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Widerstand light - belebend für die Demokratie

Das Recht auf Widerstand Widerstand light - belebend für die Demokratie

Stand: 04.01.2017

Musterstimmzettel - Der Wähler kann bis zum 93 Stimmen abgeben | Bild: picture-alliance/dpa

Ist von Widerstand die Rede, wird gern an Großereignisse erinnert, bei denen Deutsche - mit unterschiedlichem Erfolg und Mobilisationsgrad - außergewöhnlichen Oppositionsgeist zeigten: Kampf für demokratische Rechte 1848, Protest gegen Bismarcks Sozialistengesetz 1878-1890, Sturz der Monarchie und Revolutionsversuch 1918-1920, Aktivitäten gegen das NS-Regime 1933-1945 (Georg Elser, Weiße Rose, 20. Juli 1944), Volksaufstand in der DDR 1953 sowie Sturz des SED-Regimes 1989.

Doch dabei handelte es sich um Extremsituationen, Menschen riskierten im Kampf gegen Unrecht nicht selten ihr Leben. Im Rechtsstaat sind die Risiken zu Schaden zu kommen gering, heute kann man in Deutschland sagen, was man will, opponieren, wogegen man will.

Vom "Widerstand der kleinen Münze"

Auch in Demokratien sind Fehlentscheidungen der Herrschenden möglich. Dann ist Widerstand der Bürgergesellschaft geboten. Dabei kommt es nicht auf die große Geste, die spektakuläre Aktion an, meist genügt ein "Widerstand light", ein "Widerstand der kleinen Münze", wie es der Rechtsphilosoph Arthur Kaufmann (1923-2001) formulierte. "Der kleine Widerstand", so Kaufmann, "muss beständig geleistet werden, damit nicht eines Tages der große Widerstand erforderlich wird. Dieser große Widerstand erfordert große Opfer, er kostet möglicherweise das Leben. Der kleine Widerstand, also der Widerstand, der in der Demokratie möglich ist und notwendig ist, der kostet Mut und Zivilcourage".

Ein wenig Common Sense genügt

Möglichkeiten gibt es viele, man braucht nur Grundrechte wie Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ausüben. Zum Instrumentarium des "Widerstands light" gehören auch Volksentscheide/Volksbegehren, Mitgliederentscheide in Parteien, Änderung der Mehrheitsverhältnisse durch Wählen beziehungsweise Abwählen von Parteien/Regierungen, Klagen bis hin zum Bundesverfassungsgericht sowie die Gründung von Bürgerinitiativen.

Erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, bietet sich ziviler Ungehorsam, also gewaltloses, gesetzeswidriges Handeln an (zum Beispiel Steuerboykott, Hausbesetzung). Gewalt gegen Menschen bleibt im Rechtsstaat tabu. Wichtig bei Widerstandsaktivitäten ist jedem Fall, das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu beachten und sich mit den Konsequenzen der Tat auseinanderzusetzen.

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Ein Junge wehrt sich und hält sich die Arme schützend vor das Gesicht | Bild: picture-alliance/dpa zum Thema Das Recht auf Widerstand Wer sich nicht wehrt ...

Vermutlich seit es Regeln für das menschliche Zusammenleben gibt, spätestens aber seit Herrschende ihre Ansprüche durchsetzen, wird über das Widerstandsrecht diskutiert - und "Selbsthilfe" der Bürger praktiziert. [mehr]