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Neu im Kino Wie „The Fall Guy“ Emily Blunt für ein verheerendes Frauenbild verpulvert

„The Fall Guy“ mit Ryan Gosling in der Hauptrolle will der 80ies-Kultserie „Ein Colt für alle Fälle“ ein Update verpassen. Der Kinofilm macht Spaß – es sei denn, man erwartet neben zig Explosionen auch nur einen einzigen klugen Gedanken.

Von: Paula Lochte

Stand: 30.04.2024

HANDOUT - 25.04.2024, ---: Emily Blunt als Judy Moreno und Ryan Gosling als Colt Seavers in einer Szene des Films "The Fall Guy" (undatierte Filmszene). Der Film kommt am 30.04.2024 in die deutschen Kinos. (zu dpa-Kinostarts) Foto: -/Universal Pictures/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über den Film und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++ | Bild: dpa-Bildfunk/-

Verliebte dürfen keine Pläne machen. Das ist eiserne Film-Regel. Wer sich gemeinsam ausmalt, wie schön es, nur so als Beispiel, zusammen am Strand wird. Oder noch schlimmer: Außerdem „Ich liebe dich“ sagt oder, Gott bewahre, „Bis gleich!“. Den holt der Tod.

Ryan Gosling und Emily Blunt bei der Europapremiere von "The Fall Guy"

Solche Sätze brechen einem der Liebenden das Genick. Oder, wie in „The Fall Guy“, zumindest den Rücken. Was für einen Stuntman, und das ist Colt Seavers, gespielt von Ryan Gosling, fast so schlimm ist wie ein Genickbruch. Nach einem Unfall am Set ist es erstmal aus mit der Karriere. Und mit der gerade erst aufgekeimten Liebe zu Filmemacherin Jody, gespielt von Emily Blunt.

Ein Remake auf Steroiden

Zwischen den Liebenden, zwischen Colt und Jody, tut sich am Anfang des Films „The Fall Guy“ eine schier unüberbrückbare Schlucht auf. Doch dann kriegt Colt diese eine Chance, alles geradezubiegen. An ihn herangetragen von einer gefeierten Filmproduzentin:  

"Tom Ryder, der größte Action-Star auf dem Planeten, ist verschwunden. Du musst ihn zurückholen, sonst war es das mit Jodys Film. Du findest Ryder, rettest Jodys Film und kriegst die Liebe deines Lebens zurück."

Produzentin in Not

Los geht die Verfolgungsjagd. Wie in guten alten Zeiten, wie in den 80ies bei „Ein Colt für alle Fälle“ – nur eben als Remake auf Steroiden. Denn hier ist jeder Stunt noch größer, noch waghalsiger, noch rekordverdächtiger als damals. Das Auto überschlägt sich nicht drei, sondern achteinhalb Mal. Warum nur aus dem Fenster springen, wenn man sich auch aus einem Helikopter in die Tiefe stürzen kann? Und nur eine Sache explodieren lassen, wenn man ein ganzes Filmset in die Luft jagen kann? Dazu noch eine Prise Ecstasy, heimlich in Colts Drink gemischt – und fertig ist der Genremix aus Actionfilm, Romcom und „Hangover 4“.  

"Wir haben Drogen, böse Typen und einen Mord."

Colt Seavers

Was der Film leider nicht hat: eine Botschaft. Oder auch nur wirklich etwas zu tun mit „Ein Colt für alle Fälle“ von Anno dazumal.

Die alte Titelmelodie erklingt erst pflichtschuldig bei den Credits. Es gibt einen Gastauftritt des früheren Colt-Darstellers Lee Majors, der dauert aber nur ein paar Sekunden. Und von den alten Figuren ist überhaupt nur Stuntman Colt geblieben. Sidekick Howie musste genauso dran glauben wie alle Frauenfiguren.

Frauen dürfen Chefinnen sein - und angezogen

Das Team aus "Ein Colt für alle Fälle"

Letzteres ist auf den ersten Blick ein Segen. Denn bei der Kultserie ist es wie mit so vielen Klassikern: Holt man die alten VHS-Kassetten aus dem Keller, möchte man nicht nur beim ein oder andern Witz höchstens noch müde lächeln. Sondern auch angesichts der direkten Korrelation von Dekolleté, Dummheit und Screentime für Frauen.

Nur macht es der neue „Fall Guy“ auch nicht besser. Ja, Frauen dürfen hier Chefinnen sein. Und angezogen. Aber sie sind immer noch dermaßen neurotisch, angespannt, Diät-Cola-süchtig oder alles zugleich, dass sie es auch vor 40 Jahren schon ins Drehbuch geschafft hätten.

Vergangenen Sommer hat Emily Blunt in wenigen Minuten Screentime als Frau von Oppenheimer mehr Feminismus rübergebracht als hier in über zwei Stunden. Trotz der Er-vom-Mars, Sie-von-der-Venus-Klischees und der vielen anderen Schwächen ist „The Fall Guy“ alles in allem gute Unterhaltung. Das liegt an den Stunts, der Pyrotechnik und der im Film zumindest anklingenden Persiflage auf andere Filme und das Filmbusiness.

Reicht es, unterhaltsame Actionfilme zu machen ohne Sinn und Verstand?

Ryan Gosling fliegt

Aber reicht das? Hauptfigur Colt fragt das irgendwann, noch relativ am Anfang, eine Starproduzentin. Reicht das, unterhaltsame Actionfilme zu machen ohne Sinn und Verstand? Ihre Antwort ist: „Ja.“. Leider ist es aber nicht genug, anzusprechen, dass etwas fehlt, damit es nicht mehr fehlt. Sonst wäre ein schlechter Film, der thematisiert, dass es schlechte Filme gibt, immer ein guter Film. Und das ist „The Fall Guy“ definitiv nicht.

Ab 30. April im Kino. Regie: David Leitch (USA). Hier geht's zum Trailer!