Vorliebe: Querschnittlähmung "Ich wollte immer einen Partner, der querschnittgelähmt ist"

Marie findet Männer anziehend, die im Rollstuhl sitzen. Sie hat mittlerweile einen Freund, der querschnittgelähmt ist. Wie kommt das in ihrem Freundeskreis an? Und was findet sie daran toll?

Von: Linda Becker

Stand: 14.03.2018 | Archiv

Graphik | Bild: BR

In Deutschland lebt beinahe jeder Zehnte mit einer schweren Behinderung. Beim Großteil dieser Menschen ist die Krankheit altersbedingt. Was aber, wenn man jung ist, im Rollstuhl sitzt und ein erfülltes Sexleben haben will?

Menschen mit Behinderung fällt es oft schwer, einen Sexualpartner zu finden. Es gibt allerdings auch das Gegenstück: Menschen, die auf querschnittgelähmte Menschen oder Menschen mit Amputationen stehen. Im Englischen nennt man sie "Devotees" – sie suchen Menschen mit Behinderung, um mit ihnen Sex zu haben. Dazu gehört auch Marie. Sie ist 23 Jahre und hat ihren Freund Max auf einer Webseite kennengelernt, auf der sich Devotees und Menschen mit Behinderung zusammenfinden.

PULS: Dein fester Freund ist querschnittgelähmt. Wie habt ihr euch kennengelernt?

Marie: Wir haben uns auf einer Partnerbörse für Menschen mit Behinderung kennengelernt. Ich habe mich da auch genau deshalb angemeldet. Ich habe jemanden gesucht, der querschnittgelähmt ist. Das war mein erster Anlauf und es hat dann ja auch gleich funktioniert.

Warum hast du denn jemanden gesucht, der querschnittgelähmt ist? Hat sich diese Vorliebe entwickelt oder war das schon immer so?

Ich hatte früher nur Freunde, die keine Behinderung hatten. Das heißt, ich kann schon auch auf Leute stehen, die keine Behinderung haben. Aber ich hatte schon immer so eine Faszination für Menschen mit Behinderung. Als ich 16 Jahre alt war habe ich festgestellt, dass das auch ein sexuelles Interesse ist. Ich dachte immer, es wäre schön, einen Freund zu haben, der querschnittgelähmt ist, habe das aber nie weiter verfolgt.

Ich finde Querschnittlähmung einfach total attraktiv. Ein querschnittgelähmter Mann ist für mich immer attraktiver als ein nicht-querschnittgelähmter Mann. Ich habe mir natürlich viele Gedanken gemacht, warum ich diese Vorliebe habe, aber ich kann es nicht wirklich beantworten. Vielleicht weil ich Männer mit Querschnittlähmung irgendwie stärker finde – die haben etwas überwunden, einen stärkeren Charakter. Aber ich finde es auch ästhetisch sehr schön.

Wie reagieren deine Freunde und deine Familie darauf, dass ihr zusammen seid? Sagst du, dass du ganz spezifisch nach jemandem mit Behinderung gesucht hast?

Das ist unterschiedlich – die meisten akzeptieren es, fragen aber viel nach. Einige machen sich auch Sorgen – meine Eltern stehen dem ganzen nicht so offen gegenüber. Sie fragen sich, wie es wohl später mal mit Kindern aussieht und sehen da schon eher die Belastung. Mein Vater hatte mal ganz plump gefragt: „Wie verliebt man sich eigentlich in einen Behinderten?“ Er dachte, es sei aus Mitleid und ich habe geantwortet, dass ich einfach darauf stehe.

Unser Pärchenalltag ist natürlich eingeschränkt – mal eben in die Therme oder zusammen Ski fahren, ist natürlich nicht drin. Aber wir haben es trotzdem schön. An manchen Tagen nervt mich die Einschränkung auch mal, aber an den meisten Tagen eben nicht.

Wie läuft denn der Sex ab?

Es läuft jetzt nicht klassisch ab. Wir haben schon spezielle Positionen oder Flächen – auf dem Esstisch oder am Pflegebett, das man hoch und runter fahren kann. Das geht auch gut! Sonst kann man sich auch auf den Rollstuhl setzen. Der Sex war – gerade am Anfang – für mich einfach super aufregend. Sowas habe ich echt noch nie erlebt, solche Orgasmen und diese Ekstase. Das war eben das, was ich mir schon immer gewünscht habe und worüber ich fantasiert habe.

Sex mit Behinderung im Podcast "Im Namen der Hose"

Sex mit körperlicher Behinderung ist ein Tabuthema. Dabei haben Menschen, die im Rollstuhl sitzen, auch guten Sex. Im Podcast sprechen Ariane Alter und Linda Becker nicht nur mit Marie über Sex, sondern auch mit ihrem Freund Max, der seit einem Snowboardunfall im Rollstuhl sitzt. Was hat sich für ihn durch seine Behinderung beim Sex geändert?

Sendung: Freudeskreis vom 14. März 2018, ab 10 Uhr