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Vorgestellt // grim104 Crystal-klares Rap-Phänomen

grim104 verwandelt Brandenburg in ein Crystal-Meth-Schlachtfeld - und das ziemlich erfolgreich. Das Hamburger Label Buback hat ihn gesignt und Thees Uhlmann erklärt ihn zu seinem Lieblingsrapper. Und du kommst auch noch.

Von: Katja Engelhardt

Stand: 27.11.2013 | Archiv

grim104 | Bild: Marc Cantarellas-Calvó

"Breaking Bad" sei Dank kennen wir alle Crystal Meth. Die Droge ist eine moderne Horrorgeschichte, auch in Deutschland. Vom Umschlagsplatz Bayreuth aus breitet sie sich bedenklich erfolgreich in Südbrandenburg aus. Mit genau dieser Geschichte startet Rapper grim104 gerade ordentlich durch.

"Dieses Brandenburg, das ich beschreibe, ist halt einfach nur ein Synonym für all die Provinzen und die Dörfer und die beschissenen Kleinstädte. Crystal Meth klingt wie eine Droge, die man sich niemals vorstellen könnte zu nehmen, weil das halt so weit weg ist."

grim104

Inspirationsquelle Dorfjugend

In Berlin ist die Verarschung von Brandenburgern als "Bauern" zwar Volkssport, das macht grim104 aber noch längst nicht zum hochnäsigen Großstadthipster. Bedrückende Kleinstädte und Dörfer kennt der Mittzwanziger aus Friesland selbst nur zu gut. grim104 platzt in die unbeschriebene Spalte zwischen den erfolgreichen Lagern Straßenköter-Rap und hedonistischem Pop-Rap. Quasi genau zwischen Haftbefehl und Cro. Seine Songs gehen nicht floskelig "unter die Haut", sie schlagen dir in den Magen. grim104 zieht dich in dunkle Ecken, in deren Richtung du normalerweise nicht mal schauen würdest.

"Bei mir ist es eine Flut aus Bildern. Ich bin mal zum Schwimmen gefahren zum Baggersee. Und da gab es in der Nähe so eine riesige Hasenfarm. Wir sind dann abends zurückgefahren und ich weiß noch, dass im Scheinwerferlicht überall tote Hasen lagen. Die wurden dann geschlachtet. Vor den Ställen lagen überall Hasen - es war aber kein Mensch zu sehen. Das war wirklich ein sehr gruseliges Bild."

grim104

Flucht aus der Dorfdisco

Die Idee vom isolierten "Hinterland", der Rückzugsidylle und der Peripheriehölle, ist nicht neu, aber wieder frisch in der deutschen Popkultur. Casper ist in den USA aufgewachsen und spricht auch vom "Hinterland".

Natürlich spielt grim104 mit unterschiedlichen Perspektiven. Friesland, Chiemgau, Brandenburg und wie sie alle heißen, diese Orte sind wunderschön. Pilze sammeln, wandern gehen, frische Luft. Das findet man mit 50 super, aber nicht mit 16. Und grim104 weiß eben, wie so eine Gegend auch wirken kann.

"...wenn man durch irgendwelche Moore fährt und an einer Bushaltestelle rumsitzt, wo dann so ein riesiges Hakenkreuz reingesprüht ist und da stehen drei Jungs, von denen ich einer hätte sein können. Die sitzen auf den Bänken und spucken in die Mitte. Wenn ich damals in die Dorfdisco gegangen bin, fand ich es immer scheiße. Selbst wenn es mir Spaß gemacht hat, hab ich's scheiße gefunden. Einfach weil ich's Scheiße finden musste."

grim104

Egal ob Bauernhof oder Wohnblock, was grim104 da beschreibt, kennen wir alle irgendwie: Man passt nicht mit seiner Umwelt zusammen. Und vor allem will man es auch gar nicht. Die Versprechen von After-Work-Clubs, von Mädelsabenden und Männerabenden werden nicht gehalten. grim104 bringt umgedrehte Teenage Angst in den Deutschrap. Teenage Angst beschreibt junge Menschen mit Angst vor der bösen großen weiten Welt. grim104 sucht aber genau danach, nach dem Unerklärlichen, dem Abgründigen. Hauptsache, es passiert endlich irgendetwas.


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