Tierschützer schlagen Alarm Die Zahl von Tiertransporten ins Ausland steigt – mit schlimmen Folgen

Die Zahl der Tiertransporte von Deutschland in Länder außerhalb der EU ist in den vergangenen Jahren explodiert. Gleichzeitig dauert der Transport immer länger. Tierschützer sprechen von Tierquälerei.

Von: Miriam Harner

Stand: 24.05.2017 | Archiv

Transport | Bild: Animal Welfare Foundation

Die Bilder von Tiertransportern an der bulgarisch-türkischen Grenze sind krass: Rinder, die auf engstem Raum zusammengepfercht  tief im eigenen Mist stehen. Ohne sauberes Wasser. Ohne frisches Heu. Geschossen wurden die Bilder von Tierschützern. Sie dokumentieren, welche Folgen der Export von lebendigen Tieren aus Deutschland in immer weiter entfernte Länder hat. Immer mehr Tiere, vor allem Rinder, werden von Deutschland aus in Länder außerhalb der EU gekarrt, über tausende Kilometer. Das hat jetzt eine Anfrage der Grünen im Bundestag ergeben.

Der Transport aus Nicht-EU-Ländern nimmt zu

Wie BR24 berichtet, ist in den letzten Jahren vor allem die Zahl der Transporte in die Türkei, nach Russland und in den Libanon massiv gestiegen. Dabei geht es vor allem um Milchkühe, die sind bei Züchtern im Ausland sehr beliebt, weil sie besonders viel Milch produzieren. Aber auch zum Schlachten werden die Tiere exportiert, das ist in Nicht-EU-Ländern oftmals einfach billiger. In die Türkei und Russland wurden letztes Jahr von Deutschland aus fast zehn Mal so viele Kühe exportiert wie noch 2013. Die Zahl der exportierten Kühe in den Libanon hat sich verdreifacht. Nach Angaben der Bundesregierung sind 2016 insgesamt rund 74.000 Rinder in Nicht-EU-Länder gekarrt worden.

Ein weiteres Problem ist, dass die Tiere an immer weiter entfernte Orte gebracht werden, zum Teil bis nach Sibirien oder den äußersten Osten der Türkei. Die Folge: Die für die Tiere quälenden Transportzeiten werden immer länger. Kleines Beispiel: Bis eine Kuh von Deutschland in der Türkei ist, dauert es laut Bundesregierung fast 70 Stunden. Und das nur im Durchschnitt! Tierschützer wie Iris Baumgärtner von der Animal Welfare Foundation sagen aber, dass die offiziellen Zahlen die Realität sogar noch beschönigen:

"Die sind total unrealistisch, weil die eben nur bis zu EU-Außengrenze erfasst werden. Tatsächlich sind die drei-, vier- fünfmal so lange."

Iris Baumgärtner, Animal Welfare Foundation im PULS-Interview

EU-Vorschriften?

Sind die Tiere erstmal über die EU-Grenzen hinaus, fehlt es auch an Behörden, die kontrollieren könnten, ob EU-Vorschriften eingehalten werden. Beispielsweise, ob die Tiere oft genug mit Futter und Wasser versorgt werden oder genügend Pausen mit Auslauf eingelegt werden. Besonders schlimm ist die Situation nach Aussage von Tierrechtsorganisationen an der bulgarisch-türkischen Grenze. Die bulgarischen Behörden sind angesichts der Masse an Tiertransporten, die sie abfertigen müssen, heillos überfordert. Dementsprechend lange sind die Wartezeiten. Zusammen mit anderen Tierschützern hat sich Iris Baumgärtner die Situation vor Ort angeschaut:

"Tatsächlich fanden wir Tiere, die seit Tagen in der Sonne standen bei 40 Grad, die verrückt wurden vor Durst und vor Hunger. Je länger der Transport dauert, desto stärker leiden eben die Tiere."

Iris Baumgärtner, Animal Welfare Foundation im PULS-Interview

Das Bundeslandwirtschaftsministerium betont, dass der Export von lebenden Tieren gerade in die Türkei in den letzten Monaten nicht so stark angestiegen sei wie zwischen 2013 und 2016. Für Deutschland gehöre die Türkei aber zu den wichtigsten Exportländern für Zucht- und Nutzrinder. Und was ist mit Berichten, die speziell bei diesen Tiertransporten über die bulgarisch-türkische Grenze Tierquälerei anprangern? Laut Ministerium sind entsprechende Meldungen seit 2016 deutlich zurückgegangen. Die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Anforderungen zu überwachen, sei außerdem Sache der Behörden in den einzelnen Bundesländern.

Sendung: Filter, 24.05.2017 - ab 15 Uhr