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BR-Doku im Ersten Schicksal Demenz

1,2 Millionen Demenzbetroffene soll es in Deutschland mittlerweile geben. Zwei Jahrzehnte medikamentöser Demenzforschung haben wenig Erfolg gebracht. Ruhigstellung ist in den Seniorenunterkünften an der Tagesordnung. Fixierungsgurte werden durch Medikamente ersetzt, gegen das Gesetz, gegen den Willen der bevollmächtigten Angehörigen. Die WHO warnt. Silvia Matthies dokumentiert in ihrem Film die Zustände in Seniorenheimen und zeigt menschliche Alternativen, die auch noch weniger kosten.

Stand: 16.09.2013

Diverse Medikamente auf Glasplatte bereit | Bild: BR

Über 50 Prozent der dementen Menschen in Pflegeheimen werden mit einem Cocktail aus Neuroleptika und anderen Psychopharmaka behandelt, obwohl diese gerade bei alten Menschen schwerwiegende Nebenwirkungen haben. Die Weltgesundheitsorganisation WHO, die europäische und auch die deutsche Arzneimittelbehörde warnen vor dem unbedachten Einsatz dieser "chemischen Fixierungsgurte", die auch gegen geltendes Recht verstoßen.

Niedrige Hemmschwelle

"Elfriede S. wollte die Kanarienvögel auf der Station mit der Schere töten", schreibt der Psychiater. Ein Hauptargument für ihn, beim Vormundschaftsgericht die Unterbringung der Altenheimbewohnerin auf einer geschlossenen Pflegestation zu beantragen. Die 89-Jährige war nach einem Schlaganfall dement. "Außerdem", schreibt der Psychiater, sei die Bewohnerin "verwirrt und weglaufgefährdet". Er verschreibt ein Neuroleptikum, im Fachjargon eine chemische Fixierung. Damit wird Elfriede S. ruhiggestellt. Die Tochter wird nicht um ihr Einverständnis gebeten, obwohl sie eine Vorsorgevollmacht besitzt und damit über alles, was ihre demente Mutter betrifft, aufgeklärt werden muss. Sie erstattet Anzeige wegen Körperverletzung.

Menschliche Therapieformen erfolgreich und weitaus günstiger

Der Film von Silvia Matthies zeigt auch, dass es durchaus hoffnungsvolle Initiativen gibt. Neue Konzepte in innovativen Pflegeheimen und Wohngemeinschaften ermöglichen Demenzkranken ein menschenwürdiges, zufriedenes Leben zu führen. Doch obwohl diese Art, Demenzpatienten zu behandeln sehr viel billiger ist als die Unterbringung  in konventionellen Pflegeheimen, sind sie bisher nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Noch fördert zwar die Bundesregierung eher die konventionelle Heimkultur und die klassische, medikamentöse Demenzforschung.  Doch viele Fachleute sind sich einig: Der Schwerpunkt sollte auf jenen nichtmedikamentösen Behandlungsmöglichkeiten liegen, die auf die Bedürfnisse dementer Menschen eingehen und damit die Verabreichung vieler Psychopharmaka  unnötig machen. Erreicht wird das mit Biographiearbeit, Teilhabe, Kommunikation, Bewegung, Wahrnehmungstraining und viel Zuwendung.


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