BR Fernsehen - Wir in Bayern


12

Bücher Buchtipps aus Unterfranken

Jede bayerische Region hat ihre eigenen brillanten Autoren oder ist der Handlungsort für spannende Bücher. Buchhändlerin Sabine Abel gibt diesmal Leseempfehlungen, die entweder aus der Feder unterfränkischer Schriftsteller stammen oder deren Handlung in Unterfranken spielt. Vom spannenden Roman bis zum liebevoll gestalteten Kinderbuch sollte für jeden die passende Lektüre dabei sein!

Stand: 29.04.2024

Sabine Abel | Bild: BR

Roman Rausch: Die letzte Jüdin von Würzburg

Am 14. Februar 1349 fand in Straßburg ein schreckliches und tragisches Judenprogrom statt. Fast die gesamte jüdische Bevölkerung der Stadt wurde in dieser Nacht ermordet. Die junge Jaelle ist eine der wenigen, die das Massaker überlebt hat. Das Letzte, was ihr Vater ihr mit auf den Weg gab, bevor er selbst Opfer der gewalttätigen Ausschreitungen wurde: Sie solle unbedingt nach Würzburg gehen. Dort habe sie einen Onkel, der sich um sie kümmern würde.
Also schlüpft die junge Frau in Männerkleider und macht sich auf den gefährlichen Weg in die Bischofsstadt. Sie hofft inständig, dass niemand sie als Frau und, was noch viel schlimmer wäre, als Jüdin erkennt. Im Jahr 1349 wütet die Pest in ganz Europa und überall gibt man den Juden als Brunnenvergifter die Schuld dafür.
Eines Tages begegnet ihr Michael de Leone, einer der wichtigsten Berater des Würzburger Bischofs. Michael ist angetan von dem "jungen Mann", der offensichtlich gebildet ist, schreiben kann und mehrere Sprachen spricht. Er will Jaelle überreden, am Hof des Bischofs als Schreiber zu arbeiten. Aus Angst erkannt zu werden, lehnt Jaelle ab.
In Würzburg angekommen, findet sie Unterschlupf bei einem Rabbiner. Als der von Michaels Plänen erfährt, überredet er Jaelle, die Stelle als Schreiber anzunehmen. Zu wichtig könnten die Informationen für die jüdische Gemeinde sein, die Jaelle im Amtssitz des Bischofs in Erfahrung bringen könnte. Denn auch in Würzburg stehen die Zeichen nicht gut.

"Dieser Roman ist ein wunderbarer Historienschmöker. Man taucht beim Lesen sofort in die Zeit und die Gesellschaft des Mittelalters ein. Roman Rausch hat akribisch recherchiert und viele Fakten zusammengetragen, die die Geschichte um Jaelle unterlegen und deshalb noch informativer und spannender machen. So ist zum Beispiel die Figur Michael de Leones historisch belegt. Das Buch erzählt eine atemraubende Geschichte rund um die Pest-Pogrome und gleichzeitig erfährt man vieles über eine sehr illustre Figur der Würzburger Stadtgeschichte."

Sabine Abel

Paul Maar: Kartoffelkäferzeiten

Johanna ist 13 Jahre alt. Sie lebt mit ihrer Mutter Paula, ihrer Oma Mariechen und der Tante Fanni in einem kleinen Dorf zwischen Schweinfurt und Hassberg. Die Frauen bewirtschaften dort ein Gasthaus. Der Zweite Weltkrieg ist schon einige Jahre vorbei, Johannas Vater ist bisher aber nicht aus der russischen Kriegsgefangenschaft heimgekehrt. Das Leben ist nicht einfach, es mangelt an Kohle, das Essen ist knapp.
Johanna und die drei erwachsenen Frauen müssen hart schuften, damit das Gasthaus am Laufen gehalten werden kann. Doch irgendwie haben sich alle mit der Situation arrangiert. Johanna hilft nach der Schule, wo sie kann, Oma Mariechen weiß, wie sie die schweren Bierfässer aus dem Keller bekommt, Tante Fanni hilft an den Wochenenden mit und Paula scheint sowieso alle Untiefen des Lebens zu ertragen und zu meistern. Dann zieht auch noch Johannas zweite Oma, die bis dahin im Keller einer Bombenruine in Nürnberg gewohnt hat, im Gasthaus ein.
Ablenkungen von ihrem recht anstrengenden Familienleben findet Johanna kaum in dem kleinen Dorf. Sie trifft ihre Freundin und freundet sich auch mit Manni, einem Jungen aus der Schule, an. Als sie daheim von ihm erzählt, erlebt Johanna das erste Mal in ihrem Leben bewusst die Engstirnigkeit in ihrem Geburtsort, die auch vor ihrer Haustür keinen Halt macht. Ausgerechnet Oma Mariechen ist gegen die Freundschaft, weil Manni ein uneheliches Kind ist. Mit "so jemandem" will sie nichts zu tun haben. In Johannas Augen wird das fränkische Dorf immer kleiner und enger. Sie träumt von einem anderen Leben. Darüber kann sie nur mit dem "roten Baron" reden. Der ist ein politisch sehr aktiver Nachbar und ehemaliger Weggefährte ihrer Mutter, der sich auch im Widerstand gegen die Nazis engagiert hatte, ein Außenseiter im Dorf. Er erzählt Johanna von der Welt und durch ihn erfährt sie, dass das Wort von Erwachsenen nicht zwangsläufig unumstößlich ist. Dass es sich lohnt, seinen eigenen Kopf zu haben.
Dann steht eines Tages Johannas Vater vor der Tür und alles ist plötzlich anders als davor.

