BR Fernsehen - STATIONEN


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Blind Date Doppelsinn des Sehens

„Ich seh Dir in die Augen, Kleines“ – das ist einer der berühmtesten Sätze der Filmgeschichte. Kein anderer Sinn scheint dem modernen Menschen so wichtig zu sein wie der Sehsinn. Doch wie geht es Menschen, die das Augenlicht verlieren – oder es nie besaßen? Und wie steht es um die Sinnestäuschungen, die jedem Menschen passieren können? In STATIONEN werden (Lebens-)Geschichten erzählt und Erfahrungen gemacht – auch von Moderator Benedikt Schregle, der ein Experiment wagt.

Von: Agnieszka Schneider und Bettina Funk

Stand: 16.11.2016

Augapfel | Bild: picture-alliance.com

Phänomen Auge

Bis zu 80 Prozent der Informationen über die Außenwelt erhält der Mensch durch den Sehsinn. Durch ihn ist es möglich, einen Text zu lesen, Bilder zu sehen und Entfernungen einzuschätzen. Der Sehsinn beschäftigt rund ein Viertel des Gehirns und ist das wichtigste Sinnessystem des Menschen. Wissenschaftler untersuchen das Sehen und die Verarbeitung der Informationen besonders intensiv. Das Gehirn enthält, wann immer die Augenlider geöffnet sind, eine Flut von Informationen über die Umgebung. Daraus filtert das Gehirn wichtige Teile heraus und verarbeitet sie – der Mensch kann so Objekte, Personen, Helligkeitsunterschiede, Bewegungen, Formen und Farbtöne erkennen.

Andere Perspektive

Moderator Benedikt Schregle springt für die Sendung "Blind Date" über den eigenen Schatten und spielt Fußball – und das blind. Ein bisschen mulmig ist es ihm schon, denn den Ball zu treffen ohne ihn wirklich zu sehen, ist eine große Herausforderung. Bei der Blindenfußballmannschaft des TSV 1860 München erlebt Benedikt diese beliebte Sportart mit ganz neuen Sinnen. Hier muss er sich auf andere Wahrnehmungsorgane als seine Augen verlassen: Hören und Erspüren sind beim Blindenfußball von größter Bedeutung.

Die Wahrnehmung spiegelt einen Teil unserer sozialen Kompetenz wider. Um das genauer zu ergründen, unterzieht sich Moderator Benedikt Schregle anschließend zwei unterschiedlichen Wahrnehmungstests am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. Die Methode der funktionellen Magnetresonanztomographie wird mit Echtzeit-Augenbewegungsanalysen kombiniert, um so die soziale Interaktion zu erfassen.

Bilder bleiben

Über die dahinterstehenden Prozesse weiß die Wissenschaft schon viel. Doch wieso ruft eine kleine Bewegung am Rande des Sichtfeldes eine blitzschnelle Reaktion aus? Und warum weckt das Foto einer früheren Geliebten die schmerzliche Erinnerung an die gescheiterte Beziehung? Das Bild der Person hat sich tief eingebrannt. Bilder, die nicht mehr aus dem Gedächtnis verschwinden wollen – das kennen Menschen, die traumatische Erlebnisse überstanden haben. Die Gefahr ist längst vorbei, aber die Bilder wollen einfach nicht mehr verschwinden. Immer wieder läuft der gleiche Film ab. Sandra Schlittenhardt hat für STATIONEN Menschen in den Blick genommen, die schreckliche Ereignisse überlebt haben. Sie ist außerdem der Frage nachgegangen, wie Ersthelfer und Rettungskräfte mit den traumatischen Bildern umgehen. Viele wünschen sich vielleicht, sie hätten in diesem Moment nicht sehen können.

Blinde in der Bibel

Aber wie lässt es sich leben, wenn der Sehsinn gar nicht funktioniert, wenn jemand blind ist? Blindheit kann angeboren sein oder erst im Verlauf des Lebens eintreten. Bereits in der Bibel gibt es Beispiele für Blinde – das Nicht-Sehen ist ein Symbol für das Nicht-Erkennen von Gott. Die Geschichten der Blinden in der Bibel sind sehr unterschiedlich. Paulus und Bartimäus verhilft der Glaube zum Sehen. Die Begegnung mit blinden Menschen ist eine ganz besondere. Was kann ein Sehender von Blinden lernen?

Blinder Bergsteiger

Michael Wandt hat für STATIONEN den blinden Extrembergsteiger Andy Holzer begleitet. Der Tiroler unternimmt schwierige Touren auf unwegsamstem Gelände, klettert Felsen hinauf und lässt sich auch von Schnee und Eis nicht stoppen.

"Als ich dann zum ersten Mal den Felsen in der Hand hatte, das war ein Gefühl, wie wenn mir alles abfallen würde, alle Einschränkungen, und ich hab plötzlich gehen können."

Andy Holzer

Bruder Elija lebt ohne Augenlicht

Auch Bruder Elija ist blind. Der Benediktiner lebt in der Abtei Sankt Bonifaz in München. Er hat, als er sein Augenlicht verloren hat, die Erfahrung gemacht, dass andere Sinne das übernehmen, was vorher die Augen geleistet haben. Das hilft ihm auch bei seiner Tätigkeit als Physiotherapeut. Der Autor Max Kronawitter hat ihn in seinem Alltag begleitet.

"Der Gott, an den ich glaube, er lässt Leid und Schmerz zu. Das habe ich in meinem Leben erfahren: Er verhindert es nicht. Aber es bringt mich nicht dazu, deswegen an Gott zu verzweifeln."

Bruder Elija

Alle Themen der Sendung:

  • Porträt des Bergsteigers Andy Holzer. Von Michael Wandt
  • Porträt des blinden Benediktinermönchs Elija. Von Max Kronawitter
  • Bilder, die man nicht vergisst. Von Sandra Schlittenhardt

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