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Info beabadoobee aka Bea Kristi ist auf den Philippinen geboren und in London aufgewachsen. Kein Wunder, dass sie sich darauf versteht, Indie-Gitarren perfekt mit einem "Strandspaziergang bei Sonnenuntergang"-Gefühl zu verknüpfen.

Krisenintervention im Krankenhaus Diese Psychologin kümmert sich um medizinisches Pflegepersonal

Maja Grigat ist Psychologin und betreut während der Corona-Krise medizinisches Pflegepersonal im Krankenhaus. Wir haben mit ihr über ihre Arbeit, Angst und die Situation in den Kliniken gesprochen.

Von: Conny Neumeyer

Stand: 17.04.2020

Maja Grigat  | Bild: Julia Kriehn

Maja ist Psychologin und macht in München seit ein paar Jahren eine Ausbildung zur Psychotherapeutin. Eigentlich müsste sie dafür gerade ein Praktikum in einer psychosomatischen Klinik absolvieren. Doch dann kam Corona. Ihre Patient*innen wurden nach Hause geschickt, die Ausbildung erst mal gestoppt. Stattdessen haben sich die 27-Jährige und ihre Kolleg*innen jetzt in Teams aufgeteilt, um während der Krise in Krankenhäusern und Kliniken in München medizinisches Pflegepersonal zu betreuen. Ärzt*innen und Pfleger*innen, die überlastet sind, bekommen durch sie therapeutische Hilfe und Betreuung und werden bei ihrer täglichen Arbeit von den Psycholog*innen unterstützt. Maja ist Teil eines elfköpfigen Teams für Krisenintervention im Klinikum Neuperlach.

PULS: Warum hat man sich dazu entschieden, euch zur Krisenintervention in die Krankenhäuser zu schicken?

Maja Grigat: Wir mussten alle unsere Patienten wegen Corona nach Hause schicken und die Idee dahinter war dann einfach: Okay, wir haben jetzt gerade keine Patienten. Wie können wir anderweitig unterstützen? Und Hilfe für das Pflegepersonal ist sinnvoll, weil ja gerade viel Personal auf Intensivstationen eingesetzt wird, das normalerweise nicht auf einer Intensivstation arbeitet und damit überfordert ist. Oder Personal aus der Psychosomatik hat jetzt plötzlich mit somatischen Patienten zu tun und muss auf einmal wieder Katheter legen. Die haben das aber ganz lange nicht mehr gemacht. Und diese Leute merken: "Das ist nicht mein Metier, damit bin ich überfordert."

Wie sieht deine Arbeit im Krankenhaus gerade aus?

Der Alltag ist derzeit noch von Besprechungen geprägt. Wir müssen ganz viel abklären, denn wir entwickeln ja gerade etwas Neues, das es so noch nicht gibt, ein "Kriseninterventionsteam Corona" sozusagen. Und an unseren Standorten richten wir im Moment viel her: Wir haben zum Beispiel Ruheräume fürs Personal gestaltet, es gibt Obstkörbe und Snacks und noch viel mehr, das gerade entwickelt werden muss. Die Hilfe ist niederschwellig. Wenn jemand eine Cola braucht und keine Zeit hat, die zu holen, dann machen wir das auch. Wir sind jeden Tag von 8 bis 20 Uhr vor Ort, auch am Wochenende. Währenddessen kann man immer zu uns für ein Gespräch kommen. Und wir haben eine Telefonnummer eingerichtet, die das Personal anrufen kann und die 24 Stunden besetzt ist. Wir gehen außerdem zwei Mal pro Tag über die Intensiv- und Pandemiestationen und fragen beim Personal nach, ob alles in Ordnung ist, wie es den Leuten so geht und ob sie irgendwas brauchen. Meistens ist alles in Ordnung, aber genauso oft fallen auch Sätze wie: "Gestern ist einer verstorben und der war noch gar nicht so alt."

Wie war die Reaktion des Pflegepersonals auf euch?

Sehr positiv. Wir haben viele Rückmeldungen bekommen à la: "Gut, dass es euch gibt und danke, dass ihr da seid." Ich hatte trotzdem das Gefühl, dass sie sich schwertun, auf uns zuzugehen. Gerade auf Intensivstationen herrscht oft so ein Denken von: "Komm, wir ziehen das jetzt durch, wir sind hart im Nehmen!" Da kann es sein, dass es eher als schwach angesehen wird, wenn man zugibt, dass man psychisch belastet ist. Viele meinten trotzdem, dass sie mal auf uns zukommen werden.

Wie geht es dem Pflegepersonal?

Unterschiedlich. Bei manchen merkt man, dass es für sie echt eine krasse Situation ist und dass es sie mitnimmt. Es gab zum Beispiel schon Situationen, da ist jemand verstorben und dadurch wurden manche daran erinnert, wie der eigene Vater gestorben ist. Es ist eine große Belastung, wenn man sich ständig dieser Infektionsgefahr aussetzt. Gleichzeitig ist es aber bislang so, dass sie das ganz gut hinbekommen und unter sich, unter den Kollegen, noch abfangen können.

Und wie geht es dir damit, dass du dich jeden Tag dieser Infektionsgefahr aussetzen musst?

Vor kurzem gab’s die Situation, dass wir wirklich gerufen wurden, als ein Corona-Patient im Sterben lag. Die Angehörige war völlig aufgelöst und überfordert und wir sollten dazukommen als Kriseninterventionsteam, um das Pflegepersonal zu unterstützen. Das hat dann zwar mein Kollege gemacht, aber der musste sich eben komplett in Montur schmeißen. Und da hab ich schon gemerkt, dass mir das Angst macht. Ich hab zwar zwei Hygieneschulungen bekommen, also ich habe gesehen, wie man sich diesen Anzug anzieht und die Maske, aber wenn ich das im Ernstfall machen muss, hätte ich Angst, dass ich irgendwas nicht richtig beachte. Und dann kommt noch dazu, dass man in einer ungewohnten Umgebung ist mit piependen Geräten, da liegt jemand, der beatmet wird und dann muss man Sterbebegleitung machen. Ich bin trotzdem froh, dass ich jeden Tag zur Arbeit gehen kann und rauskomme. Ich glaube, es würde mir schwerer fallen, den ganzen Tag zu Hause zu sein.

Wie kann man mit dieser Angst und der Unsicherheit, die uns erfasst, umgehen?

Indem man sich bewusst macht, dass in den Kliniken trotzdem alles gut vorbereitet ist. Die Kapazitäten sind da und es gibt einen Plan, wie welche Station belegt wird und welche Station für Corona bereitgehalten wird. Das wirkt alles sehr strukturiert. Und man muss einfach sagen: Ja, es ist gerade eine Krise, die ist für uns alle belastend. Aber sie wird auch irgendwann vorbei sein. Das ist das Klassische an einer Krise: Es gibt einen Anfang, aber es gibt auch ein Ende. Und wenn man es geschafft hat, kann man vielleicht sogar irgendetwas Positives daraus ziehen. Und sich sagen: Ich habe mein Wertesystem geändert durch die Quarantäne, diese oder jene Sachen sind mir jetzt wichtiger. Wie zum Beispiel, dass das Zwischenmenschliche jetzt wieder eine größere Rolle spielt, dass Hilfsangebote für ältere Menschen entstanden sind und wieder die basalen Themen in der Gesellschaft aufgezeigt hat und man merkt: Hey, das ist doch wichtig!

PULS am 16.04.2020 – ab 15 Uhr