"Eigentlich hat Paul Maar dieses Buch, das viel Persönliches enthält, für Kinder ab etwa elf Jahren geschrieben. Es ist aber auch für Jugendliche und Erwachsene wunderbar geeignet. Der Roman ist sehr unterhaltsam und gleichzeitig bekommt man ein informatives und authentisches Bild des Lebens in der Nachkriegszeit. Die Themen, die Johanna umtreiben, beschäftigen auch heute noch junge Menschen: Freundschaft, Liebe, Abnabelung von der Familie und gesellschaftliche Konventionen."

Sabine Abel

Dieter Wölm: Von der Stange

Mit diesem Krimi hat Dieter Wölm schon seinen vierten Aschaffenburg-Krimi geschrieben. Auch diesmal ermittelt Kommissar Rotfux in Begleitung seines sympathischen Rauhaardackels Oskar. Wieder haben die beiden einiges zu tun, denn das Verbrechen schlägt erneut in der ansonsten sehr beschaulichen Stadt Aschaffenburg zu.
Eine junge Frau wird entführt, als sie sich mit ihrem Freund nachts auf dem Heimweg von einer Studentenparty befindet. Rotfux muss aus Mangel an Spuren sogar extra die Taucherstaffel aus Nürnberg anfordern. Nach längerem Suchen finden die Nürnberger Polizisten dann das Fahrrad und einige Habseligkeiten der jungen Frau im Main. Dann taucht auch noch ein Erpresserbrief auf, in dem gefordert wird, dass Thomas Herder, ein reicher Versandhändler aus Aschaffenburg, sofort seine Geschäfte mit Billigkleidung aus Bangladesch und Pakistan einstellen soll. Bei der Entführten handelt es sich nämlich um dessen Tochter. Sollte er den Forderungen nicht nachkommen, würde es seiner Tochter schlimm ergehen.
Kurz darauf verschwindet eine zweite junge Frau. Von ihr findet die Polizei einen Schuh und eine Blutspur am Ort ihrer Entführung.
Hängen diese Fälle zusammen? Beide Frauen kannten sich wohl aus der Universität. Allerdings handelt es sich bei der zweiten jungen Frau um die Tochter eines Pizzeria-Besitzers, der früher schon mit der italienischen Mafia in Verbindung gestanden hatte. Schutzgelderpressung - oder doch die Geschäfte Thomas Herders? Rotfux tappt im Dunkeln.
Dann gibt es auch noch ein drittes Entführungsopfer.

"Dieser Krimi ist für alle Aschaffenburg-Liebhaber bestens geeignet, aber auch für alle, die diese pittoreske Stadt mit Schloss und Fachwerkhäusern noch gar nicht kennen. Es gelingt Dieter Wölm perfekt, seine Leserschaft mit in seine Stadt zu nehmen. Obwohl der sehr spannende Kriminalfall inklusive seiner sehr ernsten Themen immer im Mittelpunkt steht, schnuppert man beim Lesen unheimlich viel unterfränkische Atmosphäre."

Sabine Abel

Bilderbuch: Die Rettung

Alles, was mit Blaulicht fährt, ist für Kinder ein großes Spektakel. Die Fahrzeuge sind laut und erregen fast automatisch die Aufmerksamkeit der Kleinen. Aber was genau ist eigentlich ein Rettungswagen? Was passiert da drinnen? Wer fährt mit? Wie helfen Sanitäter und was haben sie alles dabei?
Auf all diese Fragen bietet dieses Bilderbuch aus dem Darum Verlag Antworten. Gemeinsam mit ihren Eltern oder Großeltern entdecken Kinder ab zehn Monaten die Welt der Rettungssanitäter. Sie dürfen sich im Rettungswagen selbst genau umschauen, die Sanitäter zeigen ihre Arbeit und die Kinder erfahren, was zu tun ist, wenn man in Not gerät und einen Rettungswagen braucht.
Auf insgesamt zehn großformatigen Bildern über eine Doppelseite lassen sich immer wieder neue Details entdecken. Der kurze Text zu den jeweiligen Bildern ist gereimt. Das fördert die Sprachentwicklung und Kinder finden Texte in Versform sowieso großartig.

"Die Bilderbücher aus dem Darum Verlag sind alle mit echten Fotos. Die Kinder können so die Welt, in der oft so vieles viel zu schnell geht, daheim in aller Ruhe noch einmal anschauen. Alles ist so abgebildet, wie es in der Realität auch aussieht, nichts ist verfälscht oder verniedlicht. Die Seiten sind aus dickem Karton, die Ecken abgerundet. Perfekt also für kleine Hände. Außer dem Rettungswagen sind noch einige weitere Titel in diesem Verlag erschienen, wie zum Beispiel Eins, zwei, Polizei, Die Kehrmaschine kommt oder, ganz neu, Honig für dich."

Sabine Abel

Viel Freude beim Lesen wünschen Sabine Abel und "Wir in Bayern"!


12