Petition zur Mehrwertsteuer auf Hygienartikel "Wir haben uns die Periode nicht ausgesucht"

Nanna-Josephine Roloff und Yasemin Kotra haben die Petition "Die Periode ist kein Luxus – senken Sie die Tamponsteuer" ins Leben gerufen. Sie wollen erreichen, dass Frauen für Hygieneprodukte weniger Mehrwertsteuer zahlen müssen. Wir haben mit der Sozialökonomin Kotra darüber gesprochen, warum es nicht nur um ein paar Euro geht und was Gleichberechtigung mit Steuerrecht zu tun hat.

Von: Miriam Harner/Robin Köhler

Stand: 10.07.2018 | Archiv

Tampon mit Preisschild | Bild: BR

PULS: Was hat Besteuerung von Tampons mit Gleichberechtigung zu tun?

Yasemin Kotra: Der Steuersatz auf Tampons stellt eine Diskriminierung der Frau dar. Frauen sind bereit, mehr Geld für Kosmetik-Produkte auszugeben und der Staat nutzt das aus. Die Periode haben wir Frauen uns nicht ausgesucht. Wir sind auf die Produkte angewiesen.

Wie werden Tampons und Binden aktuell in Deutschland besteuert?

Momentan bezieht der Staat 19 Prozent auf diese Artikel. Andere notwendige Produkte wie Brot und Wasser werden mit dem ermäßigten Satz von sieben Prozent besteuert. Unsere Petition fordert die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Damen-Hygieneartikel wie Tampons und Binden.

Geht es da nicht um sehr kleine Beträge?

Ja, aber uns geht es auch nicht nur ums Geld. Uns ist wichtig, eine Sensibilisierung für das Thema Gleichberechtigung herzustellen. Das geht eben bis ins Steuerrecht. Es kann nicht sein, dass Produkte, die wir benutzen müssen und auf die wir angewiesen sind, so hoch besteuert werden. Und das zeigt auch, dass vor allem Männer in der Politik sitzen und das Ganze regeln.

Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz wurde 1963 eingeführt. Warum ist bis heute niemand auf die Idee gekommen, dass Tampons für Frauen keine Luxusartikel sind und so besteuert werden sollten?

Yasemin Kotra

Das zeigt die Frauenfeindlichkeit, die in unserer Gesellschaft immer noch vorherrscht. Das sehen wir teilweise auch an den Reaktionen auf unsere Petition. Aber dazu muss man sagen, dass die Sätze der Mehrwertsteuer generell sehr willkürlich wirken. Warum werden Kunstwerke, Kaviar und Schnittblumen mit sieben Prozent besteuert, Damenbinden aber mit 19 Prozent? Da bedarf es einer grundsätzlichen Reform in Deutschland.

Wie sind denn die Reaktionen auf Eure Petition?

Im Netz gibt es leider viel Kritik, vor allem von Männern. Aber größtenteils sind die Reaktionen sehr positiv und wir haben schon über 70.000 Unterschriften sammeln können. Und wenn mal Kommentare kommen wie: "Schön, dass Ihr Frauen Euch dafür einsetzt, Geld zu sparen. Aber was ist mit unseren Rasierklingen?" Dann haken wir immer gleich nach und fragen, welchen Nachteil denn Männer davon hätten. Darauf kommen meistens keine Antworten mehr, weil Männer nicht benachteiligt werden, wenn die Mehrwertsteuer auf Tampons sinkt.

Kommt auch sachliche Kritik?

Wir werden häufiger darauf angesprochen, dass auch Rasierschaum und Kondome mit 19 Prozent besteuert werden. Das stimmt und deswegen bedarf es einer generellen Reform. Sonst hören wir noch öfters, dass es zum Beispiel mit Kinderarmut weitaus wichtigere Themen gibt. Aber nur weil wir diese Aktion machen, heißt das nicht, dass wir uns nicht für andere Dinge einsetzen.

Ihr habt nicht nur die Petition gestartet, sondern das Thema auch auf Landesebene in der Hamburger SPD eingebracht. Wie hoch schätzt Du Eure Erfolgschancen ein, etwas zu verändern?

Im nächsten Schritt wollen wir das Thema sogar auf Bundesebene einbringen und wir schätzen die Chancen recht hoch ein. Zum einen, weil die Reaktionen sehr positiv sind. Wir haben schon sehr viele Unterschriften und es kommen hoffentlich noch welche dazu. Zum anderen hat Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern generell einen sehr hohen Steuersatz. Daher hoffen wir, dass der Druck auf eine niedrigere Steuer ohnehin da ist und uns in die Karten spielt.

Sendung: Filter, 04.07.2018 - ab 15.00 Uhr