Verpacken ohne Plastik Diese 5 Start-ups stellen alternative Verpackungen her

So wird dein Einkauf in Zukunft vielleicht verschickt: In Algen statt Plastik. Stroh statt Styropor. Wir haben ein paar interessante Alternativen zu klassischen Verpackungen aufgelistet.

Von: Maria Christoph

Stand: 19.06.2020 | Archiv

Grafik | Bild: BR

Egal ob das Abendessen, die neue Klamotten oder die Yoga-Matte für’s Home Workout. Wir bestellen. Im Internet. Am besten direkt zu uns nach Hause. Und die Unternehmen müssen ihre Ware zum Verschicken sicher verpacken. Und tun das: meistens in Plastik, Styropor, Pappe.

Das tut jedem weh, der sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt und weiß, dass jährlich rund 10 Millionen Tonnen Plastikmüll die Weltmeere überfluten und 2050 vielleicht mehr Plastik im Meer schwimmen wird als Fische. Kunststofftüten, To-Go-Becher, Folien, Plastikflaschen, und natürlich all die Mikroplastiken, die zum Beispiel in synthetischer Kleidung oder Kosmetik stecken.

Aber, es gibt auch eine gute Nachricht: Verpackungen aus Plastik bekommen immer mehr Konkurrenz! Welche nachhaltigeren Alternativen es schon gibt, haben wir mal zusammengestellt.

5 Startups für nachhaltigere Alternativen zu herkömmlichen Verpackungen

1. Tomaten in Tomatenresten verpackt

Sie wollen dem übermäßigen Gebrauch von Kunststoff auf Erdölbasis und Papier auf Zellulosebasis den Kampf ansagen: “Bio-Lutions” nutzt Pflanzenabfälle für Verpackungen und Einweggeschirr. Genauer: Sie verarbeiten Agrarreste – ohne großen technischen Aufwand.

Was sind Agrarreste? Reisstroh, Bananenstämme oder Ananassträucher zum Beispiel. Dinge, die sonst bei der Ernte von Reis, Bananen oder Ananas weggeschmissen werden. Es geht also um klassisches Up-Cycling, das weltweit eingesetzt werden könnte.

Das Gute: Der Rohstoff für die Verpackung muss nicht extra irgendwo angebaut werden. Und man braucht keine Lieferanten, die den Rohstoff irgendwo hinbringen müssen. Der entsteht einfach dort, wo beispielsweise bei der Ernte Reste anfallen, die der Landwirt oder die Landwirtin nicht mehr braucht. Und die sind es auch, die die Verpackung dann nutzen sollen: Also zum Beispiel Tomaten in Verpackungen stecken, die aus Tomatenresten gewonnen werden. Re-Packaging nennen die Hamburger das.

So entfallen auch Transportwege. Und: Alles soll wohl umweltschonend verbrannt oder kompostiert werden können. Der Unternehmen packt gerade schon dort an, wo es am nötigsten ist und baut gerade in Bangalore, Indien, eine Produktionsanlage für ihre biobasierte Verpackungen auf.

2. Die “radikal umweltfreundliche” Verpackungsbox

Wie kommt die Lieblingspizza vom Lieferanten bei mir an? In der Styroporkiste (auf Erdölbasis, mit viel Energie hergestellt), damit sie noch schön heiß bleibt. Klar. Meistens jedenfalls. Ist aber nicht besonders nachhaltig. Gibt’s ne Alternative?

Eventuell das, was “Landpack” vorhat: eine “radikal umweltfreundliche” Verpackungsbox. Eine Isolierverpackung, die genauso gut wie Styropor ist, nur eben biologisch abbaubar – im besten Fall sogar im eigenen Garten entsorgt werden kann. Das Münchner Start-up schreibt sich genau das auf die Fahne. Ihre Verpackungsbox besteht nämlich aus einem nachwachsenden Rohstoff: Stroh. Ein bisher ungenutztes Abfallprodukt in der Landwirtschaft. Dort ist es im Überfluss vorhanden, dämmt gut, nimmt Feuchtigkeit aus der Luft auf und senkt damit die Feuchtigkeit in der Verpackung. Außerdem hat Stroh eine geringe Wärmeleitfähigkeit. Kühlt quasi ganz gut.

Der Preis ist übrigens vergleichbar mit dem von Styropor. Das Unternehmen bislang konkurrenzlos. Mittlerweile nutzen die umweltfreundlichen Boxen Unternehmen wie Feinkost Käfer, Alnatura und die Andechser Molkerei Scheitz. Und laut der Gründerin nutzt manch einer ihre Box auch als Sitzkissen zur Meditation. Auch gut.

