Bayern 2 - Zündfunk

30 Jahre Gutfeeling Records „Die erste Single hat Ernie mit dem Erbe seiner Oma finanziert“

Als Plattenladen und Plattenlabel, vor allem für Vinyls ist Gutfeeling Records in München und bayernweit bekannt. Zum Geburtstag veranstaltet das Label ein Festival. Vorher blicken die Macher im Zündfunk-Interview auf 30 spannende Jahre zurück.

Von: Ralf Summer

Stand: 30.06.2023

Bandfoto der G.Rag y los Hermanos Patchekos, von Gutfeeling Records | Bild: Gutfeeling Records

Von Rumpel-Jazz über Calypso-Sounds und Punk bieten Andi Stäbler und Daniel Kappla, aka Ernie, bei Gutfeeling Records alles, was das Musikherz begehrt. Vor dem großen Festival Freilufttheater Am Stoa in Edling in Wasserburg haben Andi und Ernie Ralf Summer im Zündfunk-Studio besucht.

Zündfunk: Im Jahr 1993, als ihr euer Label gegründet habt, lief bei uns viel Bonnie Prince Billie, der Jazz-Rap kam auf und in England begannen Jungle und Drum & Bass. Was habt ihr im Jahr 1993 in München gemacht?

Andi: Wir haben die erste Single meiner damaligen Band Impalumbia herausgebracht. Die hat Ernie mit dem Erbe seiner Oma finanziert.

Ernie: Die Story wird so erzählt. Aber meine Oma ist gestorben und ich hab meinem Dad geholfen, die Wohnung auszuräumen und herzurichten. Und dann ist für diese Arbeit ein bisschen was aus dem Nachlass herausgesprungen. Es war nicht viel, aber es hat gereicht, um die Single meiner damaligen Lieblingsband zu veröffentlichen, Impalumbia. Und so ging diese Band in die Geschichte ein, die Trompete in den Hardcore gebracht zu haben.

Ihr habt mit Punkrock begonnen, jetzt seid ihr bei Calypso-Sounds. Wie verbreitet sich ein Musikgeschmack im Laufe des Lebens eines Labels?

Andi: Schon in Zeiten, wo ich nur Lärm gemacht habe in Bands, habe ich angefangen, Hank Williams und Rembetica.

Ernie: Ich kann mal versuchen, eine Szene zu beschreiben aus unserer WG. Ich habe ja mit dem Andi zusammengewohnt und mit dem Sascha, der das meiste unserer Artworks macht. Und wir sind dann immer wie wild auf den Flohmarkt gegangen und haben wie bescheuert Platten eingekauft. Und dann sind wir nach Hause und dann ist jeder in sein WG-Zimmer gehuscht und hat bei voller Lautstärke seine Neuerwerbungen abgespielt. Und irgendwann stand Saschas Freundin im Gang, wo sich die Kackophonie dann getroffen hat! Und sie hat geschrien: „Ich werde wahnsinnig!“ Und dann hat jeder seine Finds einander vorgespielt. Und so haben wir uns dann gegenseitig befruchtet. Die Platten, die haben ja nichts gekostet. Und so hast du alles gekauft, was einigermaßen bescheuert aussah. Und da war dann auch viel Schönes dabei.

Jetzt sind wir im Streaming-Zeitalter und ihr macht immer noch viele LPs und CDs. Habt ihr mal geguckt, was eure erfolgreichsten Streaming-Nummern sind?

Andi: Ich verfolge es so einigermaßen, aber nur was Implosion, Analstahl oder die neuen Releases angeht.

Ernie: Ich bekomme immer so eine Abrechnung und habe eine Ahnung. Ich glaube der erfolgreichste ist ein Youtube-Video von Swing Vergol (Anmerkung: Song von G. Rag Y Los Hermanos Patchekos).

Bei Spotify ist es „Rambling Man“. Das hat 255.000 Streams.

Andi: Ah, das ist der Acid-Pauli-Remix, der da so oft gespielt wird, ja!

Ihr seid sehr viel in Bayern unterwegs. Was habt ihr so für Örtlichkeiten abgeklappert, wo ihr eingeladen wurdet, wo ihr mal dachtet, das finden wir gar nicht auf der Landkarte?

Ernie: Wir kommen immer an und sind immer pünktlich. Aber es gibt schon tolle Plätze. Zum Beispiel Workshop Orange in Gumpersdorf.

Andi: Kein Mensch kennt Gumpersdorf. Das ist in Niederbayern im Nowhere, ein ehemaliges Wirtshaus, das einem Verein gehört, die da Konzerte veranstalten und die super sind.

Ein besonderes Zeichen ist ja auch, dass ihr das große 30-Jahre-Festival nicht in München macht, sondern rausgeht. Wie kam das?

Ernie: Weil wir mit dem Betreiber des Kino-Utopia, dem Rainer, immer noch sehr, sehr gut befreundet sind und immer wieder sind wir dort auch im Rahmen unserer Tour. Entweder in der Kino-Werkstatt oder im Open-Air-Kino in Wasserburg. Es ist doch wunderbar, zum Jubiläum, diesen wunderschönen Platz einen ganzen Tag lang zu bespielen.