Gefälschte und gekaufte Online-Bewertungen So könnten Online-Bewertungen endlich wieder Sinn machen

Bewertungen beeinflussen unser Kaufverhalten im Internet, obwohl wir wissen, dass vieles davon gefaked ist. Eine aktuelle Studie der Verbraucherzentrale Bayern bestätigt den Verdacht und fordert die Portale auf, endlich Maßnahmen zu ergreifen.

Von: Pablo Bücheler

Stand: 26.07.2018 | Archiv

Bewertungen Symbolbild | Bild: BR / Dominik Wierl

Eigentlich müssten wir es ja besser wissen. Wir wissen, dass viele Online-Bewertungen manipuliert sind. Trotzdem lassen wir uns vom vermeintlichen Urteil der Crowd in unserem Kaufverhalten beeinflussen. Wir überlegen uns zum Beispiel zweimal, ob wir in ein bestimmtes Restaurant gehen, wenn es durchschnittlich mit nur zwei Sternen bewertet wurde. Wir denken: "Wenn es viele für gut oder schlecht halten, wird schon was dran sein." Genau dieser Effekt macht das Geschäft mit Fake-Bewertungen so attraktiv. Bei den meisten Bewertungsportalen wird manipuliert, was das Zeug hält. Das haben die Marktwächter "Digitale Welt" von der Verbraucherzentrale Bayern in einer aktuellen Studie bestätigt. Gute Bewertungen können ganz einfach im Internet gekauft werden.

Gekaufte Bewertungen befinden sich in rechtlicher Grauzone

"Agenturen bieten positive Bewertungen zum Kauf an. Die Angebote sind sehr einfach im Internet auffindbar und werden rechtlich als Werbemaßnahmen angesehen."

- Tatjana Halm, Referatsleiterin des Referats Markt und Recht Verbraucherzentrale Bayern

Als Werbemaßnahme befinden sich diese gekauften Bewertungen aber in einer Grauzone des Gesetzes. Nur werden sie meist nicht als "Werbung" gekennzeichnet. Wer soll sich da noch auskennen?

"Um gefälschte Bewertungen zu erkennen, reicht es nicht aus, sich auf sein intuitives Gefühl zu verlassen, ob etwas etwa zu professionell oder zu sehr nach Artikelbeschreibung klingt. Professionelle Bewerter und Agenturen wissen selbstverständlich, dass man natürlich und normal klingen muss."

- Tatjana Halm, Referatsleiterin des Referats Markt und Recht Verbraucherzentrale Bayern

Glaubwürdigkeit durch Transparenz

Die Marktwächter der Verbraucherzentrale Bayern haben die großen Bewertungsportale jetzt aufgefordert, selbst sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen, damit Bewertungen wieder das werden, was sie sein sollten: unabhängige Kundenmeinungen. Gefordert werden zum Beispiel Algorithmen, die effektiver Fake-Texte aufspüren, Missbrauchsmeldebuttons für User oder zusätzliche Mitarbeiter, die verdächtige Bewertungen überprüfen. Am wichtigsten wäre laut Tatjana Halm aber mehr Transparenz.

"Es wäre sicherlich ein erster Schritt, überhaupt transparent zu machen, wie man gegen gefälschte Bewertungen vorgeht, also welchen Einsatz man da liefert. Gesetzliche Vorgaben würde ich erst dann fordern wollen, wenn die Motivation der Portale zu keinem Ergebnis führt."

- Tatjana Halm, Referatsleiterin des Referats Markt und Recht Verbraucherzentrale Bayern

Die Forderung ist ausgesprochen, jetzt liegt der Ball bei den entsprechenden Plattformen. Ein herrliches Beispiel dafür, wie einfach zu manipulieren Bewertungsportale sind, hat vor kurzem erst ein junger Engländer gezeigt. Auf Tripadvisor hat er sein eigenes Hipster-Restaurant erfunden. Professionelle Fotos von seiner Gartenlaube hinterm Haus, einem Tisch und den angeblich servierten Speisen ließen das Ganze realistisch und exklusiv klingen. Dazu ein geheimnisvoller Beschreibungstext – fertig war sein "Geheimtipp" für Londoner Gourmets. Mithilfe einiger Top-Rezensionen von ihm selbst und seinen Freunden hatte er innerhalb kurzer Zeit das best-geratete Restaurant der Stadt. Niemand ahnte den Betrug. Zum ersten und einzigen Dinnerabend im Fake-Restaurant in der Laube gab‘s dann übrigens hübsch angerichtetes Mikrowellenessen und eine rauschende Party. Und selbst da hatten die Gäste die Verarschung nicht enttarnt, sondern schwammen weiter dankbar auf der Welle der Begeisterung mit. Tripadvisor dürfte sich sicher weniger gefreut haben. Das Portal hat den Eintrag inzwischen gelöscht, steht aber natürlich ziemlich blamiert da.

Sendung: Filter am 27.07.2018 – ab 15 Uhr