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Ernst Toller: Sein Leben Das Thema

Stand: 23.08.2010 | Archiv

Ernst Toller | Bild: picture-alliance/dpa

Am 1. Dezember 1893 wird im Ernst Toller als jüngster Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie im preußischen Samotschin (Polen) geboren. Schon während seiner Gymnasialzeit in Bromberg macht er seine ersten literarischen Versuche. 1914 immatrikuliert er sich an der "Ausländeruniversität" in Grenoble. Seinen geplanter Studienortwechsel an die Sorbonne verhindert der Ausbruch des Ersten Weltkriegs.

Kriegserfahrungen

Kriegsbegeistert meldet er sich 1914 freiwillig für das 1. Königlich Bayerische Fuß-Artillerie-Regiment in München. In Verdun kämpft er an vorderster Front. Zwar wird er für seine Tapferkeit ausgezeichnet und zum Unteroffizier befördert, lernt aber dennoch schnell die Schrecken des Krieges realistisch einzuschätzen. Physisch und psychisch schwer verwundet wird er zu Beginn des Jahres 1917 als für den Krieg nicht mehr verwendungsfähig eingestuft.

Studienzeit

Nun kann er an der Ludwig-Maximilians-Universität in München ein Studium der Jurisprudenz und der Philosophie und bald auch der Literaturwissenschaft aufnehmen. Im Kreis des Literaturwissenschaftlers Artur Kutscher macht er unter anderem die Bekanntschaft mit Thomas Mann, der seine schriftstellerischen Versuche väterlich unterstützt. Bei einem Treffen auf der Burg Lauenstein in Oberfranken zu dem ihn der Verleger Eugen Diederichs eingeladen hatte - und insgesamt für ihn enttäuschend verläuft -, lernt er Max Weber kennen, der ihn an die Universität Heidelberg einlädt. Dort gründet Toller mit anderen einen "Kulturpolitischen Bund der Jugend in Deutschland" - gegen Krieg, gegen Armut, gegen Völkerfeindschaft und Ausbeutung.

Politische Agitation

Durch seine Kriegserfahrungen ist er zum Pazifisten und Sozialisten geworden. So ist er 1918 maßgeblich am Umsturz in Bayern beteiligt und ruft am 9. April 1919 gemeinsam mit Gustav Landauer und Erich Mühsam die Münchener Räterepublik aus.

Literarisch produktive Festungshaft

Nach der Niederschlagung der Räterepublik wird er verhaftet und angeklagt. Die Fürsprache Max Webers, der ihm "absolute Lauterkeit" attestiert, erspart ihm das Todesurteil. Er wird zu fünf Jahren Festungshaft, die er zum größten Teil im Gefängnis Niederschönenfeld verbüßt, verurteilt. Es werden fünf literarisch höchst produktive Jahre. Er schreibt den Gedichtzyklus "Das Schwalbenbuch" und seine zwei wichtigsten Dramen "Masse Mensch" und "Hinkemann". Auch beim Publikum erregt er mit seinem revolutionär expressionistischen Stil großes Aufsehen.

Die ersten Jahre nach der Haft

1926 wird er, 1924 aus seiner Haft entlassen, Mitglied der von Kurt Hiller gegründeten "Gruppe revolutionärer Sozialisten". In der Weimarer Republik gehört er zu den viel beachteten Autoren und unternimmt häufige Lese- und Vortragsreisen. Das in enger Zusammenarbeit mit Erwin Piscator entstandene satirische Stück "Hoppla, wir leben!" wird sein größter Theatererfolg. In dem Stück, das in Teilen autobiografisch ist, thematisiert er die gescheiterte Revolution von 1919 und die unterschiedlichen Schicksale der früheren Revolutionäre.

Emigration und Tod

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten muss der Sozialist und Jude Ernst Toller Deutschland verlassen und emigriert in die USA. Während seiner Zeit im Exil verschlechtert sich sein physischer und psychischer Zustand zusehends. Besonders seine psychischen Probleme kann er nicht mehr ertragen. So nimmt er sich am 22. Mai 1939 im Mayflower Hotel am Central Park in New York das Leben. Schon seit Jahren hatte er auf Reisen einen Strick mit sich geführt. An seinem Grab sprechen die Schriftsteller Oskar Maria Graf und Sinclair Lewis. Thomas Mann lässt durch seinen Sohn Klaus ein Grußwort verlesen.


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