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1158? Gründung per Gewaltstreich

Stand: 26.11.2007 | Archiv

Ludwigsbrücke in München | Bild: BR / Ernst Eisenbichler

Früheren bayerischen Ministerpräsidenten mit Vorbehalten gegen "durchrasste" Gesellschaften hätte schon das Völkergemisch vor 1.500 Jahren an der Isar vermutlich nicht sehr gefallen. Im Hügelland nördlich der Alpen tummeln sich alteingesessene Kelten und übrig gebliebene Römer, dazu gesellt sich noch ein germanischer Stamm aus Böhmen. Aus diesem Schmelztiegel wird später der Stamm der Baiern (die Schreibweise mit y führt erst König Ludwig I. ein).

Mönchssiedlung Munichen

Im 8. Jahrhundert gibt es zwar noch kein München, aber schon ein Pasing, ein Sendling oder ein Giesing. Am Ort der heutigen Peterskirche sollen jedoch schon einige wenige Menschen gewohnt haben: Mönche des Klosters Tegernsee oder - neueren Thesen zufolge - Mönche des Klosters Schäftlarn. Daher stammt wohl der Name der Niederlassung: Munichen. Einer anderen Theorie zufolge leitet er sich von "munica" ab. Der Begriff stammt aus dem mit dem Baskischen verwandten Vaskonischen und bedeutet "Ort auf der Uferterrasse".

Stadtgründer Heinrich der Löwe

Heinrich der Löwe

Fakten wurden im Lauf der Geschichte nicht in den wenigsten Fällen durch Gewalt geschaffen. Im Fall von München ist das nicht anders: Ein Handstreich von Heinrich dem Löwen Mitte der 1150er-Jahren führt zur Gründung der Stadt. Der machtbewusste Welfenherzog von Bayern und Sachsen hat die Isarbrücke bei Föhring im Visier. Bislang kontrolliert sie der Bischof von Freising. Er kassiert den Zoll für den gesamten Transportverkehr, so für den lukrativen Handel von Salz aus Reichenhall und Hallein.

14. Juni 1158

Brennende Isarbrücke bei Föhring als Gemälde

Heinrich, der sich das lukrative Geschäft unter den Nagel reißen will, lässt die Brücke der Überlieferung zufolge kurzerhand abbrennen und eine neue errichten - ein paar Kilometer stromaufwärts bei Munichen, an der Stelle der heutigen Ludwigsbrücke. Der Freisinger Bischof beschwert sich zwar bei Friedrich Barbarossa. Doch der römisch-deutsche Kaiser bestätigt im sogenannten "Augsburger Schied" die neuen Besitzverhältnisse. Das war am 14. Juni 1158. Lange datierten Historiker in jenes Jahr die offizielle Geburtsstunde Münchens.

Historiker zweifeln

Doch wann die Brücke genau brannte, darüber geben die Quellen nichts her. Noch nicht einmal das Jahr 1158 steht zweifelsfrei fest. Es könnte durchaus sein, so der Münchner Historiker Lorenz Maier, dass die Brücke erst danach in Flammen aufging. Der "Augsburger Schied" wäre dann nicht Ergebnis des Brückenbrandes, sondern seine Ursache.

Vielleicht hat die Brücke aber auch gar nicht gebrannt. Hubertus Seibert führt die Lehrmeinung auf einen Übersetzungsfehler der Urkunde von 1158 zurück und folgert: "Die Erwähnung des Brandes in der Kaiserurkunde von 1180 könnte auch der Versuch des Freisinger Bischofs sein, die Gründung Münchens und die Zerstörung seines Marktes Föhring rückgängig zu machen."


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