Lärchennadeln im Malojawind Wandern am Silser See
Das Oberengadin in der Schweiz ist eine beeindruckende Landschaft. In rund 1800 Meter Höhe reiht sich auf der Hochebene ein See an den anderen – und das vor majestätischer Bergkulisse. Dazu gibt es hier gleich mehrere einzigartige Naturphänomene, die eine Seenwanderung zu einem ganz besonderen Erlebnis werden lassen.
Jetzt im Herbst lohnt eine Wanderung am Silser See – Wellen, Wind und Waldgeister inklusive.
Für Wanderführerin Christine Salis ist das Wellenrauschen am Silser See ein gutes Zeichen. Dann nämlich weht vom Bergell kommend der Malojawind über den See, bringt die Wellen zum Schäumen und bläst Kopf und Seele frei. Eigentlich ist der Malojawind aus dem nahen Italien ein Schönwetterbote, manchmal aber kündet er auch einen Wetterumschwung an.
Von Sils aus geht es den See entlang, erst über flache Wiesen und dann hinein in den Wald auf der Seehalbinsel. Die Schritte federn weich auf dem von Lärchennadeln bedeckten Boden. Die Zirbelkiefern duften würzig süß in der Herbstsonne, über den Baumwipfeln glänzen die Gletscher der Bernina-Gruppe. Doch Christine Salis hat nicht nur einen Blick für die majestätischen Berge.
Immer wieder geht sie hinunter ans Seeufer und sucht den Uferstreifen ab. Denn genau zu dieser Jahreszeit entstehen die so genannten Silser Kugeln – einzigartig und nur hier am See zu finden. Das Engadin ist bekannt für seine ausgedehnten Lärchenwälder. Im Herbst werden die Lärchennadeln vom Wind über den See getrieben und der Wellengang sorgt dafür, dass sie sich zu Kugeln formen.
Wenn die Kugeln trocken sind, hält das Harz der Lärchennadeln die stachligen Kugeln zusammen. Mit diesen Kugeln dekorieren die Silser ihre Häuser. Der Sage nach sollen gute Wildleutchen die Silser einst mit Hilfe dieser Kugeln vor einer Hungersnot bewahrt haben, indem sie in die Kugeln Dörrfrüchte steckten und dann über den See rollen ließen.
Der Weg auf die Halbinsel hinaus steigt mal an, dann wieder nähert er sich dem felsigen Uferabbruch, um vorne an der Spitze der Halbinsel dann alle Register zu ziehen: mit einem atemberaubenden Blick von oben auf den See und die nahen Berge. Kein Wunder, dass hier immer wieder Künstler ihren Platz gefunden haben.
Friedrich Nietzsche hat die Spitze der Halbinsel sogar zu seinem Lieblingsplatz erkoren. Ein eigener Nietzsche-Stein erinnert an den berühmten Philosophen. Von hier kann man nun entweder weiterwandern bis Maloja oder den See ganz umrunden oder einfach nur an Ort und Stelle bleiben, den Blick über den See schweifen lassen und auf diese Weise ins Philosophieren kommen.