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report München: Geldstrafen statt Therapie In Deutschland wird Kinderpornografie verharmlost

Der Konsum kinderpornografischer Bilder kann zum sexuellen Missbrauch von Kindern führen. Diesen Zusammenhang belegt die vom Bundesfamilienministerium geförderte "Mikado"-Studie, die in Kürze veröffentlicht wird und in die das ARD-Politmagazin "report München" vorab exklusive Einblicke bekam. Darüber, und über den umstrittenen Strafrahmen für Kinderpornografie-Delikte berichtet "report München" heute Abend (Dienstag, 19.05.2015), um 21.45 Uhr im Ersten.

Stand: 19.05.2015

Sendungsbild: report München | Bild: ARD

Bilder anzusehen, auf denen Kinder gequält, verletzt und sexuell missbraucht werden, kann eine Sogwirkung entfalten. "Das Argument: `Die schauen ja nur, das ist ja nicht schlimm, und wenn die sich da abregen können, dann machen die nichts Schlimmeres`, das kann man so nicht bestätigen", sagt Michael Osterheider, Professor für Forensische Psychiatrie an der Universität Regensburg. Er hat die "Mikado"-Studie geleitet und dem ARD-Politmagazin "report München" erste exklusive Einblicke gewährt. "Je nach Ausgangssituation ist es so, dass diese Männer, die anfangs nur schauen, durchaus angeregt werden, das mal tatsächlich in die Realität umzusetzen und das dann auch tun."

Dass sich Kinderpornografie-Konsumenten gegenseitig zum Missbrauch anstacheln, zeigen auch Chat-Protokolle aus Pädophilen-Foren, die "report München" vorliegen. Therapien als Bewährungsauflage seien eine sinnvolle Maßnahme, um Kinderpornografie-Konsumenten aus der Pädophilen-Szene im Netz herauszureißen. "Diese Täter leiden unter einer Störung der Sexualpräferenz, und der kann man nur therapeutisch begegnen und sie in den Griff bekommen", sagt Oberstaatsanwalt Andreas May, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität in Gießen. Er ist seit 20 Jahren für Kinderpornografie-Verfahren zuständig.

Doch Therapie-Auflagen sind erst bei einer Freiheitsstrafe möglich. Die wird aber nur selten verhängt, weil der Strafrahmen für "Besitz verschaffen und Besitz kinderpornografischer Schriften" insgesamt gering ist. Zwar wurde dieser 2014 von zwei auf drei Jahre erhöht. Doch Fachleute kritisieren, dass der Strafrahmen immer noch niedriger ist als für Ladendiebstahl. Michaela Huber, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation, warnt: "Geldstrafen werden in der Regel überhaupt nicht ernst genommen von den Tätern. Da lachen die drüber. Erst wenn sie wirklich ins Gefängnis müssen, wenn sie Untersuchungshaft haben, wenn sie eine Auflage bekommen: ,Entweder du machst eine Therapie oder du fährst ein ins Gefängnis`, dann fangen sie an sich zu entwickeln und zu verändern."

Das Bundesjustizministerium dagegen erklärt in einer schriftlichen Antwort gegenüber "report München", der derzeitige Strafrahmen ermögliche "schuldangemessene Strafen". Eine Erweiterung sei gegenwärtig "nicht vorgesehen."

Die "Mikado"-Studie hat zudem ergeben, dass viele Ärzte und Psychotherapeuten Vorbehalte gegen pädophile Patienten haben und nichts mit dieser Klientel zu tun haben wollen. Doch nur mit härteren Strafen und Therapien können Kinder geschützt werden, sagen Experten.


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