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Widerstand und Verfassungswirklichkeit

Das Recht auf Widerstand Widerstand und Verfassungswirklichkeit

Stand: 04.01.2017

Demonstration in New York | Bild: picture-alliance/dpa

Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist die rechts- und sozialstaatliche Demokratie verankert, die Grundrechte sind garantiert. Dennoch wird das Widerstandsrecht im Jahr 1968 gesondert in die Verfassung aufgenommen. Seither heißt es in Art. 20 Abs. 4: "Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist".

Hintergrund dieser Verfassungsergänzung ist der Erlass von Notstandsgesetzen durch die seit 1966 regierende Große Koalition aus CDU/CSU und SPD. Sie sehen für den Fall einer inneren und äußeren Bedrohung des Staates besondere Machtbefugnisse für zivile und militärische Exekutivorgane vor.

Heftige Proteste sind die Folge, Studenten wittern einen "Angriff auf die Demokratie" und gehen auf die Straße. Um der rasant wachsenden außerparlamentarischen Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen, findet das Widerstandsrecht - offeriert als Ausgleich zu den Notstandsgesetzen - den Weg ins Grundgesetz.

Wann greift das Widerstandsrecht?

Für Widerstand im Sinne eines Angriffs auf das staatliche Herrschaftsmonopol sind die Hürden in der Bundesrepublik Deutschland hoch. Laut Art. 20 GG müssen zunächst alle Möglichkeiten "anderer Abhilfe" ausgeschöpft werden. Die Spanne reicht von öffentlicher Kritik an beabsichtigten oder getroffenen Regierungsentscheidungen über den Versuch, Mehrheiten für eine Änderung zu gewinnen bis hin zum Klageweg.

Erst als letzte Eskalationsstufe etwa im Falle eines Putschversuchs ist Widerstand in Form von zivilem Ungehorsam angesagt. Aufruhr, Rebellion oder gar physische Gewalt gegen Personen sind in einer funktionierenden demokratischen Verfassungswirklichkeit unzulässig.

Ist Widerstand im Rechtsstaat gerechtfertigt?

Am Widerstand in Demokratien scheiden sich unter Staatsrechtlern die Geister. Die einen halten ihn für rechtswidrig und unmoralisch, andere sind der Auffassung, dass auch im Rechtsstaat - wenngleich vereinzelt - Unrecht geschehen kann - und dagegen muss zumindest gewaltloser Widerstand möglich sein.

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