3. Take-Away im Palmblatt  

Wer Himbeeren liebt, weiß: Im Supermarkt liegen die oft in der Plastikschale, meistens sogar noch mit Luftpolsterfolie ausgelegt, damit sie nicht ihre schicke Form verlieren. Ist nachhaltigkeitstechnisch natürlich nicht so gut. Das dachte sich auch das Berliner Start-up “Arekapak”. Die machen Verpackungen aus Blättern der Arekapalme.

Klingt erstmal nicht besonders nachhaltig – Jedenfalls könnte man sich fragen: Wo wachsen bitte Palmen in Berlin? Oder kommen die mit dem Frachtschiff hier an? Und: Ist das dann wirklich nachhaltiger als Plastik?

Ja! Sagen jedenfalls die beiden Gründerinnen: Das Blatt dieser Palme bleibt also bei der Ernte der grünen, ovalen Betelnuss als Abfall übrig. Die herabfallende Blätter werden aufgesammelt, gewaschen, eingeweicht, von der Sonne getrocknet und dann in Form gepresst. Das passiert in lokalen Manufakturen in Indien, denn die lokale Zusammenarbeit steht für das Start-up im Vordergrund.

Der Rohstoff ist wasserabweisend, stabil und vollständig kompostierbar. Eingesetzt werden könnte die Verpackungsalternative auch bei Tiefkühlprodukten oder um zum Beispiel Gemüse im Ofen zu garen. Oder eben für Take-Away wegen der Hitze- und Kältebeständigkeit des Materials. Abgeguckt haben sich die Gründer*innen ihre Idee von der Art, wie man in Indien ganz traditionell Dinge verpackt.

4. Diese Verpackung ist essbar...

...und könnte damit die Verpackungsindustrie für flüssige Nahrung revolutionieren. Not bad. Die Idee basiert darauf, dass es zwar in Deutschland ein ganz gutes Pfandsystem für PET-Flaschen gibt, aber international betrachtet gerade mal 20 Prozent der Plastikflaschen recycelt werden. Und: Beim Recycling werden Unmengen an Energie verbraucht.

Also braucht’s schleunigst ne Alternative, dachte sich der Gründer des britischen Start-ups “Notpla”. Und hat sich angeschaut, mit was die Natur selbst Flüssigkeiten verpackt, also zum Beispiel bei Trauben. Die natürliche, wasserdichte Membran der “Ohoo”-Flaschen ist aus Seetang, sie umschließt die Flüssigkeit.

Die Idee beziehungsweise die Technik dahinter gar nicht mal soo neu: Man nutzt die zum Beispiel auch zur Herstellung der kleinen Bubbles im Bubble Tea. Diese Art von “Schale” ist 100 Prozent biologisch abbau- und …*Trommelwirbel*...essbar!

5. Holzfolie gegen Plastikmüll, klappt das?

Die Gründer*innen von “Superseven” sagen: Ja. Unter dem Markennamen “Repaq” bieten sie kompostierbare Zellulose-Verpackungen an, frei von Plastik oder Erdöl. Eine ökologische Alternative zu nicht verrottbaren Mikroplastiken, die im Gartenkompost nach einer Woche von selbst zerfallen sollen, statt im Gelben Sack zu landen. Einpacken soll man damit zum Beispiel Gemüse und Obst, das im Supermarkt auf der Auslage liegt. So, wie es beispielsweise der Bio-Anbauverband Demeter macht.

Der Grundstoff: Holz. Hier könnte Kritik angebracht sein. Holz ist ja auch ein endlicher Rohstoff.  Die Unternehmer entgegnen dem aber mit einem anderen Argument: Ihre Folien stammen aus Abfällen der Holzwirtschaft, die als nachhaltige Forstwirtschaft zertifiziert sind. Also: Momentan müssen jedenfalls keine extra Bäume sterben. Und: Die Materialien kommen laut dem Unternehmen aus Europa.

Ein größeres Problem ist aber, dass die Zellulose-Verpackung zwar zertifiziert kompostierbar ist, aber momentan noch nicht im deutschen Bio-Müll landen darf, weil der Sortiermechanismus die Folie nicht als kompostierbar erkennt. In der Schweiz geht das beispielsweise schon.

Die beste Alternative? Gar nicht verpacken!

Natürlich machen diese Alternativen bisher nur einen kleinen Teil der Verpackungsindustrie aus. Und: Auch sie sind nicht die Lösung all unserer Verpackungs-Probleme. Wichtig bleibt zu schauen: Wo kommen die Materialien für die Alternativen her, wie werden diese transportiert und können sie überhaupt recycelt werden? Deswegen gilt: Die beste Verpackung bleibt natürlich eine, die man mehrfach verwenden kann und nichts neues dafür herstellen muss. Die echte Alternative zur Verpackung ist laut Deutscher Umwelthilfe deswegen: gar keine Verpackung!

PULS: Eine Sendung vom 22. Juni 2020