In sieben Minuten am Münchner Flughafen Warum nicht in Lufttaxen denken?

Im Netz lachen viele über den Antrag der CSU, Start- und Landeplätze am Neubau des Münchner Hauptbahnhofs miteinzuplanen. Doch so blöd ist die Idee gar nicht.

Von: Caspar von Au

Stand: 05.07.2018 | Archiv

Flugtaxi | Bild: BR

Kaum etwas hat das rhetorische Erbe Edmund Stoibers so geprägt wie seine Rede zur geplanten Transrapidstrecke zum Münchner Flughafen. Meist reicht es schon, "Sie steigen in den Hauptbahnhof ein"oder sogar nur "zehn Minuten"auf einer WG-Party in die Runde zu werfen, und alle steigen ein.

Daher ist es kaum verwunderlich, dass Stoiber jetzt wieder ausgepackt wird – diesmal jedoch nicht, um über ihn zu spotten, sondern von der CSU selbst. In einem Antrag fordert die Stadtratsfraktion beim Neubau des Münchner Hauptbahnhofs Start- und Landeflächen für Flugtaxen einzuplanen. Damit dieser in Zukunft besser an den Flughafen angebunden ist. Im Netz erntet der Antrag natürlich erstmal viel Spott und Häme. Ähnlich wie Dorothee Bär (CSU), als die neue Digital-Staatsministerin die Flugtaxen als eine ihrer Visionen bei ihrem Amtsantritt im März nannte. Dabei ist die Idee der Münchner CSU gar nicht so blöd.

Sieben – nicht zehn – Minuten soll es nach Vorstellung von Fraktionschef Manuel Pretzl künftig dauern, um mit einem Flugtaxi vom Hauptbahnhof zum Flughafen zu gelangen. Das ist keineswegs Science Fiction, das bayerische Unternehmen Lilium Aviation plant zum Beispiel, noch dieses Jahr seinen ersten Mini-Flieger auf den Markt zu bringen. Der soll 300 Stundenkilometer draufhaben, bis zu fünf Passagiere befördern können und irgendwann autonom fliegen.

Kritiker bemängeln, dass viele Dinge noch ungeklärt sind: Welche Gesetze gelten für Flugtaxen? Wo in München dürfen sie fliegen und wo nicht? Wo können sie notlanden? Wer trägt die Schuld, wenn eine Drohne mit Menschen an Bord abstürzt und verunglückt?

Gerade im Verkehr ist (neben dem benötigten Wohnraum) nicht geklärt, wie das schnell wachsende München der vielen Menschen Herr werden soll, die in Zukunft die Stadt bewohnen. Die zweite Stammstrecke wird zwar gebaut, doch noch ist nicht absehbar, wann sie fertiggestellt wird. Die Grünen im Landtag wollen sogar prüfen lassen, ob der Bau angesichts von Kostensteigerungen und Verzögerungen weitergeführt werden soll. Auch im Münchner Norden ist noch vieles unklar: Auf dem Gebiet der ehemaligen Bayernkaserne sollen künftig rund 10.000 Menschen wohnen, nebenan baut BMW sein Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) aus, mit rund 15.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Da helfen Startplätze für Flugtaxen am Hauptbahnhof nicht viel... bis gar nicht.

Trotzdem wäre es falsch, den Vorschlag der CSU aus diesen Gründen abzulehnen. Beim Bau der zweiten Stammstrecke gab und gibt es viele Fehlplanungen. Die Stadt hat es verschlafen, für den Münchner Norden rechtzeitig ein Verkehrskonzept zu entwickeln. Genau das aber könnte der CSU-Antrag besser machen, denn die Idee ist vorausschauend gedacht. So machen wir uns in zehn bis zwanzig Jahren nicht darüber lustig, dass der moderne Hauptbahnhof-Neubau München alles hat (sogar schnelles und kostenloses Wlan), dafür aber keine Flugtaxen dort landen und starten können. Und vielleicht beschleunigt der CSU-Vorstoß sogar die Gesetzgebung für die Passagier-Drohnen.

"Dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen… am… am Hauptbahnhof in München starten Sie Ihren Flug“, könnte Stoiber dann glücklich stottern. Und wir hätten neuen Gesprächsstoff auf der WG-Party.

Sendung: Filter, 05.07.2018 - ab 15.00 Uhr