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Interview // Claudius Nießen "Über das Buch hinaus trinken"

Claudius Nießen sitzt in der Jury der PULS Lesereihe 2015 und entscheidet, wer im Herbst mit dabei sein darf. Im Interview verrät er, dass Literatur auch feiern kann und was er auf keinen Fall lesen will.

Von: Matthias Hacker

Stand: 14.08.2015 | Archiv

PULS Lesereihe Juror Claudius Nießen, Leiter des Deutschen Literaturinstituts | Bild: Hoffmann und Campe

Wir suchen eure Texte für die PULS Lesereihe 2015 zum Motto "Sind wir bald da?" Ob ihr mit eurer Geschichte an der Lesereihe teilnehmen dürft, entscheidet dann eine Jury. Claudius Nießen vom Deutschen Literaturinstitut ist einer der Juroren. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, mit welchen Texten ihr bei ihm punkten könnt und was er auf keinen Fall lesen will.

PULS: Welche Texte haben gute Chancen dir zu gefallen?

Claudius Nießen: Ich bin immer auf der Suche nach Texten, die mich überraschen.  Die Texte können besonders spannend oder aus einer bestimmten Perspektive heraus erzählt sein. Oder es geht um ein Thema, das mich selber sehr bewegt und mir so noch nicht begegnet ist. Grundsätzlich gibt es aber kein festes Kriterium. Die Texte müssten einfach Lust darauf machen, weiterzulesen.

Das Motto der PULS Lesereihe 2015 ist "Sind wir bald da?" Welche Geschichten wünscht du dir denn zu diesem Thema?

Das bleibt den Autorinnen und Autoren schon selbst überlassen. Man sollte ein Motto nicht zu ernst nehmen, sondern sich recht frei daran entlang bewegen. Wichtig ist, dass man eine Geschichte erzählt.

Man darf also auch mit dem Motto brechen?

Ja, unbedingt, das ist immer gut.

Vielen Autoren graut es vor dem weißen und leeren Blatt Papier. Gibt es denn Tricks, wie man das Schreiben am besten angeht?

Ein Mittel gegen die Schreibblockade haben wir noch nicht gefunden – und die gehört beim Schreiben auch dazu. Diese Erkenntnis macht es zwar nicht leichter, aber man ist immerhin nicht allein damit. Auch den großen Autoren geht es da nicht anders. Wie man ins Schreiben kommt, ist eine ziemlich persönliche Sache. Ich mag es gerne, erst etwas anderes zu lesen oder Musik zu hören.


Woher holst du dir Ideen für deine Texte?

Ganz klassisch aus Zeitungsmeldungen oder Fotos aus Zeitschriften, bei denen ich ins Grübeln komme. Oft passt irgendjemand auf einem Bild gut zu einem Charakter, den man sich vorstellt. Man kann aber auch eine kleine Notiz aufgreifen, sie für die eigene Geschichte als Kern nutzen, weiterdrehen und neue Ideen drum herum schreiben.

Die Texte für die Lesereihe müssen nicht nur geschrieben, sondern auch vorgetragen werden. Wie wichtig ist es für einen Autor, seine Geschichten live performen zu können?

Das ist sehr wichtig. Ein Autor kann seinen Texten in Lesungen sehr viel Schlechtes antun, indem er sie nicht gut performt. Für Autoren, die mit Lesungen ihr Geld verdienen, ist die Performance wichtig. Außerdem ist das der direkte Kontakt zum Publikum: Wenn bei einer Lesung der Funke überspringt, dann klappt das auch in den Büchern. Man sollte etwas Spannendes oder Witziges lesen, nicht zu viel und vor allem nicht zu schnell.

Gewinner der PULS Lesereihe wird derjenige, bei dem der größte Funke überspringt. Und der fährt dann zur dir nach Leipzig ans Deutsche Literaturinstitut und darf an einem Schreib-Workshop teilnehmen. Auf was kann sich der zukünftige Lesereihen-Sieger da freuen?

Ich hoffe auf eine relativ intensive Zeit in Leipzig, zur selben Zeit ist auch die Buchmesse dort. Deswegen setzen wir uns nicht nur hin und arbeiten an den Texten, sondern gehen auf viele Lesungen am Abend und wir zeigen, dass Literatur feiern kann. In Leipzig gibt es sehr viele Möglichkeiten, abends wegzugehen und über das Buch hinaus zu trinken. Aber wir schauen uns natürlich auch die Geschichten ganz genau an. Ich hoffe, dass der Gewinner danach weiß, wo er an seinen Texten noch feilen und wie er weiterarbeiten kann.


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