Streit um Sperrstunde im Zentralcafé Subkultur in Nürnberg nur bis 22 Uhr?

Frankenmetropole mit Sperrstunde um 22 Uhr? Der Nürnberger Indie-Institution Zentralcafé droht künftig ein sehr frühes Partyende. Die entscheidende Frage dabei: Wo geht Kultur los und was ist "nur" Vergnügen?

Von: Tobias Krone

Stand: 27.03.2018 | Archiv

Künstlerhaus im KunstKulturQuartier  | Bild: Stadt Nürnberg

Seit über 40 Jahren ist das Zentralcafé in Nürnberg eine Institution der Indie-Szene und DER Ort für junge Bands in der Frankenmetropole. Calexico und Lambchop hatten hier zum Beispiel ihre ersten Deutschlandauftritte, PULS ist jedes Jahr mit der Lesereihe zu Gast. Untergebracht ist das Zentralcafé neben Theater, Kino und Restaurants im Künstlerhaus im KunstKulturQuartier. Doch zwischen der Verwaltung des Künstlerhauses und dem Zentralcafé-Team gibt’s nun Ärger: Das Künstlerhaus hat angekündigt, dass Partys und Konzerte im Zentralcafé in Zukunft früher aufhören müssen. Die Betreiber des Zentralcafés antworten mit einem Facebook-Post, in dem von "Provinzialisierung" und "Respektlosigkeit" die Rede ist:

Bisher dürfen Konzerte und Clubabende bis zur regulären Nürnberger Sperrstunde um fünf Uhr morgens gehen. Doch jetzt soll sich das ändern, so Zentralcafé-Mitbetreiber Simon „Simi“ Schwarz. Die Kulturquartier-Leitung hätte ihm und seinen Kollegen klargemacht, dass die Party in Zukunft am Wochenende um drei Uhr und unter der Woche um 22 Uhr enden müsse – sowohl in der Bauhofkantine, wo das Zentralcafé wegen Bauarbeiten ab diesem Sommer für drei Jahre hinzieht, als auch danach, wenn es wieder zurück in seiner "Heimat" ist. Die Leiter des Künstlerhauses sind gerade im Urlaub und äußern sich deshalb nicht zu dem Thema. Doch die Betreiber des Zentralcafés wollen die neue Sperrstunde unbedingt nochmal diskutieren, vor allem wegen der Begründung, die die Leitung des Künstlerhauses ihnen dafür gegeben haben soll. 

Bisher keine Lärmbeschwerden – aber wo geht Kultur los?

Denn Stress mit den Nachbarn oder Beschwerden wegen Lärm gibt es bisher nicht, sagt Simon. Die Leiter des Künstlerhauses hätten die kürzere Öffnungszeit stattdessen damit begründet, dass alles, was nach 22 Uhr unter der Woche oder nach drei Uhr am Wochenende stattfinde, keine Kultur- sondern Vergnügungsveranstaltung sei – und damit nicht mehr Auftrag eines Kulturvereins.

"Wir fragen uns, was ist denn der Unterschied zwischen einer Kulturveranstaltung und einer Vergnügungsveranstaltung. Und inwiefern werden unsere Veranstaltungen als Vergnügungsveranstaltungen gesehen und nicht als Kulturarbeit?"

- Simon Schwarz, Kulturcafè-Mitbetreiber

Simon sieht zum Beispiel in den Queer-Partys im Zentralcafé einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Gleichberechtigung. Außerdem sei jede Kulturveranstaltung natürlich in gewisser Weise auch Vergnügen. Die kurzen Öffnungszeiten wären für die Zentralcafé-Betreiber fatal. Denn einerseits würden die Konzerte unter der Woche dadurch kürzer, andererseits würden auch die Partys am Wochenende weniger Geld bringen. Damit wären aber wiederum Konzerte kleiner Acts mit wenig Zuschauern in Gefahr, da sie durch Überschüsse aus den Partys finanziert werden.

Die Künstlerhaus-Leitung ist gesprächsbereit

In einer Pressemitteilung erklärt das Künstlerhaus am Dienstagnachmittag, die Sperrzeiten für unter der Woche seien statt wie ursprünglich angekündigt um 22 Uhr nun um 24 Uhr geplant, am Wochenende bliebe es allerdings bei drei Uhr. Den Betreibern des Zentralcafés dürfte aber vor allem ein Satz der Pressemitteilung Hoffnung machen: "Nachbesserungen und Sondergenehmigungen sind möglich.“ Offenbar zeigt sich das Kulturquartier gesprächsbereit.

Eine Kulturhauptstadt braucht auch Subkultur

Vielleicht hat die Tatsache, dass sich die Stadt Nürnberg gerade als europäische Kulturhauptstadt 2025 bewirbt eine Rolle beim Sinneswandel des Künstlerhauses gespielt. Denn auch hochoffizielle Bewerbungsjurys dürften mittlerweile Wert darauf legen, dass nicht nur die Hochkultur im Germanischen Museum oder der Meistersingerhalle gefördert wird, sondern auch Popkultur jenseits des Mainstreams. Und eine Wahrheit gehört schon länger zum Grundwissen jedes Stadtmarketing-Menschen: Je mehr Vielfalt eine Stadt hat, desto lieber ziehen kreative Leute dorthin. Nürnberg sucht nicht nur mit seinem Werbeslogen "Platz für Pioniere“ junge, hippe Menschen. Und die vergnügen sich eben gern bei guter Musik im Zentralcafé.

Sendung: Filter, 27. März 2018, ab 15 Uhr