gilt nicht nur bei Vaginal- und Analsex, sondern auch bei Oralsex. Beim Sex mit einem HIV-Infizierten sollte nie Sperma oder Menstruationsblut in den Mund kommen. Falls doc,h kann der Arzt mit einer Prophylaxe, der HIV-PEP, helfen. Die Behandlung damit muss aber schnell starten  Am sichersten ist es, wenn die HIV-PEP innerhalb von 24 Stunden beginnt, besser noch innerhalb von zwei Stunden. Sind nach einer möglichen Ansteckung mehr als 72 Stunden vergangen, kann die Behandlung im Zweifel nicht mehr wirken.

4. Vorurteil: HIV-Infizierte bekommen kranke Babys.

Für alle Frauen, die die Pille nehmen, ist erst mal wichtig zu wissen, dass HIV-Medikamente die Pillenwirkung herabsetzen. Wenn man also die Pille und gleichzeitig HIV Medikamente einnimmt, kann man deshalb ungewollt schwanger werden.

Wenn man sich allerdings ein Kind wünscht, dann geht das auch als HIV-positive Frau oder mit einem HIV-Infizierten Partner. Bei HIV-positiven Männern wird das Sperma im Labor so gereinigt, dass nur nicht HIV-infizierte Spermien übrig bleiben. Mit denen wird die Frau dann künstlich befruchtet. Auch wenn die Frau HIV-positiv ist, funktioniert die künstliche Befruchtung, allerdings nur, wenn die Frau schon vorher Medikamente zur HIV-Therapie nimmt.

Grundsätzlich kann das HI-Virus auch noch während der Schwangerschaft, während der Geburt und durch das Stillen von einer HIV-positiven Mutter auf das Kind übertragen werden. Wenn die Mutter keine Medikamente nimmt, ist das Risiko dafür recht hoch. Wenn sie allerdings Medikamente bekommt und auf das Stillen verzichtet, liegt das Ansteckungsrisiko für das Baby nur zwischen ein bis zwei Prozent. Seit 2010 haben auch HIV-positive Partner das Recht, dass ihnen die Krankenkasse die künstliche Befruchtung bezahlt.

5. Vorurteil: HIV-Infizierte können nicht arbeiten gehen.

Mindestens zwei Drittel der HIV-positiven Menschen in Deutschland gehen ganz normal arbeiten und sind nicht öfter krankgeschrieben als andere. Es gibt auch keine Verpflichtung, den Arbeitgeber oder die Kollegen darüber zu informieren, dass man HIV-positiv ist.  Probleme gibt es allerdings bei Berufen, für die man viel reisen muss. HIV-Positive Menschen dürfen in manche Länder nicht einreisen. Ein Leben als Pilotin oder Flugbegleiter fällt also weg.

Sendung: Hochfahren, 01.12.2017 ab 7 Uhr