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Tag der Artenvielfalt in den Hohen Tauern Zwischen Hummeln und Heuschrecken im Malta-Tal

Adler, Steinbock, Gämse - aber welche anderen Tiere gibt es sonst im Hochgebirge? Um das Wissen über die biologische Vielfalt im Gebirge zu erweitern, gibt es im Nationalpark Hohe Tauern jedes Jahr einen „Tag der Artenvielfalt“.

Von: Georg Bayerle

Stand: 22.09.2023

Artenvielfalt in den Hohen Tauern: Wildnislandschaft im Nationalpark Hohe Tauern | Bild: BR/Georg Bayerle

Adler, Steinbock, Gämse - diese Tiere des Hochgebirges kennt, wie man so schön sagt, beinahe jedes Kind. Aber was lebt da sonst noch? Und wie viele Tierarten gibt es überhaupt im Hochgebirge? So ganz präzise kann diese Frage gar nicht beantwortet werden. Doch um das Wissen über die biologische Vielfalt im Gebirge zu erweitern, gibt es im Nationalpark Hohe Tauern jedes Jahr einen „Tag der Artenvielfalt“. Immer in einem anderen Tal. In diesem Jahr kamen an die 100 Wissenschaftler im Malta-Tal zusammen und haben sich auf die Suche nach kleinen und unscheinbaren Lebewesen begeben.

Der Hummelpapst auf Suche

Unwirtlich und lebensfeindlich präsentieren sich die Hohen Tauern mit Sturm und Kälte an diesem speziellen Tag. Es ist kein gutes Wetter für die zoologische Feldforschung, denn die Tiere verkriechen sich. Ambros Eichhorn - graue Haare, grauer Vollbart - schreckt das nicht, schließlich gilt er mit seinen 90 Jahren als der Hummelpapst. Eigentlich ist er ja „nur“ Pfarrer, aber eben der Experte schlechthin. Bisher sind im Suchgebiet im oberen Maltatal nur zwei Hummelarten dokumentiert, aber es müssten viel mehr sein, glaubt der Experte.

Pinke Farbtupfer der Weideröschen lenken die Schritte jetzt in die Nähe der Osnabrücker Hütte unter dem Massiv der Hochalmspitze auf 2000 Meter Höhe. Jedes Blümchen hat sein Tierchen, erklärt der Experte. Es hängt vor allem von der Zungenlänge ab. Die längste Hummelzunge übrigens misst bei der Eisenhuthummel glatte zwei Zentimeter! Der Experte sucht in dieser hochalpinen Tundra die Büschel des Tauerneisenhuts ab und wird fündig; auch wenn es diesmal keine Eisenhuthummel ist, sondern die Diebeshummel. Sie beißt die Blüten hinten an und stiehlt sich so den Nektar.

Ohne die spezialisierten Amateure wie Ambros Eichhorn ginge es nicht. Zu aufwändig und komplex ist die biologische Forschung im Hochgebirge. Das macht auch den Tag der Artenvielfalt so besonders, an dem Wissenschaftler und Laienforscher zusammenkommen. Patrick Gros vom Haus der Natur in Salzburg baut aus den Funden eine Datenbank auf, zu der er als Schmetterlingsforscher selbst beiträgt.

Inge Illich hat die Sibirische Keulenheuschrecke entdeckt.

Jedes Jahr nehmen sich die rund 100 teilnehmenden Experten ein Tal in den Hohen Tauern vor und bereichern unser Wissen über das vielfältige Leben im Hochgebirge und die Überlebenskünstler, die hier existieren. Inge Illich hat zum Beispiel die Sibirische Keulenheuschrecke entdeckt. Die an das Gebirge angepasste Art hat es über Generationen und Jahrtausende hinweg geschafft, unter extremen Bedingungen zu überleben.

Auch der Hummelpapst Ambros Eichhorn kann diesmal eine Menge beisteuern. Trotz der widrigen Bedingungen hat er die Liste der Arten in diesem Gebiet erheblich erweitert: Neun verschiedene neue Hummelarten hat er gefunden. Was das bedeutet, muss die weitere Auswertung zeigen. Ein Grund könnte der Klimawandel sein, der bewirkt, dass immer mehr Tierarten aus den Niederungen nachrücken und hinaufwandern ins Gebirge.

Fernseh-Tipp

Sehen können Sie den Hummelpapst bei seiner Arbeit am Sonntag im BR Fernsehen, in Bergauf Bergab um 18:45 Uhr zusammen mit weiteren Beiträgen, die sich mit den Alpen im Wandel beschäftigen.


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